Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
setzen. Feigerweise war sie froh, dass der Gargyle zwischen ihr und Santiago saß.
Nicht, dass sie glaubte, dass er je versuchen würde, ihr Schaden zuzufügen. Es lag in Santiagos Natur, andere zu beschützen, und gleichgültig, wie zornig sie ihn auch machte – er würde ihr niemals Gewalt antun. Abgesehen davon verfügte sie über genügend Macht, um sich vor jedem Feind zu schützen.
Nein, sie wollte einfach nicht die nächsten Stunden damit verbringen, in Gedanken wieder und wieder ihre impulsive Entscheidung zu hinterfragen, das Bett mit Santiago zu teilen, nur um dann in Panik zu geraten, als sie in seinen Armen erwacht war.
Das bedeutete nämlich, Narben zu entblößen, welche an eine Vergangenheit erinnerten, die sie einfach nur vergessen wollte.
Mit einem leisen Fluch kletterte Santiago hinter das Lenkrad und nutzte seine Kräfte, um den Motor zu starten. Mit einem letzten zornigen Blick auf Nefri legte er den Gang ein, und sie holperten über die schmale Straße.
Sobald sie den Highway erreicht hatten, trat Santiago das Gaspedal durch, wodurch der Lastwagen eine halsbrecherische Geschwindigkeit annahm.
Nefri, die dankbar für ihre Unsterblichkeit war, beobachtete, wie die Landschaft vorbeiraste, und erhaschte nur flüchtige Blicke auf dichtes Sumpfgebiet, das irgendwann kleinen Farmen wich. Gelegentlich war in dem sanften Licht der Straßenlaternen eine Stadt zu erkennen.
Sie waren beinahe eine Stunde in unbehaglichem Schweigen gefahren, da wurden Nefris düstere Gedanken durch die eigenartige Stimmung unterbrochen, die mit einem Mal in der Luft lag.
»Santiago.«
Gerade als sein Name über ihre Lippen drang, verringerte er das Tempo des Lastwagens und bog in eine Nebenstraße ein. »Ich spüre es«, murmelte er, den Blick auf die Bäume gerichtet, welche die eben erst gepflügten Äcker säumten.
»Was?« Levet richtete sich mit sorgenvoller Miene auf dem Sitz auf. »Was ist hier los?«
Nefri erschauderte und kurbelte das Fenster herunter, um der kalten Brise nachzuspüren.
Hier existierte die gleiche pulsierende Gefühlsaufwallung, die Gaius’ Versteck umgab. Ein unnatürliches Gefühl des Zwanges, das mühelos sowohl Menschen als auch Dämonen zu beeinflussen vermochte.
Aber dies war keine Gewalttätigkeit, die über ihre Haut strich und an ihren Gefühlen zerrte.
Dies war – Furcht.
Eine durchdringende, unerbittliche Furcht.
»Es ist nicht dasselbe«, sagte sie leise.
»Nein«, stimmte Santiago ihr zu und bog in einen noch kleineren Weg ein. Er schaltete herunter, als sie gezwungen waren, umgestürzten Baumstämmen und Schlaglöchern auszuweichen, die groß genug waren, um sie ganz zu verschlucken. »Aber es ist so nahe, dass wir es aufspüren können.«
»Ja«, stimmte sie zu und biss die Zähne zusammen, als er die Abkürzung über eine zugewachsene Wiese nahm, um in der Nähe eines verlassenen Schulgebäudes anzuhalten.
Sie stiegen aus dem Lastwagen. Alle drei betrachteten prüfend den dreistöckigen Backsteinbau mit dem rostigen Blechdach. Die Zementstufen zerfielen allmählich, und der größte Teil der Fensterscheiben war zerschlagen, während die zweiflügelige Vordertür windschief in den Angeln hing.
Der umliegende Schulhof hatte sich schon vor langer Zeit dem überwuchernden Unkraut ergeben, obwohl irgendjemand einen Pfad um die Schaukel und die Metallrutschbahn herum gemäht hatte. Es war ohne Zweifel derselbe Jemand, der das lodernde Feuer angezündet und das Fass Bier mitgebracht hatte.
Nefri ließ ihre Kräfte durch die drückende Luft strömen und erspürte rasch den Menschen, der sich in dem Gebäude verbarg. Sie hob einen Finger, und Santiago nickte.
»Ich gehe um das Haus herum und betrete es durch den Hintereingang«, erklärte er und zog das Schwert, das er sich auf den Rücken geschnallt hatte.
Instinktiv streckte Nefri die Hand aus, um ihn am Arm zu berühren. Unwillkommene Besorgnis zog ihr das Herz zusammen. »Wer auch immer sich im Inneren befindet, steht kurz vor dem Zusammenbruch«, meinte sie leise, während sie die wachsende Hysterie des Menschen wahrnehmen konnte. »Sei vorsichtig.«
Mit einem großspurigen Lächeln verschmolz Santiago mit der Dunkelheit. Er bewegte sich mit der flüssigen Geschwindigkeit eines ausgebildeten Kriegers. Nefri schüttelte verärgert den Kopf. Weshalb war sie besorgt um ihn? Er war nicht nur mehr als imstande, auf sich selbst achtzugeben, sondern außerdem war sie ja bereits zu dem Entschluss gekommen, ihn lediglich
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