Gruenkohl und Curry
engagierten.
Vierundzwanzig Londoner Kaufleute kamen deshalb am 24. September 1599 zusammen, um eine Firma zu gründen, die den Handel mit Indien selbst in die Hand nehmen sollte. Das Startkapital betrug beachtliche zweiundsiebzigtausend Pfund, insgesamt einhundertfünfundzwanzig Anteilseigner waren daran beteiligt. Die
British East India Company
, die Ostindische Handelskompanie, entstand. Damit wurde der Grundstein für Großbritanniens Aufstieg erst zur Handels-, dann zur Kolonialmacht gelegt.
Zunächst ging es den Engländern tatsächlich nur um Handel. Am 24. August 1600 legten Kapitän William Hawkins und seine Besatzung mit der »Hector« in Surat, nördlich von Bombay, an. Was sie in Indien vorfanden, verschlug ihnen die Sprache: Kostbare Gewürze, die in England Gramm für Gramm abgewogen wurden, türmten sich in Bergen auf den indischen Märkten, außerdem Tee, Zucker, Edelsteine, feinste Tücher aus Seide und Kaschmirwolle, wundervoll bestickte Schals in allen Farben.
Der Mogul in Agra hieß Hawkins willkommen. Der islamisch geprägte Hof begriff schnell, dass es den Briten nicht darum ging zu missionieren, wie die Spanier es zu dieser Zeit in Südamerika längst taten, sondern Handel zu betreiben. Über eineinhalb Jahrhunderte funktionierten die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Indien und dem britischen Königreich reibungslos, doch die Begehrlichkeiten der Briten wuchsen: Wie mächtig würde die britische Krone erst sein, wenn Indien mit all seinen Reichtümern zum
Empire
gehörte?
Ab 1757 begann Großbritannien, Indien zu unterwerfen. Inzwischen hatte die Ostindien-Kompanie Hafenstützpunkte in Bombay im Westen des Landes sowie an der Ostküste in Madras und in Kalkutta. Ein knappes Jahrhundert dauerte die Vereinnahmung Indiens durch die Briten. Am Ende war Indien größtenteils britische Kolonie. Was mit rein wirtschaftlichen Interessen begonnen hatte, endete in einer Fremdherrschaft.
Die Zugehörigkeit zum Empire hinterließ Spuren: Prachtbauten im Kolonialstil vermitteln einen Eindruck von damals. Viele davon sind inzwischen vom alljährlichen Monsun zerfressen, für längst nötige Renovierungen fehlt meist das Geld. Die Briten brachten auch das Cricketspiel nach Südasien und mussten zu ihrem Bedauern feststellen, dass die Inder diesen Sport bald besser beherrschten als sie selbst. Sie demokratisierten die Politik, das Rechtssystem wurde nach britischem Vorbild geformt. Und sie etablierten die englische Sprache, der die Inder allerdings ihre eigene Färbung gaben.
Viele Einheimische fühlten sich unterdrückt von den neuen Herrschern, die zum Teil mit imperialer Arroganz auftraten. Die Inder forderten mehr Mitsprache. Die Ostindien-Kompanie empfanden sie inzwischen als ausbeuterisches Herrschaftsinstrument.
1857 kam es zum Aufstand: Indische Infanteriesoldaten innerhalb der britischen Armee, sogenannte
Sepoys
, weigerten sich, ein neues Gewehr zu verwenden. Angeblich seien die dafür vorgesehenen Patronen mit Schweineschmalz und Rindertalg eingefettet – eine Beleidigung von Muslimen und Hindus gleichermaßen. Die britischen Offiziere ließen die indischen Soldaten wegen Befehlsverweigerung ins Gefängnis werfen. Indiens Bevölkerung solidarisierte sich mit den Gefangenen, nach und nach kam es in verschiedenen Städten zu blutigen Kämpfen. In Delhi massakrierten Inder Hunderte von Europäern. Erst mit geballter Kraftanstrengung und auf Kosten von vielen tausend Menschenleben gelang es den britischen Truppen, den Sepoy-Aufstand niederzuschlagen – der erste große Freiheitskampf Indiens war gescheitert. Die Ostindien-Kompanie wurde aufgelöst, die britische Krone übernahm fortan direkt die Herrschaft über Indien. Die britischen Monarchen trugen ab 1877 zusätzlich den Titel »Kaiser von Indien«, vor Ort setzten sie einen Vizekönig ein.
Doch die Inder gaben ihren Traum von der Unabhängigkeit nicht auf: 1885 entstand die Kongresspartei, überwiegend Hindus fanden sich hier zusammen, 1906 gründeten Muslime die Muslimliga. Sie alle forderten zunächst mehr Rechte für die Einheimischen, später einen Abzug der Briten. Unter den Muslimen wurde ab 1930 angesichts der demografischen Übermacht der Hindus erstmals der Ruf nach einem unabhängigen islamischen Staat laut.
Berühmt wurde der indische Unabhängigkeitskampf in der Welt durch den Hindu Mohandas Karamchand Gandhi, genannt »Mahatma«, große Seele. Er, der in London ausgebildete Rechtsanwalt, trat für Gewaltfreiheit ein und
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