Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
auch mal überlegen … zu dünn … zu dünn … Mädchen, mal ehrlich, du solltest dringend ein Sandwich essen oder so was, du bist VIEL zu mager ...
Jede Menge wirklich durchtrainierter Leute joggen lässig an mir vorbei. Seltsam, irgendwie – bin ich spät dran? Schnell schaue ich auf meine Uhr und stelle fest, dass ich noch eine ganze Stunde Zeit habe. Warum haben die es also alle so eilig? Noch mehr Leute mit schmaler Wespentaille flitzen an mir vorbei. Komisch, denn eigentlich ist Chicago keine »dünne« Stadt, weshalb ich auch so gerne hier lebe. Was macht es schon, dass ich ein paar 117 Pfund zugelegt habe, seit ich keinen Job mehr habe? Genau diese zusätzliche Fettschicht braucht ein Mädel, um den kalten Winter in Chicago zu überstehen. Da ist ein bisschen Übergewicht praktisch Pflicht – evolutionär gesehen bin ich also weiter entwickelt als diese ganzen Bohnenstangen.
Ein Schwarm Mädels mit flachem, muskulösem Bauch rauscht so schnell an mir vorbei, dass ich beinahe vom Sog mitgerissen werde. Bitte, Ladys. Mit Bulimie ruiniert ihr euch nur die Zähne. Wer guckt schon darauf, wie dünn ihr seid, wenn ihr den ganzen Mund voller vergammelter Schneide- und Backenzähne habt? Und, Himmel, schau sich einer das Mädel in der Spandex-Shorts an – die hat Oberschenkel wie eine Baby-Giraffe. Verlegen streiche ich mit der Hand über meinen Oberschenkel. Definitiv keinerlei Ähnlichkeit mit einem Giraffenbaby. Je näher ich dem Hauptgang komme, desto dichter wird das Gedränge. Wo man hinschaut, Waschbrettbäuche und perfekt austrainierte Wadenmuskeln. Hilfe, was haben die denn alle? Warum sind die bloß alle so groß und dünn?
Und dann auf einmal trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag … Das ist hier eine Gesundheits- und Fitnessmesse … UND ICH BIN DIE EINZIGE DICKE WEIT UND BREIT .
Kalter Schweiß bricht mir aus, als mir langsam dämmert, dass sämtliche Menschen in diesem Gebäude vorhaben, am Sonntag zweiundvierzig Kilometer zu laufen, was bedeutet, dass diese Leute nie beim Mittagessen schwitzen. Oder beim Treppensteigen eine Atempause einlegen müssen. Die benutzen ihre Trimmräder zum Trimmen und nicht, um handgestrickte Pullover darauf zu trocken und – HEILIGER STROHSACK! -, die gucken mich alle an und fragen sich, wie zum Geier ich in diesem Rennen mitlaufen will !
Und in diesem Augenblick geht mir auf, dass sämtliche Chanel-Täschchen dieser Erde die schlichte Tatsache nicht verschleiern können, dass ich völlig außer Form bin. Das hier ist SO viel schlimmer, als bei meiner Hochzeit der einzige Nicht-Pornostar im ganzen Hotel zu sein. Wie, bitte schön, soll ich denn die Nase über eine Horde gesundheitsbewusster Fitnessfreaks rümpfen? Unmöglich! Das hier sind Leute, die davon überzeugt sind, dass Vollmilch eine Sünde wider die Natur ist, und die lieber STERBEN würden, als halb Milch und halb Sahne über ihre Count-Chocula-Schokoflocken zu gießen. 118 Plötzlich will ich nur noch hier raus, aber wenn ich Petes Chip nicht abhole, kann er nicht mitlaufen, und damit wären sechs Monate Training für die Katz gewesen. Außerdem wäre da noch das leichte Ungleichgewicht im großen Buch der Gefälligkeiten, also zwinge ich mich weiterzugehen.
Sonst leide ich ja nicht gerade an mangelndem Selbstvertrauen, aber auf diese Begegnung der dritten Art mit den herablassenden Blicken der Superfitten bin ich überhaupt nicht vorbereitet. Die kennen mich nicht und haben keine Ahnung, wie ich eine Vorstandssitzung rocken kann. Die wissen nichts von meiner umfangreichen Schuhsammlung und leben in Unkenntnis meines schicken Dot-Com-Palasts. Und sie haben mich auch nicht im Caddy vorfahren sehen. Die sehen bloß, wie viel Platz ich brauche.
Mit jedem Schritt spüre ich, wie Cellulite an meinen Armen, am Bauch und an den Waden sprießt. Schluss damit! Ich glaube, mein Kinn hat sich gerade vervielfacht und meine Oberschenkel blähen sich unaufhaltsam auf. Nein! Luft raus! Luft raus! Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich aus den Augenwinkeln mein eigenes Hinterteil sehen kann. Argh! Aufhören! Bilde ich mir das nur ein oder klingen meine Schritte wie die des Riesen, der am Anfang von Underdog durch die Stadt stampft? Und wie habe ich es geschafft, in nicht mal einer Stunde vom reiferen, aber durchaus noch sehr attraktiven ehemaligen Verbindungsschnittchen zum trampeligen Zeichentrickmonster zu mutieren?
Meine hippen, sexy Schlangenledersandaletten haben sich in der Zeit, als ich endlich zu
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