Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
entgegengesetzte Richtung strömte, auf die Krankenwagen zu.
Er drängte sie vorwärts, und der Lauf der Pistole bohrte sich durch ihr dünnes Baumwolloberteil in ihre Rippen, als sie mit ihm stolperte, gegen den Strom. Andauernd trat ihr irgendjemand auf die Füße, während sie sich durch einen Haufen durchgedrehter Gaffer zwängten, die alle mit Cara mitwollten und nicht Richtung Wasser.
Er stieß sie auf die Boote zu, zu einer größeren Motorjacht, die etwa drei Meter weiter vor Anker lag.
»Da rein«, befahl er und blieb so dicht hinter ihr, dass die Pistole zwischen ihnen nicht auffiel. An einem ganz gewöhnlichen Tag wäre er damit niemals durchgekommen. Aber in dieser Menschenmenge, in der alle Augen auf den Filmstar gerichtet waren – und nicht auf dessen Double – hatte er leichtes Spiel mit Vivi, und sie beugte sich seinem Willen.
Sie trat vom Steg an Deck und verwünschte den engen Rock, der ihre Bewegungsfreiheit einschränkte. Die Menschenmenge am Anleger mit beschwörenden Blicken taxierend, überlegte sie, ob sie es mit einem lauten, lang gezogenen Schrei aus voller Kehle probieren sollte, bevor sie ablegten, verwarf die Idee aber gleich wieder. Er schob sie unsanft auf die Kabinentür zu, und sie stolperte vorwärts.
»Aufmachen!«, verlangte er.
Wenn sie da runterging, saß sie fest. Sie suchte die Menschenmenge ab, die darauf wartete, die Fähre verlassen zu können, aber alle wurden von den Polizisten zurückgehalten.
»Sie werden sie schnappen«, sagte sie, in der Hoffnung, Zeit schinden zu können. »Niemand verlässt dieses Schiff, ohne befragt zu werden.«
»Irrtum, die suchen nach irgendeinem blauäugigen Engel, der sie gerettet hat«, meinte er abschätzig und stieß ihr die Pistole in den Rücken. »Gib mir dein Telefon. Los, mach.«
Sie gab es ihm, und er warf es ins Wasser. Idiot. Wenn er die Nachrichten gelesen hätte, wüsste er, dass das FBI diesem Sutton, seinem Mann fürs Grobe, folgte.
Und dieser Gedanke gab Vivi Auftrieb. Vielleicht brachte Emmanuel sie an denselben Ort. Vielleicht würde sie aber auch da landen, wo ihr Telefon jetzt war.
»Mach den Riegel auf«, befahl er.
Sie warf noch einen Blick nach oben zur Fähre, auf die beiden Decks, wo sich die Passagiere an der Reling drängten, um die Szene am Anleger zu verfolgen. Ihr Blick wanderte zu einem Mann, der abseits von der Menge stand. Selbst auf diese Entfernung nahm sie undeutlich sein Gesicht wahr, seinen athletischen Körperbau, wenn auch nicht seine tiefblauen Augen.
Oh, kein Engel. Ein Angelino.
Gabe. Er hatte Cara beschattet und ihr damit das Leben gerettet. Aber wusste er auch, wer auf sie geschossen hatte?
Und, mindestens ebenso wichtig, wusste er, dass Vivi gerade vor seiner Nase entführt wurde?
Aber sein Blick war zum Anleger gerichtet, nicht auf den Mann, der gerade mit einer Frau an Bord ging.
Mit zitternden Fingern schob sie den Riegel beiseite und öffnete die Luke zu einer kleinen Kajüte. Emmanuel verpasste ihr einen Stoß, und kurz bevor sie hinuntertaumelte, warf sie noch einen letzten Blick auf die Fähre.
Aber Gabe war weg.
Und Lang war auf dem Weg, die nächste Lieferung abzufangen.
Und Vivi? Gott allein wusste, wo sie landen würde. Womöglich auf dem Grund der Meerenge von Nantucket.
22
Colt telefonierte gerade mit Special Agent Iverson und organisierte ein Zugriffsteam, als sein Zielobjekt in einen blauen Kleinwagen stieg und den Motor startete. Colt wartete an einer Ampel und bedeutete Sutton mit einer freundlichen Geste, vor ihm einzuscheren, was seine Verfolgung zu einem Kinderspiel machte.
Er blieb auf einer der Hauptstraßen und fuhr Richtung Süden, bis er auf die Hummock Pond Road bog, die nach Südwesten zu Caras Haus führte.
Lang war keineswegs überrascht, als Sutton ebenfalls diese Strecke wählte und mit seinem kleinen Honda Accord über die Landstraße raste. Colt gab Iverson die Richtung durch. Die Verstärkung stand bereit.
War es möglich, dass die »Lieferung« direkt zu Caras Haus gebracht wurde? Er rief sich die Geografie des Moors ins Gedächtnis zurück, das dichte Unterholz, das bis an eine kleine Straße heranreichte, die um das Gebiet herum führte – und zum Leuchtturm.
Dann meinte Emmanuel also nicht den Brant Point Leuchtturm, sondern den kleinen mit dem privaten Bootsanleger auf Caras Grundstück. Mit direktem Zugang zum Wasser, wo jederzeit ein Schiff einfahren, bei helllichtem Tag anlegen und seine menschliche Fracht auf andere Boote
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