Gucci, Glamour Und Champagner
tat so, als würde er ohnehin nicht fliegen.
Endlich wurde mein Flug aufgerufen, und ich schleppte mich und meine viel zu voll gestopfte, ramponierte MJ -Handtasche zum Gate. Mein schönes blaues Exemplar hatte ich eingepackt und mich für mein treues altes Schätzchen entschieden (nun, ich hatte es seit fast einem Jahr), aus Angst, die neue Tasche könnte Kratzer oder Flecken abbekommen oder von fremden Händen angefasst werden. Außerdem war ich mehr oder weniger zu der Überzeugung gelangt, dass die lädierte Tasche für die Reise besser geeignet war. Gewissermaßen. Nachdem ich durch den windigen Tunnel das Flugzeug erreichte, nahm ein beruhigend gelangweilt aussehender Flugassistent mein Ticket, kontrollierte meinen Pass und zeigte dann mit breitem Lächeln auf die rechte Seite des Flugzeugs. Ich verzog keine Miene und schlurfte den Gang hinunter, wobei ich darauf achtete, eine Begegnung meines Hinterteils mit den Gesichtern all der Passagiere der Clubklasse, die bereits eingestiegen waren, zu vermeiden. Eines Tages würde man mir sicher sagen, dass ich mich links halten soll, eines Tages.
Wie vorherzusehen war ich mit einem klitzekleinen Sitz der Economy-Klasse in der Mitte von vier Plätzen gesegnet, von denen drei bereits belegt waren. Cici hatte mir tatsächlich vollen Ernstes versichert, es gehöre zur Reisepolitik von Spencer Media, alle Flüge unter zwölf Stunden Economy zu buchen, aber irgendwie nahm ich ihr das nicht ab. Außerdem gab es Economy – und es gab neun Stunden in der Hölle, die ich auszuhalten hatte. Als ich meine Handtasche unter den Sitz vor mir geklemmt hatte, schielte ich nach links, wo ein unglaublich großer Mann saß, der sich im Moment ständig mit geschlossenen Augen bekreuzigte und eine große Bibel auf seinem Schoß liegen hatte. Zu meiner Rechten saß kichernd ein jungverliebtes Traumpaar und hielt Händchen. Als die (doch nicht ganz so junge) Frau meinen Blick bemerkte, hielt sie mir ihre linke Hand unter die Nase.
»Wir haben gerade erst geheiratet!«, kreischte sie und wedelte mit ihrer Hand, um dem riesigen Solitär ausreichend Gelegenheit zu geben, mich zu blenden. »In New York! Geheiratet! Wir kommen aus England. Aber wir haben in New York geheiratet. Nicht in Vegas. Ist das nicht kitschig?«
»Genau«, stotterte ich und versuchte meinen Kopf von dem harten glänzenden Ding zurückzuziehen, das mich tatsächlich blind machen könnte. »Herzlichen Glückwunsch.«
»Oh, Sie sind auch Engländerin! Dave, sie ist Engländerin«, quasselte meine Sitznachbarin weiter. »Es war nur in der City Hall, ganz still, aber mit Klasse, wissen Sie? Und wir haben im Waldorf Astoria gewohnt. Zu Hause weiß keiner davon. Ich meine, sie wussten, dass wir verlobt waren, aber nicht, dass wir heiraten wollten. Dave war schon mal verheiratet, wissen Sie, also fanden wir, dass wir kein großes Trara daraus machen sollten.«
»Ich war schon mal verheiratet«, bestätigte Dave und beugte sich zu mir herüber, um mir seinen dicken Ehering samt Diamanten zu zeigen. Hm, wie geschmackvoll. »Sie war eine richtige alte Kuh. Nicht wie die hier.«
»Nun ja, ich gratuliere«, sagte ich wieder und fummelte als höfliches ›Lasst-mich-in-Ruhe‹-Signal an meinem Sitzgurt herum, während die Sitze 47 F und G ihre Liebe ziemlich heftig öffentlich kundtaten.
»Es war wunderbar«, sagte Daves Frau und schob ihren amourösen Ehemann beiseite. »Ich habe diese Loobootinschuhe bekommen, nicht wahr Dave? Ganz reizend.«
»Hat sie.« David nickte. »Loobootins.«
Sie sagten tatsächlich Loobootins. Ich kriegte ein müdes Lächeln zustande, hatte aber alle Mühe, nicht loszuheulen. Wie lange dauerte dieser Flug? Jenny hätte ihr inzwischen bestimmt schon ein paar Ohrfeigen verpasst, meine Toleranzgrenze war wirklich beeindruckend.
»Und jetzt geht es in die Flitterwochen nach Paris. Ist das nicht toll? Er ist ein Romantiker, mein Dave. Und ich wusste schon immer, dass ich einen Romantiker heirate. Sind Sie verheiratet, meine Liebe?«
»Nein.« Ich lächelte und schüttelte den Kopf. »Nicht verheiratet.«
»Verlobt?«
»Nein.«
»Freund?«
»Ja.«
»Nun, sehen Sie«, sagte sie und tätschelte mein Knie, »dann ist doch noch Hoffnung für Sie.«
Mit einem breiten Lächeln steckte ich mir blitzschnell meine Ohrstöpsel in die Ohren, bevor sie noch mal loslegen konnte. Doch sofort kam die Flugbegleiterin und klärte mich auf, dass ich sie zum Start nicht drinbehalten durfte. Blöde Kuh. Zum Glück
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