Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
ein Motiv.«
»Lang, im Ernst? Du glaubst, sie ist der Oscar-Mörder?«
»Wir glauben, dass wir dem nachgehen sollten. Wir durchsuchen jetzt das Haus in Martha’s Vineyard.«
»Weiß Cara davon?«
»Wir haben es ihr noch nicht gesagt. Sie ist ein bisschen neben der Spur, obwohl ihre Verletzungen nicht gravierend sind. Sie hat viel Glück gehabt. Gabe hat ihr vor dem Anlegen der Fähre eine Kugel entfernt, obwohl er ihr eigentlich gar nicht folgen sollte.«
Sie lächelte. »Unterschätze niemals einen Guardian Angelino. Da warst du ja beschäftigt, während ich bei … Souvanna war.« Durch den Namen prägte sich das Mädchen nur noch tiefer in Vivis Herz. »Hast du eruieren können, wie Emmanuels Name auf die ganzen Urkunden gekommen ist?«
»Ja.« Er führte sie zu den Aufzugtüren. »Während sie zusammen waren, hat sie ihm das halbe Grundstück überschrieben. Sie wusste, in was für einem Geschäft er tätig ist, und sie haben sich gegenseitig erpresst, bis die Situation völlig festgefahren war. Als Marissa, die Emmanuel als Spionin einsetzte, erfuhr, dass Cara auspacken wollte, erhielt sie von ihm die Anweisung, ihre Chefin umzubringen. Und das hat sie ja bekanntermaßen probiert.«
»Du liebe Güte, dann hat Cara wirklich ein ziemlich mieses Urteilsvermögen. Ein Wunder, dass sie so viel Grips hatte, mich einzustellen.«
Seine Hand verharrte über den Knöpfen im Aufzug. »Nach oben, um sie zu besuchen, oder runter und nach Hause?«, fragte er.
Sie sollte Cara besuchen. Aber eigentlich wollte sie Lang bloß in die Arme fallen und für immer dort bleiben. Sie lehnte sich ein bisschen gegen ihn, schwelgte in dem Gedanken, wie gut sich das anfühlen würde. »Ich würde lieber zurück in ihr Haus fahren. Geht das? Können wir das einfach so machen?«
»Ich bringe dich hin.«
Seine Stimme klang irgendwie kühl und distanziert, und der Wink mit dem Zaunpfahl war ihm wohl entgangen. Oder er ging nicht darauf ein.
»Und was ist mit dir?«
»Ich?« Er schlug etwas zu fest auf den Knopf nach unten. »Ich bin weg.«
»Weitere Befragungen? Papierkram? Besprechung mit dem Team? Joellen suchen?«
»Los Angeles.«
Ihr Herz setzte zu einem trudelnden Sinkflug an. »Heute? Heute Abend noch?« Sie war nicht darauf vorbereitet. Noch nicht.
»In ein paar Stunden.« Die Fahrstuhltür öffnete sich, und drinnen standen herumschnüffelnde Reporter.
Keiner von ihnen erkannte Vivi, die sie tagelang an der Nase herumgeführt und so getan hatte, als wäre sie Cara.
Sie fuhren schweigend nach unten und dann zurück zum Haus, im Wagen mit zwei anderen Agenten, die sich über den Fall unterhielten, über Cara und über den Riesenerfolg, dass sie einen der einflussreichsten, im organisierten Verbrechen tätigen Kriminellen auf diesem Planeten gefasst hatten.
Ja, es war ein Riesenerfolg. Die Guardian Angelinos kamen groß raus, weil sie sich für Cara engagiert hatten. ASAC Lang war ein Held und würde nun seine verdiente Belohnung bekommen. Souvanna würde in Sicherheit sein.
Und Vivi würde … Fantasien haben.
Im Haus stieg sie beklommen die Treppe hinauf und betrat die große Suite. Hinter verschlossenen Türen stieß sie gequält einen lang gedehnten Atemzug aus.
Wie konnte er sie einfach verlassen?
»Hey.« Das Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren, aber Langs Stimme brachte sie zum Lächeln. »Kann ich reinkommen?«
Sie riss die Tür auf und starrte ihn an. »Verlass mich nicht.« Verdammt, die Worte waren draußen, ehe sie überhaupt daran denken konnte, sie zu unterdrücken.
Er stand reglos da, nur seine Augen bewegten sich und blickten ihr prüfend ins Gesicht. »Ich muss«, sagte er schließlich.
»Warum?« Sie zog ihn ins Zimmer, jetzt fest entschlossen. »Warum kannst du nicht hierbleiben? Im Bostoner Büro muss es doch auch Beförderungsmöglichkeiten geben. Hol deinen Dad hierher, wenn du dir Sorgen um ihn machst. Es gibt immer eine Lösung, es gibt …« Ihre Stimme verlor sich, als sie sah, wie sich seine Miene verhärtete.
»Ich muss gehen.«
Sie ignorierte den Schlag in die Magengrube. »Warum? Ist es, weil du noch nicht über … Jennifer hinweg bist?«
»Das auch«, bekannte er. »Ich will dich nicht anlügen, damit hat es angefangen. Aber wenn ich jetzt bleibe …« Er beendete den Satz nicht, sondern schob sich an ihr vorbei und ging zum Kleiderschrank. »Ich habe noch ein paar Klamotten hier, und ich muss los.«
»Du musst los«, meinte sie gedehnt, und der Schmerz legte sich
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