Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
verzweifelt, dass ich irgendwas ausprobieren musste.«
»Verzweifelt?« Achselzuckend wischte er ihre lahme Ausrede weg. »Das ist lächerlich. Weshalb solltest du verzweifelt sein?«
»Soll das ein Witz sein?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich war in einem Kerker gefangen, in dem die Gefahr bestand, dass ein verrückter Vampir, den ich verpfiffen hatte, mich jeden Moment finden könnte.«
Bei dem winzigen Stich, den Roke verspürte, handelte es sich nicht um Schuldgefühle.
Sondern um – Verachtung.
Wenn sie wirklich so viel Angst vor Gaius hatte, dann hätte sie sich seiner verrückten Bande aus gesellschaftlichen Außenseitern eben nicht anschließen sollen.
Selbst wenn sie von ihrer Mutter im Stich gelassen – nein, beinahe getötet – worden war und ganz allein die schockierenden Veränderungen, die ihr Körper durchmachte, hatte herausfinden müssen?
Roke machte eine ärgerliche Handbewegung. Er konnte seinen eigenen Gedanken nicht trauen. Nicht, wenn er unter dem Einfluss ihres Zaubers stand.
»Wir werden dieses Gespräch zu Ende führen, wenn wir in Styx’ Versteck zurückgekehrt sind.«
Sie wich zurück und schüttelte den Kopf, während sie gleichzeitig die Fingernägel in den Ärmel ihres Sweatshirts grub und die Innenseite ihres Arms kratzte. »Auf gar keinen Fall!«
»Stell meine Geduld nicht auf die Probe, kleine Hexe.« Roke zog die Augenbrauen zusammen, und sein frustrierter Blick glitt zu ihrem Arm, den Sally noch immer rieb. »Was gibt es?«
»Mein Arm juckt.«
»Weshalb?«
Sie holte wütend Luft. »Wahrscheinlich, weil ich allergisch gegen Idioten mit schlechten Manieren bin, die sich ihren Kick durch das Einschüchtern hilfloser Frauen holen«, meinte sie. »Entweder das, oder ich habe von dir Läuse bekommen.«
»Na schön.« Er beugte sich vor, und sein Blut erhitzte sich, als ihm der verlockende Pfirsichduft in die Nase stieg. Diese verdammte Hexe. »Du willst mich nie mehr wiedersehen?«
»Ja.«
»Dann nimm diesen gottverdammten Zauber von mir.«
Sie gab doch tatsächlich vor, verwirrt zu sein. »Was?«
»Ich bin nicht aufgelegt, deine Spielchen mitzuspielen, Sally.« Er packte sie mit festem Griff an den Schultern, achtete dabei aber seltsamerweise darauf, sie nicht zu verletzen. »Nimm den Zauber von mir, oder ich verspreche dir, dass es dir sehr, sehr leidtun wird.«
Vergeblich versuchte sie, sich ihm zu entziehen. »Der Zauber war gebrochen, sobald ich umgekippt bin.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»Es ist nur ein vorübergehender Zauber«, beteuerte sie. »Er wurde schwächer, als wir das Ende des Tunnels erreicht haben. Als ich eingeschlafen bin, war er völlig verschwunden.«
»Nein, du lügst. Du versuchst mich für irgendeinen ruchlosen Plan zu benutzen.«
»Ruchlos?«, murmelte sie. »Wirklich?«
Er hob sie hoch und funkelte ihr wütend in die geweiteten Augen. »Du Miststück …«
»Reg dich mal wieder ab«, brachte sie hervor, und in ihren dunklen Augen blitzte Wut auf. »Und pass auf, wie du mich nennst.«
Ein solch hartnäckiger Mut.
Eine solch exquisite Schönheit.
Mit einem Knurren ließ Roke Sally unvermittelt wieder los und trat einen Schritt zurück, fort von der süßen Versuchung. »Wie ich dich nenne, sollte deine kleinste Sorge sein.«
Sally taumelte, bevor sie ihr Gleichgewicht zurückgewann. Dann warf sie ihre glänzenden herbstlaubfarbenen Haare nach hinten, während sie ihn frustriert anfunkelte. »Was willst du von mir? Mein Versprechen? Kein Problem.« Sie zeichnete mit dem Finger ein X auf ihr Sweatshirt, direkt über ihrem Herzen. Roke ballte die Hände zu Fäusten, als ihre Geste die sanfte Wölbung ihrer Brüste hervorhob. »Großes Indianerehrenwort, dass der Zauber weg ist.« Sie ließ die Hand sinken. »Wenn er immer noch aktiv wäre, meinst du nicht, dass ich dich dann dazu bringen würde, mich von hier wegzuführen, statt mir den Arsch abzufrieren in diesem widerlichen …« Sie sah sich in dem Lagerhaus um, in das er sie vor Stunden gebracht hatte, bevor die Sonne aufging. »Wo sind wir hier überhaupt?«
Er erstarrte und ließ es grimmig zu, dass ihm die erniedrigende Erinnerung daran, wie sie durch die Tunnel geflohen waren, damit er mit dieser Frau entkommen konnte, bewusst wurde.
Zu dieser Zeit hätte er alles getan, um sie in Sicherheit zu bringen.
Einfach alles.
Und dann war er aus dem Tunnel geklettert, und der starke Zwang war verschwunden gewesen. Ganz so, als ob ein Zauber plötzlich gebrochen gewesen
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