Gucci, Glamour Und Champagner
gibt nicht genug Plätze, wo man sich einfach mal niederlassen und eine Minute Pause machen kann.«
»Die Leute haben keine Minute Zeit«, erklärte er. »In Manhattan ist immer was los.«
»Das stimmt.« Ich nickte und versuchte mir eine Strategie auszudenken, wie ich das Gespräch auf meinen Einzug bei ihm bringen konnte. »Aber hier habe ich das Gefühl, ich würde nie irgendwas geschafft kriegen. Diese Stadt ist dazu gemacht, herumzuschlendern, Händchen zu halten und Eis zu essen.«
»Und sich zu betrinken. Ist dir aufgefallen, wie viele Bars es hier gibt?« Dabei zog er mich an sich heran.
»Ich bemühe mich, es nicht zu registrieren«, sagte ich und musste dabei an meinen Alkoholkonsum in L. A. denken. Nicht gut. Seit meiner Rückkehr ruhte noch immer ein und dieselbe Flasche Wodka in meiner Wohnung, und ich hatte seit über einer Woche eine Flasche Wein im Kühlschrank. Seit Jennys Auszug hatte sich einiges verändert.
»Dann ist London vielleicht die perfekte Mischung von beidem?«, schlug er vor.
»Aber nicht perfekt«, widersprach ich. »Denn es fehlen ein paar ganz entscheidende New Yorker Zutaten.«
»Ja?«, fragte er, als ich meine Stirn an seine lehnte.
»Ja.« Und presste dann meine Lippen so lange auf seine, wie das ohne Luftholen möglich war. Er schmeckte würzig und warm wie Rotwein, doch dazu kam die Süße der Eiscreme.
»Jetzt aber im Ernst«, sagte ich und kuschelte mich zwischen seine Knie und legte die Hände auf seinen Schultern ab. »Du fühlst dich überhaupt nicht verändert? Weil du jetzt dreißig bist?«
»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht«, sagte Alex und zog ein paar Haare aus meinem Gesicht, um sie nach hinten zu streichen. »Aber nein.«
»Gut.« Ich schüttelte sie zurück. Mochte er auch mein blaues Auge vergessen haben, ich nicht. Und auch nicht die amerikanischen Touristen neben uns, die flüsternd darauf zeigten. Aber da beide über vierzig waren, Baseballkappen und Bauchtaschen trugen, gab ich auf ihre Meinung nicht allzu viel. »Welche Pläne hattest du, als du noch jünger warst, für die Zeit mit dreißig? Was dachtest du dann zu tun?«
»Ich weiß es nicht.« Er drückte sich von der Mauer ab und blickte dann stehend an mir vorbei hoch zur Kirche. »Ich habe wohl schon vor einer ganzen Weile aufgehört, darüber nachzudenken. Die Dreißig pirscht sich recht schnell an einen heran.«
»Du redest, als wärst du bereits alt«, sagte ich und lehnte mich an ihn, um meine Brust zwischen seine Schultern und sein Kinn zu legen. »Du musst doch ehrgeizige Pläne gehabt und dir ein Ziel gesetzt haben?«
»Ja, hatte ich.« Er nickte und strich mit seinen Lippen über meinen Scheitel. »Ich wollte von der Musik leben können und hatte Glück, denn das konnte ich schon, als ich noch recht jung war.«
»Und du wolltest doch Filmmusik machen?«, fragte ich. Sein Körper strahlte immer so viel Wärme aus, obwohl die Nachtluft um uns herum abkühlte. »Das hast du vor langer Zeit mal gesagt.«
»Das will ich immer noch, ich freue mich darauf«, sagte er. »Tatsächlich hat mir James Jacobs gestern eine entsprechende Mail geschrieben. Ich soll mich bei ihm melden.«
»Das solltest du«, erwiderte ich und sonnte mich ein wenig darin, daran nicht ganz unbeteiligt zu sein. Denn manchmal beunruhigte es mich, dass ich Alex nicht viel zu geben hatte, nichts, was er nicht bereits hatte oder von sich aus erreichen und bekommen konnte. »Und sonst ist da nichts? Nichts, was du dir gewünscht hast?«
»Was wünschst du dir denn?«, fragte er und verstärkte den Druck seiner Umarmung. »Wenn du dreißig bist, wo möchtest du dann sein?«
Hm, er drehte den Spieß einfach um. Das traf mich unerwartet. »Ich weiß es auch nicht genau, ich würde vielleicht gern ein Buch schreiben? Ich würde gern für mehr Zeitschriften schreiben, nicht nur den Blog, sondern mehr Artikel wie diesen, den ich für Belle mache.«
»In New York?«
»Ja. In New York.«
In Williamsburg, bei dir in deiner Wohnung, fügte ich in Gedanken hinzu. Warum konnte ich es nicht einfach laut aussprechen? Jetzt war der perfekte Zeitpunkt dafür.
»Cool. Einen unheimlichen Moment lang dachte ich, du würdest sagen, verheiratet mit Babys«, lachte er. »Puh!«
»Ja, puh!«, wiederholte ich.
Moment mal, was?
»Alex?«
»Ja?«
»Was hättest du gesagt, wenn ich gesagt hätte, verheiratet mit einem Baby?«
Er schwieg einen Moment lang, aber ich spürte, wie sich seine Arme und seine Kinnlade
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