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Grünmantel

Grünmantel

Titel: Grünmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles de Lint
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Sekunden herunterzählte, wurde er sich der Musik bewußt, die aus dem Wald hinter ihm herüberdrang. Dieser Blödsinn schon wieder. Nervös erinnerte er sich an den riesigen Hirschbock, der plötzlich auf ihn losgegangen war. Er tätschelte sein Gewehr und dachte: Kannst dich ja noch mal zeigen, du blödes Biest. Dann wollen wir mal sehen, wessen Show das hier ist. Trotzdem wünschte er, die Musik solle verstummen. Sie ging ihm gehörig an die Nerven.
    Sein Finger am Gewehrhahn spannte sich. Er hätte jetzt gern den Verursacher der Musik vor dem Lauf gehabt.

    Louie Fucceri achtete nicht auf die Musik. Als er in Position ging, lächelte er humorlos. Von seinem Standort auf der Straße sah er die Lichter des Hauses herüberschimmern. Er arbeitete sich noch näher heran, kniete sich in den Staub und nahm das Werferrohr auf die Schulter. Er zielte durch die Lücke in der Hecke, wo der Weg zum Haus von der Straße abzweigte.
    Nett von dir, Tony, mir die Sache so leicht zu machen. Aber jetzt ist es an der Zeit, dich zu verabschieden. Dies hier ist für meinen alten Herrn, hörst du? Man legt sich nicht mit den Fucceris an, Tony. Es zahlt sich nicht aus.
    Er feuerte den Werfer ab. Die Rakete schoß donnernd aus dem Rohr und zog wie ein Komet einen feurigen Schweif hinter sich her. In dem Augenblick, als sie das Haus traf und die Explosion fast die gesamte Vorderfront wegriß, rannte Louie mit seinem Selbstlader in der Hand schon auf das Haus zu.
    »Bumm!« murmelte er. »Hast du das gehört, Papa? Mach Tony Feuer unterm Arsch, wenn du ihm in der Hölle begegnest, okay?«

    Finger meinte, gehört zu haben, wie sich rechts hinter ihm im Wald etwas bewegte. Er wollte der Sache gerade nachgehen, als die Rakete explodierte. Dem donnernden Knall folgten einige Sekunden atemloser Stille. Ehe er sich wieder zum Haus umwenden konnte, hörte er einen Aufschrei von der Stelle, von der zuvor das Geräusch gekommen war.
    Er dachte keine Sekunde lang darüber nach, was er tat, sondern zog den Hahn seiner Ingram durch und legte einen Fächer aus Kugeln über die Stelle.

    »Was zum Teufel war das?« rief Valenti, als die Rakete explodierte.
    Er sprang auf. Sie mußten weg hier; es klang ganz so, als habe Louie jede Menge Artillerie in Stellung gebracht, verdammt! Er fuhr herum, um Frankie zu sagen, sie solle laufen und nicht stehenbleiben, als eine Geschoßgarbe eine Schneise ins Unterholz riß. Valenti warf sich zu Boden und drückte Frankie nieder. Eine zweite Salve folgte, diesmal niedriger. Nur die Bäume zwischen ihnen und dem Schützen retteten ihnen das Leben.
    Frankie erstarrte. Sie drückte ihr Gesicht in den Schlamm und fühlte Panik in sich aufsteigen. Als das Schießen verstummte und Valenti sich vorsichtig erhob, blieb sie liegen, für einige lange Momente unfähig, sich zu rühren. Als sie schließlich den Kopf hob, stand Valenti draußen auf der Wiese und hatte die Armbrust gehoben.
    Er nutzte den Vorteil, daß ihr Angreifer seine Waffe nachladen mußte. Frankie hörte den nassen Einschlag des Bolzens in einen menschlichen Körper, sie hörte, wie der Mann aufschrie. Dann peitsche ein Gewehrschuß hart durch die Nacht. Sie sah, wie Valenti auf die Zehenspitzen gehoben wurde und mit dem Gesicht nach vorn ins Gras stürzte.
    Benommen starrte sie ihn an. War er tot? Gott im Himmel, bitte - er durfte nicht tot sein.
    Das Gewehr bellte wieder, und die Kugel riß den Boden vor Valenti auf. Sie mußte unbedingt zu ihm und ihn in die Sicherheit der Bäume ziehen, ehe sie wieder auf ihn schossen. Doch sie war wie gelähmt vor Angst. Wieder peitschte ein Schuß durch die Nacht, und die Kugel fuhr noch dichter vor Valenti in den Boden.
    »T ... tony?« Aus ihrer Kehle drang nur ein heiseres Flüstern. Gott - er war tot. »Tony?«
    Sie sah, wie er die Hand bewegte, wie sie sich ins Gras und den Boden krallte. Was tat er da? Er versuchte, sich selbst in die Deckung der Bäume zu schieben, und ihr wurde klar, daß sie ihm helfen mußte.
    Coraggio , hörte sie in Gedanken seine Stimme - aber sie hatte keinen Mut. Macht nichts, sagte sie sich, du mußt ihm helfen. Sie schluckte schwer, zog die Automatik, die Valenti ihr gegeben hatte, und zielte in die Richtung, aus der die Schüsse gefallen waren. Dann kroch sie auf Valenti zu.

    Earl blinzelte, als die Rakete das Haus traf. Mann o Mann - sie hatte das Gebäude ziemlich ramponiert. Er richtete sein Gewehr auf den Hinterausgang, falls doch jemand dort herauskommen sollte, konnte sich

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