Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
hatte, brauchte man sich nicht mehr mit Zugtieren herumzuschlagen. Nun verbrachte Laddie die meiste Zeit im Schatten der Weiden am Bach und vertrieb sich die Tage damit, mit seinem dunklen Schweif die Fliegen zu verjagen.
»Jacob hat einmal gesagt, er würde gern gemeinsam mit Laddie begraben werden«, sagte die Witwe. »Gab es nicht einen General im Bürgerkrieg, der das gemacht hat? Der sich selbst im Sattel seines Pferdes sitzend hat begraben lassen?«
»Wahrscheinlich ein Nordstaatler«, sagte Buck. »Wer sonst würde so verdammt bescheuert sein?«
Alfred senkte das Gewehr. »Wenn wir damals solche Waffen gehabt hätten, würde jetzt die Südstaatenflagge in Washington wehen.«
»Buck, mach dich nicht über Mom lustig«, sagte Marlene.
»Es gab einen«, sagte die Witwe.
»Ich denke, es war Jeb Stuart«, sagte Roby. Er wusste es nicht wirklich, dachte sich aber, dass es, falls es wirklich passiert war, entweder Stuart, Stonewall Jackson oder Robert E. Lee gewesen sein musste. Und Lee kam nicht wirklich in Frage, weil er noch Jahre nach dem Krieg gelebt hatte und sein Pferd Traveler sicherlich lange vor ihm gestorben war.
Und Stonewall Jackson war der Arm abgeschossen worden. Vielleicht war es das, woran die Witwe gedacht hatte. Dass man den Arm Jacksons gemeinsam mit dem Rest seiner Leiche beerdigt hatte. Und Stuart war ein Held der Kavallerie gewesen. Um einen Mann auf seinem Pferd zu beerdigen, musste man ein sehr tiefes Loch graben. Oder vielleicht wurden sie auch nur Seite an Seite bestattet. Roby fragte sich, wer wohl Stuarts Todeskuchen gebacken hatte.
»Ich möchte auf Harold begraben werden«, sagte Marlene, und ihre Augen blickten tief in die von Roby. Niemand sonst schien die Zweideutigkeit wahrzunehmen.
»Vorher musst du ihn aber heiraten«, sagte Anna Beth. »Niemand kommt auf den Ridgehorn-Friedhof, wenn er nicht zur Familie gehört. Oder, Mom?«
Die Witwe nickte und stellte ihren Teller auf den zerschrammten, handgefertigten Couchtisch, der der Traum eines jeden Antiquitätenjägers gewesen wäre, hätte man nicht eines der Kirschholzbeine durch ein Kantholz aus Robinie ersetzt.
Auf dem Teller der Witwe lagen noch mindestens zwei Bissen Kuchen. Roby kam in Versuchung, etwas zu sagen. Zum Beispiel, dass Cindy Parsons heimgehen und dort bestimmt ihrer Mutter erzählen würde, die Witwe habe den Kuchen nicht zu schätzen gewusst. Aber das war nicht angebracht. Eine trauernde Witwe hatte ein Anrecht auf ihren eigenen Appetit.
»Die Grabstätte auf unserem Grundstück wird zum Problem werden, wenn du jemals verkaufen musst«, sagte Sarah. »Ich habe mich darüber informiert. Wenn man auf seinem Grundstück einen Friedhof anlegt, wird das Nutzungsrecht eingeschränkt und man kann nichts anderes mehr mit dem Land anstellen.«
»Scheiß Regierung«, sagte Buck. »Als nächstes werden sie uns wahrscheinlich noch vorschreiben, in welcher Farbe wir unsere Scheunen anstreichen müssen.«
»Wie groß ist der Familienfriedhof?«
»Der eingezäunte Teil umfasst einen halben Morgen«, sagte Alfred. »Da oben liegen Grandpa und Grandma, seine Eltern, die beiden ältesten und das Baby, das gestorben war. Nach dem Loch für Daddy bleibt bestimmt immer noch genügend Platz für zwei Generationen zum Abkratzen.«
Roby ballte die Fäuste, dann versteckte er die Hände hinter dem Rücken, damit niemand seine Wut sehen konnte. Letztendlich war das eine Familienangelegenheit. Es war nicht seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass sich die Überlebenden so verhielten, als ob sie einen Funken menschlichen Anstands besaßen. Er hatte andere Sorgen.
»Gelbe Lilien«, sagte die Witwe. »Ich werde gelbe Lilien auf seinem Grab pflanzen. Er hat sie immer gemocht.«
Die Gelbe Lilie war eine Bergblume, deren gelb-orangene, nach unten hängende Rispen im Frühsommer blühten. Die Blütenblätter rollten sich nach oben, so dass sie aussah wie eine dieser raffinierten altmodischen Mützen. Roby war der Meinung, dass die Wünsche eines Toten respektiert werden mussten, selbst wenn es sich um ein Pferd und ein sehr tiefes Loch handelte. Oder darum, die Farm am Laufen zu halten oder den Traktor an ein angeheiratetes Familienmitglied weiterzugeben.
»Also, Mom, wann ist die Testamentseröffnung?«, fragte Anna Beth.
»Alles zu seiner Zeit«, sagte Alfred, der seinen Griff um das japanische Gewehr nicht lockerte. »Zuerst einmal muss er begraben werden. Das gehört sich so.«
»Nun, ihr wisst, dass es keine Ersparnisse
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