Gucci, Glamour Und Champagner
abgewöhnt.
Ich blieb volle acht Minuten vor Solènes Wohnung stehen, bevor ich hineinging. Trotz aller Überzeugungsversuche Virginies, dass ich großartig aussah (und während der zehn Minuten im Taxi hatte ich auch wirklich daran geglaubt), wollte ich nicht hineingehen. Wie dumm von mir, warum stand ich überhaupt hier vor der Wohnung der Exfreundin meines Freundes, wenn ich stattdessen mit ihm zum Abendessen gehen könnte? Und warum trug ich ein Kleid mit einer riesigen Katze vorne drauf? Ich hielt mein Telefon in der Hand mit einer neuen Textnachricht für Alex, die nur noch abgeschickt werden musste, da hörte ich plötzlich jemand meinen Namen über die Straße rufen.
»Hey, Angela!« Craig und Graham kamen auf mich zu.
Mist. Vorbei war’s mit meinen Plänen, mich davonzustehlen.
»Hi.« Ich winkte halbherzig und steckte mein Telefon zurück in meine Tasche. Die ramponierte braune Marc-Jacobs-Tasche passte nicht so recht zu meinem neuen grauen Seidenminikleid oder den babyblauen Louboutins, die ich mir von Virginie ausgeliehen hatte, aber mit Marc an meiner Seite fühlte ich mich immer gleich besser.
»Triffst du dich mit Alex?«, fragte Craig und warf sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund, bevor er auch uns anderen eins anbot. »Ich glaube nämlich nicht, dass er hier aufkreuzt.«
»Äh, nein.« Ich nahm ein Bonbon und überlegte mir eine für Jungs verständliche Erklärung, warum ich auf die Party der Ex meines Freundes ging, die ich erst zweimal in meinem Leben gesehen hatte. Und das ohne besagten Freund. »Er schafft es nicht, aber ich habe Solène zugesagt, dass ich komme, und deshalb dachte ich, ich sage mal Hallo.«
Craig sah mich verdutzt an.
»Und dann gehe ich wieder.«
Graham sah mich ungläubig an.
»Und treffe mich mit Alex.«
»Solène hat dich eingeladen?«, hakte Graham nach und zeigte dabei auf die Eingangstür. »Zur Party?«
»Ja.« Ich nickte und sprang in den Lift. Craig drückte auf den Knopf für das Penthouse. Was auch sonst? »Wir haben uns gestern Abend unterhalten, und sie hat gemeint, ich und Alex sollten kommen und ihren Freund kennenlernen, aber ihr kennt ja Alex, er hatte keine Lust.«
»Was mich nicht überrascht«, spottete Craig. »Dem geht es nämlich nicht …«
»Mensch, Craig, ich glaube nicht, dass Angela das jetzt hören will«, fiel Graham ihm ins Wort, als der Lift sich summend ankündigte und die Türen aufglitten. »Du siehst übrigens großartig aus. Cooles Kleid«, ergänzte er, griff nach meiner Hand und drückte sie.
Der reizende Graham.
»Ja, ist das da, ist das da vorne eine Katze?«, fragte Craig und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Und ich bin mir ziemlich sicher, das schon mal gesagt zu haben, aber tolle Beine, Angie. Mörderbeine.«
Der nicht ganz so reizende Craig.
»Bist du dir sicher, dass du nicht doch abhauen willst? Um mit Alex abzuhängen?«, fragte Graham. »Ich meine, ein bisschen komisch ist die Situation ja schon.«
»Ich weiß, dass sie und Alex mal was miteinander hatten.« Ich gab mir Mühe, nicht an diesen Worten zu ersticken. »Aber sie war gestern Abend wirklich nett, und weißt du, sie hat einen neuen Freund und so. Und irgendwie hatte ich auch Lust auf Party.«
»Sie hat dir gesagt, dass sie was miteinander hatten?«, fragte Craig. »Wow.«
»Sie hatten nichts miteinander?« Ich sah Graham an, dessen Gesichtsausdruck keine Deutung zuließ. »Was war es denn dann?«
Ehe einer von ihnen antworten konnte, öffneten sich die Lifttüren direkt in Solènes Wohnung. Und die war umwerfend. Ich blieb Graham auf den Fersen, als ich den Lift verließ. Beim Anblick des wandhohen Fensters vor mir klappte mir die Kinnlade herunter. Es war genau wie bei Alex, nur dass ich statt der schartigen Silhouette von Manhattan ganz Paris vor mir liegen sah. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Stockwerke wir hochgefahren waren, aber die Aussicht war unglaublich. Hinter den weißen und grauen Häusern entlang den Ufern der Seine zog schon die Dämmerung herauf, aber noch leuchtete der Himmel blau über den breiten Boulevards und grünen Plätzen. Die Seine lag direkt unter uns, der Louvre fast gegenüber, und wenn ich flussabwärts schaute, konnte ich Notre Dame sehen. Die Wohnungseinrichtung war fast genauso beeindruckend. An den kühlen weißen Wänden hingen Schwarz-Weiß-Fotos, einige von Solène und der Band, einige von anderen Bands, die ich aber nicht alle kannte. Keins von Alex.
Eine Wendeltreppe in der Mitte des Raumes führte
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