Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
Pistolenlauf noch fester in die Schläfe, als krachend die Kajütentür aufflog und dabei aus den rostzerfressenen Scharnieren gerissen wurde.
»Lass sie los!« Die Klinge einer Axt kam aus der Luke geschossen und landete genau auf Emmanuels Schulter. »Lass sie los, du gottverdammtes Arschloch!«
Colt machte einen Satz nach hinten, als er Vivi erblickte, Feuer, Hass und Wut in den Augen und eine tödliche Waffe in der Hand.
Der Schlag brachte Emmanuel zu Fall, und er ließ seine Geisel los. Colt sprang in das Boot, um Emmanuel in seine Gewalt zu bekommen, und Vivi ließ die Axt fallen und warf sich auf das kreischende Mädchen, um es mit ihrem Körper zu schützen.
Iverson legte Emmanuel Handschellen an, während zwei weitere Agenten als Verstärkung an Bord der Jacht gingen. Inmitten des Chaos nahm Vivi das Mädchen in die Arme, tröstete sie, beruhigte sie und trocknete ihr die Tränen.
Sie blickte zu Colt hoch, mit tränenfeuchten Augen und wachsweißem Gesicht.
»Was machst du denn hier?« Colt sank neben ihr auf die Knie.
»Er hat mich entführt«, sagte sie schlicht. »Ich habe eine Feuerwehraxt gefunden und damit die Türangeln zerschmettert.«
Er konnte nichts erwidern, vor lauter Wut verschlug es ihm die Sprache. Emmanuel konnte froh sein, dass sie ihn bereits verhaftet hatten, sonst hätte er ihn eigenhändig dafür umgebracht, dass er Vivi angerührt hatte.
»Ist ja schon gut«, beschwichtigte sie. Und er war sich nicht sicher, ob sie ihn oder das Mädchen meinte. »Schsch. Liebes, niemand wird dir je wieder wehtun. Niemand. Das verspreche ich dir.«
Vivi blinzelte zu ihm hoch, und eine einzelne Träne rollte über ihre Wange. Das Mädchen, das behauptete, niemals zu weinen.
Als Vivi aus dem Krankenhauszimmer trat, entdeckte sie Lang, der mit verschränkten Armen an der Flurwand lehnte. Sein Blick hellte sich auf, als er sie sah. Ihr ging es nicht anders.
»Wie geht es ihr?«, fragte er und stieß sich von der Wand ab.
»Sie schläft.« Vivi musste gegen den Wunsch ankämpfen, sich in seine Arme zu stürzen. Dummerweise machte er keinerlei Anstalten, sie zu umarmen. »Ihr Bein ist an drei Stellen gebrochen, und sie hat eine böse Infektion, deswegen liegt sie am Tropf. Gott, ich weiß noch nicht mal, wie sie heißt.«
»Souvanna«, sagte er. »Sie kommt aus einem laotischen Dorf an der Grenze zu Vietnam. Sie kommen alle aus demselben kleinen Dorf.«
Souvanna. Verdammt, sie liebte sie jetzt schon. »Was ist mit Emmanuel?«
»Er sitzt in Haft. Willst du Cara besuchen? Sie liegt eine Etage höher.«
Vivi zögerte. »Ich weiß nicht. Will ich das? Hast du sie schon befragt?«
»Ja, und ihre Geschichte ist eigentlich ziemlich wasserdicht. Sie behauptet, Marissa hat für Emmanuel gearbeitet und auf sie geschossen, weil sie nach Nantucket wollte, um Beweismaterial auszuhändigen, das ihn schwer belastet hätte.«
»Dann hat er also mit ihr geredet und nicht mit Joellen.«
»Unsere Agenten haben bestätigt, dass sie Joellens Handy benutzt hat und dass es Marissa war, die mit Emmanuel in Kontakt stand. Marissa befindet sich ebenfalls in U-Haft. Sie wurde noch auf der Fähre festgenommen, nachdem wir Cara befragt hatten.«
»Also, wessen hat sich Cara schuldig gemacht?«
»Abgesehen von schwerer Fehleinschätzung? Vielleicht wegen Mitwisserschaft, aber die Anschuldigung wird aller Wahrscheinlichkeit nach fallen gelassen. Offenbar hat Roman Emmanuel, der Nantucket regelmäßig besuchte, als sie für eine Weile weggezogen waren, das verwaiste Grundstück als Umschlagplatz für sein Geschäft an der Ostküste ausgewählt, aus den von uns bereits vermuteten Motiven. Das Areal war relativ einsam und demzufolge der letzte Ort, an dem die Behörden eine Razzia durchführen würden.«
»Wie ist Cara in die Sache verstrickt worden?«
»Auf die romantische Tour«, grinste er. »Sie lernte Emmanuel kennen, als sie zurückkehrten, und ging eine längere Beziehung mit ihm ein. Dann zogen sie und Joellen nach Los Angeles, um Filmkarrieren zu verfolgen. Joellen hat für ihn gearbeitet – und Cara auch vorübergehend, dann hatte sie ihren Durchbruch im Showbusiness und kam ganz groß raus. Und jetzt kommt der Knaller.« Er blieb im Flur stehen, um seine Worte auf Vivi wirken zu lassen. »Joellen Mugg, ehemals Angestellte bei RE, hat einmal für Adrienne Dwight und Isobel DeSoto gearbeitet.«
Sie blinzelte ihn milde verständnislos an. »Sie kannte die beiden?«
»Hatte Zugang zu ihnen. Und wahrscheinlich
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