Gucci, Glamour Und Champagner
dran. Allerdings ein wirklich schöner Wasserspeier, dem es gelungen war, meinem Freund das Herz zu brechen, und der dann von mir erwartete, mit ihm allerbeste Freundinnen zu spielen. Miststück.
Es gab nur einen Menschen, der im Moment meine Wut nachvollziehen konnte. Ich wühlte in meiner Tasche nach meinem Telefon, dessen Akku fast leer war, und drückte die Schnellwahltaste.
»Jenny Lopez«, antwortete sie beim ersten Klingeln. Gott sei Dank überprüfte sie nie die Nummer des Anrufers, bevor sie dranging.
»Jenny, ich bin’s«, sagte ich rasch, überrascht, meine Stimme so weinerlich zu hören. »Können wir reden? Bitte?«
»Es tut mir leid, Angie, im Moment geht es nicht.« Sie klang angespannt, aber nicht verärgert. »Ich habe einen Haufen Probleme am Hals, du wirst warten müssen.«
»Aber ich habe eine kleine Krise«, begann ich. Wenn es mir gelang, möglichst schnell mit dem Meckern anzufangen, konnte sie bestimmt nicht widerstehen.
»Lass mich raten«, fiel sie mir ins Wort. »Äh, Alex ist ein Arsch, oder du hast den Job bei Belle vermasselt. Was von beidem ist es?«
Wow. Darauf hatte ich wirklich keine Antwort. Mir kam jedenfalls nicht in den Sinn, dass sie bestimmt beeindruckt wäre zu hören, dass es ein bisschen was von beidem war.
»Ich kann jetzt wirklich nicht, tut mir leid«, fuhr Jenny fort. »Ich werde dich später zurückrufen.«
»Aber, Jenny.« Ich versuchte sie aufzuhalten, aber das war offenbar keine gute Idee.
»Ach, du hattest doch auch keine Zeit, mit mir zu reden, als du gestern meine Anrufe umgeleitet hast, und jetzt habe ich keine, um mit dir zu reden. Kümmere dich um deine Krise. Ich habe zu arbeiten.« Und dann legte sie auf. Legte tatsächlich auf.
Ich starrte wieder auf Notre Dame. Keine Chance einer göttlichen Intervention? Offensichtlich nicht. Vielleicht weil ich in meinem ganzen Leben noch keinen Fuß in eine Kirche gesetzt hatte, sofern danach nicht Kuchen, ein Drei-Gänge-Menü und freie Drinks an der Bar auf mich warteten.
Am liebsten hätte ich den Refrain von »Nur für mich« aus Les Misérables gesungen, beherrschte mich aber und schaute wieder auf mein Telefon. Wen könnte ich sonst noch anrufen? Mit einer panisch reagierenden Louisa konnte ich nichts anfangen, außerdem sah ich sie ohnehin in ein paar Tagen. Erin würde mir sagen, ich hätte meinen Schuhabsatz in Solènes Schädel bohren sollen, und mit den anderen New Yorker Freunden hätte ich nicht darüber reden können. Sie brauchten die Details von Alex’ Sexualleben nicht zu erfahren. Natürlich hatte ich die einzige Person vergessen, die keine Zusammenfassung benötigte. Ich war mir ziemlich sicher, dass Alex mit allen Einzelheiten vertraut war.
Ich drückte also den zweiten Schnellwahlknopf und wartete, bis das Gespräch durchgestellt wurde. Wurde es auch – direkt auf die Mailbox.
»Hey, ich bin’s.« Dabei bewegte ich mich auf die Brücke zu, die zur Kathedrale führte. Dort würde es doch sicherlich Taxis geben? »Ich bin auf dem Weg zurück zum Hotel, tut mir leid, dass ich mich heute so idiotisch verhalten habe. Ich mache Paris dafür verantwortlich, die Stadt ist so schön, dass ich nicht mehr klar denken kann. Außerdem hatte ich seit Montag keinen Hot Dog mehr, und das scheint sich seltsam auf mein Gehirn auszuwirken. Ich komme so schnell es geht. Oder ruf mich an, dann können wir uns irgendwo treffen. Oder was immer du willst. Ich liebe dich.«
Als ich auflegte, redete ich mir ein, dass er sicherlich unter der Dusche stand und sich für mich hübsch machte, und ich setzte meine Suche nach einem Taxi fort. Nur für mich. Im Geiste ist er bei mir.
Schnief.
Eine Stunde und mehrere Blasen später humpelte ich in die Lobby vom Marais. Ich war ein erbärmlicher Anblick. Blassgraue Seide mag in einem Schaufenster oder auf einer wahnsinnig stilvollen Cocktailparty (es gibt kein eleganteres Accessoire als einen guten Caipirinha) wunderschön aussehen, aber nach einstündigem Herumirren in einer fremden Stadt an einem tropischen Augustabend war es nicht das vorteilhafteste Kleidungsstück, das je von einer Dame in Paris getragen wurde. Wobei man allerdings einwenden muss, dass ich dieser Dame wohl auch kaum entsprach. Mal abgesehen davon, dass ich mich zurückgehalten und Solène nicht ins Gesicht geschlagen habe. Sobald ich durch die auseinandergleitenden Glastüren, die zum Empfang führten, gegangen war, ließ ich mich auf den nächsten Sessel fallen, diesmal ein großes
Weitere Kostenlose Bücher