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Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Titel: Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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Taxi, nicht im Kleinbus für die Sonderschüler. Hat sie Angst, ich könnte in den Wandschrank pieseln, falls ich das Klo nicht finde? Am liebsten würde ich ihr das Nikotin aus dem Leib schütteln und brüllen: »Ich war mal im Geschäftsvorstand!«, doch das lasse ich lieber sein. Stattdessen notiere ich mir: Wenn die Natur ruft, sag ihr, Jerry kriegt gerade eine Massage, und hier ist meine Nummer.

     
    Kerzengerade sitze ich an meinem Schreibtisch, um den bestmöglichen ersten Eindruck zu hinterlassen, wenn Jerry ins Büro kommt. Kopf hoch, Schultern zurück, Bauch rein. Ich wirke souverän und professionell. Ich warte.
    Und warte. Und warte.
    Du lieber Himmel, ist das langweilig. Und so unbequem.
    Die Uhr an meinem Rechner kriecht im Schneckentempo voran, und es juckt mich in den Fingern, irgendwas zu tun. Ich kann einfach nicht mehr so tatenlos dasitzen, also erkundige ich mich bei den anderen Assistenten, ob die vielleicht ein bisschen Hilfe brauchen. Leider scheinen die ihre persönlichen Anrufe und das Nägelfeilen ganz gut allein hinzubekommen, danke nein. Entschuldigung, Ladys? Darum seid ihr Sekretärinnen und werdet es auch immer bleiben.
    Ich brauche eine Aufgabe, und wenn niemand mir eine geben will, dann muss ich mir eben selbst was einfallen lassen. Ja! Großartige Idee! So wird Jerry, wenn er ins Büro kommt, gleich sehen, was für ein fleißiger Selbstläufer ich bin, und bietet mir bestimmt auf der Stelle einen Platz in seinem Team an. Aber was könnte ich bloß tun?
    Mein Blick schweift durch den Raum. Die Kaffeekanne ist voll, der Kopierbereich aufgeräumt, der Gemeinschaftsarbeitsplatz ordentlich. Einzig Kathys Schreibtisch könnte ein bisschen Aufmerksamkeit gebrauchen, denn der ist das reinste Katastrophengebiet.
    Also beginne ich die Operation Reiner Tisch mit einer Desinfektionskampagne. Die Tastatur starrt vor Dreck, die möchte ich nicht benutzen, aus Angst, mir irgendeine ansteckende Krankheit einzufangen. Wie es aussieht, muss sie die letzten zehn Jahre jeden Tag ein Sandwich über dem Ding gefuttert haben. Mit Druckluft puste ich sie sauber, und die dreckverkrusteten Wollmäuse fliegen mir nur so um die Ohren. Nur mit Mühe kann ich meinen Würgereflex unterdrücken.
    Dann schrubbe ich den Schreibtisch, die Schubladen und Schränke mit der ungeöffneten Flasche Universalreiniger, die ich unter einem Stapel Monate alter Zeitungen in einer Ecke ihres Arbeitsbereichs ausgegraben habe. Das Küchenkrepp wird beim allerersten Abwischen kohlschwarz. Ich wette, sie ist krank, weil sie sich an ihrem Schreibtisch mit Ebola infiziert hat.
    Ich stapele die verstreuten Zeitschriften ordentlich auf, zupfe sämtliche verdorrten Blätter von ihrer Grünlilie und mache mich dann daran, die oberste Schreibtischschublade auszumisten. Säuberlich sortiere ich die zweiundsiebzig Salz- und Sojasoßen-Päckchen und teile sie in zwei Häufchen auf. 132 Dann ordne ich ihre Akten alphabetisch und reihe ihre Payless-Pipes-Zigarettenschachteln hübsch hintereinander am anderen Ende ihres Schreibtischs auf. Anschließend trete ich einen Schritt zurück und klopfe mir für mein herausragendes Organisationstalent selbst auf die Schulter. 133
    Nachdem alles erledigt ist, marschiere ich zur Toilette, um mir die Hände zu waschen und den Schweiß von der Stirn zu tupfen. Auf dem Weg zurück zum Büro werde ich von Pat angehalten, der ich glaubhaft versichere, dass ich bestimmt kein Problem dabei habe, meinen Schreibtisch wiederzufinden, wobei ich stumm hinzufüge: »Wenn man bedenkt, dass ICH FRÜHER IM FIRMENVORSTAND WAR.« Wobei sich Kathys Arbeitsplatz durch meine Säuberungsaktion tatsächlich so verändert hat, dass ich zunächst daran vorbeilaufe. Zufrieden mit meiner Arbeit werfe ich einen Blick auf die Uhr, um nachzusehen, wie viel Zeit ich damit totgeschlagen habe. Bestimmt müssen inzwischen etliche Stunden vergangen sein.
    Neun Uhr siebenundzwanzig.
    Das wird eine lange Woche.

     
    »Die Aushilfe soll das ablegen.«
    »Sag der Aushilfe, sie soll die Kopien für euch machen.«
    »Die Aushilfe kann das Zeug per Bote hinschicken.«
    »Frag mal, ob die Aushilfe uns einen Tisch reservieren kann.«
    »Die Aushilfe hat nichts zu tun – soll die das doch machen.«
    Ich heiße Jen, verdammt noch mal. Nicht die Aushilfe. Jen. J-E-N. Drei verfluchte Buchstaben lang und genauso geschrieben, wie es gesprochen wird – es kann doch wohl nicht so schwer sein, sich das zu merken, oder? Und warum reden die alle so langsam

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