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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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zurückholen kann - von der Befreiung des Gehörnten ganz zu schweigen.«
    »Dann befrei du ihn doch ...«
    »Ich würde das Feuer in dem hinkenden Mann brauchen, um das Mysterium zu mir zu rufen. Es bleibt keine Zeit mehr, es zu befreien. Ich kann nur hoffen, daß der hinkende Mann mich dorthin bringt, wo die Meute sie festhält, ehe es zu spät ist.«
    »Zu spät für ...?«
    Sie rannte davon, ehe Lewis seinen Satz beenden konnte. Er sah sie in den Wald laufen und den Weg einschlagen, der zu Tony Valentis Haus führte. Lewis schüttelte den Kopf und sah zur Kuppe des Wold Hill hinauf. Über den Baumwipfeln bemerkte er ein rötliches Glühen am Himmel. In welche Geschichte waren sie da hineingeraten? Er warf einen Blick auf Tommy. Der Junge saß mit der Rohrflöte im Schoß da und starrte ins Nichts. Kurz darauf sah er zu der Stelle hinüber, wo Mally im Wald verschwunden war.
    Ein kalter Schauer durchrann Lewis, als er wieder zur Hügelkuppe hinaufschaute. Das Gefühl, das ihn zuvor beherrscht hatte, erfüllte ihn nun stärker denn je. Da lag wirklich was in der Luft heute abend, aber er hatte keinen Anteil mehr daran. Doch wenn er an das junge Mädchen dachte, für das der Hirsch wie auch Mally soviel Interesse gezeigt hatten, wenn er daran dachte, daß sie vielleicht in Gefahr schwebte ...
    Mally hatte die Hunde erwähnt. Lewis konnte sich nicht vorstellen, warum sie hinter Ali her sein sollten, aber er wußte, daß er etwas tun mußte. Er wußte nicht, was er tun könnte, aber er mußte es versuchen. Später wäre dann immer noch Zeit, darüber nachzudenken, was Mally mit der Befreiung des Grünen Mannes gemeint hatte. Wußte Mally nicht, daß die Menschen heutzutage mehr Dunkel als Licht im Herzen trugen - und daß das Mysterium dieses Dunkel in die Welt reflektieren würde, weil die Menschen das geworden waren, was sie waren?
    Lewis gönnte Tommy und dem alten Stein einen letzten Blick und stieg den Hügel hinauf. Sein altes Herz war voller Zweifel.

KAPITEL SIEBEN
    Eine halbe Stunde vor Einbruch der Dämmerung erhob sich Valenti von seinem Stuhl am Küchentisch, nahm die .38er heraus, überprüfte die Ladung und steckte die Pistole ins Schulterholster zurück. Das gleiche tat er mit der UZI und den Reservemagazinen. Dann schlüpfte er in eine Windjacke und hängte sich die UZI an ihrem Tragegurt über die Schulter. An der Tür griff er nach dem kleinen Rucksack mit der Thermosflasche voll Kaffee und ein paar Sandwiches.
    »Zeit, zu gehen«, meinte er.
    Frankie nickte. Das Gewicht der Automatik im Halfter an ihrem Gürtel war zwar ungewohnt, wirkte aber beruhigend. Sie betrachtete das Geschirr auf dem Tisch und dachte: Wir sollten wirklich die Teller abwaschen. Dann wurde ihr bewußt, wie lächerlich dieser Gedanke war.
    »Glauben Sie wirklich, daß sie heute nacht kommen werden?« fragte sie.
    »Irgendwas passiert heute nacht - das verrät mir mein Instinkt. Nehmen Sie besser Ihre Jacke mit. Es wird kühl, nachdem die Sonne untergegangen ist.«
    Frankie zog ihre Jacke über. Jetzt, da sie wirklich in die Nacht hinausgingen, um auf den Angriff zu warten, fragte sie sich erneut, warum sie dies alles mitmachte. Solche Sachen paßten so gar nicht in ihr Leben. Dies war doch nicht das wirkliche Leben. Eher ein Räuber-und-Gendarm-Spiel. Die Schießübungen am Nachmittag und das anschließende Gespräch bezüglich Tonys Strategie hatten sie nicht auf die Wirklichkeit vorbereiten können, der sie sich jetzt gegenübersah. Könnte sie überhaupt etwas ausrichten, wenn Earl, wenn Tonys Feinde kamen?
    Valenti konnte sich denken, was sie jetzt durchmachte. »Hören Sie, Sie können immer noch aussteigen. Sie müssen sich das nicht antun. Ich warne Sie, es wird Sie verändern. Sie werden nicht mehr dieselbe sein, sollten Sie diese Nacht heil überstehen.«
    »Ich weiß nicht mal genau, ob ich jetzt noch ich selbst bin. Ich bin nicht mehr der Mensch, der ich vor ein paar Tagen noch war.«
    »Sie könnten ins Dorf gehen oder ins Auto steigen und an einen sicheren Ort fahren.«
    Frankie schüttelte den Kopf. »Ali ist immer noch da draußen. Ich werde sie nicht alleinlassen. Zum Teil bin ich ja mit verantwortlich für das, was heute nacht hier geschieht. Denn Earl kommt nur meinetwegen. Und diese anderen Männer - sie wüßten nicht mal, daß Sie hier leben, wenn es mich nicht gäbe.«
    »Früher oder später hätten sie mich doch aufgespürt - damit mußte ich rechnen.«
    »Ich laufe nicht mehr davon«, sagte Frankie

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