Gucci, Glamour Und Champagner
klarzuwerden, zu welchem Zeitpunkt der Abend gekippt war. Dann wollte er jetzt also nicht mehr mit mir zusammenziehen? Und er wollte nicht heiraten und Kinder kriegen? Ich atmete tief durch. Ich machte die Sache schlimmer, als sie war. Das musste es sein. Ich war beschwipst, ich war müde, ich war gestresst. Ich würde weder heiraten, noch bei Alex einziehen, noch Kinder mit ihm haben.
»Wir sind da«, sagte er schließlich und tippte auf meinen Schenkel. »Bist du wach?«
»Hm, ja.« Ich öffnete die Wagentür und wäre beim Aussteigen beinahe mit einem vorbeifahrenden Roller zusammengestoßen. Der Fahrer hupte und stieß eine französische Beschimpfung aus, und ich, plötzlich hellwach und aufmerksam, machte mich ganz dünn an der Wagentür.
»Hey.« Alex zog mich mit sich, nachdem der Fahrer weitergefahren war und mich mitten auf der Straße hatte stehenlassen. »Willst du dich überfahren lassen? Komm mit rein.«
Ich ließ zu, dass er seinen Arm um mich legte, und wir durchquerten leise die Rezeption, die wieder Alain-los war. Alex erzählte mir von seinem Warm-up-Gig am Samstagabend und sagte mir, um welche Uhrzeit wir am Sonntag zum Festival aufbrechen mussten und dass er schreckliche Angst vor dem Rückflug hatte. Ich nickte dazu, hatte aber eher das Gefühl, mir selbst zuzusehen, als am Gespräch teilzunehmen.
Als wir auf dem Zimmer waren, ließ ich mir Zeit im Badezimmer und entfernte pingelig auch noch die letzten Spuren meines Make-ups, anstatt heimlich noch etwas Mascara dranzulassen, um es »danach« zu entfernen. Anschließend putzte ich volle drei Minuten lang meine Zähne. Nachdem ich zum zweiten Mal gepinkelt hatte, konnte ich es nicht länger hinauszögern. O mein Gott, zögerte ich tatsächlich das Zubettgehen mit Alex hinaus? Als ich die Badezimmertür öffnete, sah ich, dass er bereits im Bett lag und sämtliche Lampen bis auf die auf dem Nachttisch gelöscht hatte. Ich ging zum Bett, schlüpfte unter die Laken und nahm die gewohnte Position ein: mein rechter Arm über seinem Bauch, mein Kopf auf seinem Schlüsselbein. So lagen wir dann ein paar Minuten lang in verlegenem Schweigen, während seine Hand über meinen Unterarm wanderte und ich abwesend mit dem Ärmel seines T-Shirts spielte. Das war das erste Mal. Nicht dass er sich im T-Shirt ins Bett gelegt hatte, sondern dass ich es ihm nicht vom Leib riss. Und er fiel auch nicht gerade über mich her, wobei ich mir nicht sicher war, ob ich das gewollt hätte. Nachdem ein paar Minuten verstrichen waren, drehte ich mich herum und löschte das Licht. Die Uhr auf dem Nachttisch blinkte 1.30 Uhr. Ich war ohne Nickerchen über zwölf Stunden auf, kein Wunder also, dass ich so müde war.
Bevor ich wieder zurückrollen konnte, drehte Alex sich zu mir um und schob seinen Körper näher an meinen heran und wickelte seinen Arm um meine Taille. Er drückte mir einen warmen Kuss auf meinen Nacken und gähnte dann laut.
»Ich kann nicht glauben, dass wir an meinem Geburtstag in Paris sind und uns einfach nur schlafen legen«, murmelte er mir ins Haar. Hörte sich dabei aber überhaupt nicht ungläubig an. Sondern viel eher so, als wollte er mir verdeutlichen, dass mehr nicht drin war.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Er unternahm nicht einmal den Versuch, mich anzumachen, in diesem Fall hätte ich ihn wenigstens abblitzen lassen können. Mir war nicht nach Sex zumute, weil ich sauer und durcheinander war, aber was soll’s? Er wollte keinen Sex mit mir haben? Er sollte aber immer Sex mit mir haben wollen! War er nicht genetisch darauf programmiert, immer Sex haben zu wollen? Dafür war das Y-Chromosom doch wohl da?
»Liegt vielleicht daran, dass ich so alt bin.« Er gähnte wieder und drückte mich.
Wenige Minuten später spürte ich, wie sein Atem ruhiger wurde und sein Arm um meine Taille erschlaffte. Ich schielte auf die Nachttischuhr, bis meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten: 1.47 Uhr. Mir war bewusst, dass nachts immer alles schlimmer war. Am Morgen würde ich mich nicht halb so elend fühlen. Da zöge Ruhe in meinen Magen ein, der sich jetzt anfühlte, als würde eine Hamsterfamilie dort ihre Einweihungsparty feiern. Und mir wäre auch nicht mehr danach zumute, mir die Augen auszuweinen. Wenn ich erst mal eine Nacht darüber geschlafen hatte, ging es mir mit Sicherheit besser.
Zwölf
Wie sich herausstellen sollte, fühlte ich mich auch am nächsten Morgen nicht viel besser. Vielleicht weil ich so gut wie gar nicht
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