Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
mindestens eine Viertelstunde gedauert haben, und das alles auf Kosten ihres Arbeitgebers. Was für eine blöde Kuh.
Diese Hassbriefe machen richtig Laune, aber die beste E-Mail bisher stammt von einer jungen Frau namens Heather. Wie es aussieht, möchte Heather sich um ein Praktikum bei diesem Unternehmen bewerben, weshalb sie auf die glorreiche Idee verfallen ist, eine E-Mail an eine allgemeine Kundenserviceadresse zu schicken statt an, na ja, sagen wir, die Personalabteilung oder vielleicht einen bestimmten Ansprechpartner.
Tja, ich habe ihr Anschreiben gelesen, und ich muss sagen, ich bin entsetzt. Nicht nur, dass es in drei verschiedenen Farben gehalten war (Fuchsia, Türkis und Schwarz), nein, sie hatte noch dazu drei verschiedene Schrifttypen verwendet, wodurch nur allzu deutlich wurde, dass sie die »besten Stellen« aus anderen Quellen kopiert hatte.
Oh Heather, ganz schlechter Stil.
Und kennen Sie diese vorformatierten Formbriefe von Microsoft Word, in die man bloß seine eigenen Kontaktinformationen einzufügen braucht? Man klickt die Stelle an, wo »Straße« steht, und dann gibt man die eigenen Adressdaten ein. Tja, Heather tut das allem Anschein nach nicht, denn sie wohnt in Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort. (Wobei ich an dieser Stelle erwähnen möchte, dass sie mit der Aussage für sich warb, (sic) »besonders detailverliebt« zu sein.
Heather muss eine vielbeschäftigte Frau sein, was daraus ersichtlich wird, dass sie den Brief in einer Rundmail herumgeschickt hat. Das weiß ich, weil man in der »An«-Zeile sämtliche Adressaten sehen kann. Darin aufgezählt die Adressen von mehr als zwanzig Unternehmen. Wow.
Wobei niemand besser weiß als ich, wie schweres heutzutage ist, einen Job zu bekommen, weshalb ich zunächst eine gewisse Sympathie für sie hegte. Ich nahm an, Heather müsse sicher ein Highschoolmädel sein, ohne große Erfahrung die Etikette bei der Jobsuche betreffend, weshalb ich ihr ein bisschen unter die Arme greifen wollte.
Darum öffnete ich ihren Lebenslauf auf der Suche nach ihren Kontaktdaten, um ihr einen freundlichen, informativen Brief à la »So wird Ihre Bewerbung effektiver« zu schicken.
Ein Blick auf ihre Anschrift verriet mir, dass sie in einem der kostspieligsten Chicagoer Vororte wohnt, wo die Immobilienpreise im siebenstelligen Bereich beginnen. Was mich etwas überraschte, denn dort in der Gegend sind die öffentlichen Schulen besser als die meisten Privatschulen. Obwohl sie es also eigentlich besser wissen sollte, entschied ich im Zweifel für die Angeklagte und wollte ihr trotzdem als barmherziger Samariter bei der Suche nach einem Praktikumsplatz helfen.
Und dann sah ich es.
Heiliger Strohsack.
Heather ist nicht auf der Highschool. Heather geht aufs College. Und sie hat nicht nur einen Bachelor-Abschluss von der University of Illinois in Englisch, sondern macht in einem Jahr ihren MASTER in Pädagogik.
Und die verschickt vor Rechtschreibfehler strotzende Bewerbungen im bequemsten aller Faulenzerformate.
Aus der Villa ihrer Eltern in North Shore.
Während ich hier für nicht mal 100 Dollar am Tag in einem Sklavenjob schufte, um Lebensmittel und Medikamente bezahlen zu können.
LÖSCHEN.
11
Zwangsräumung, mein A***
Webeintrag vom 01.07.2003
Alarmstufe Gelb
Vermisst wird: ein Gehweg, circa zehn Meter lang und einen Meter breit. Farbe: helles Betongrau. Zuletzt gesehen auf der Westside in Begleitung einiger Mitglieder der Roten Armee. Befindet sich möglicherweise in Gesellschaft zweier hellgrauer Zementstufen.
Finderlohn.
»Wenn du diesen Job bekommst, schicken wir Mike einen dicken Obstkorb mit allen Schikanen.«
Fletch kommt gerade von seinem zweiten Vorstellungsgespräch irgendwo am Stadtrand zurück, das einer seiner alten Kollegen für ihn eingefädelt hat. »Alles in allem habe ich ein ganz gutes Gefühl. Der Führungsstil des Geschäftsführers gefällt mir, und der Job ist viel weniger technikorientiert als mein alter. Ich hätte also den anderen Vertriebsingenieuren gegenüber einen Vorteil.«
»Und wie sieht es aus mit der Anfahrt?«
»Der Pendlerzug hält quasi direkt vor dem Komplex, das war also gar kein Problem.«
»Und der Weg mit dem Bus zur Bahnstation?«
»Kinderspiel.«
So eine Erleichterung! Ich hatte Sorge gehabt, er würde seinen Anschluss verpassen und nicht rechtzeitig zum Vorstellungsgespräch kommen. Auch wenn die Medikamente und die Therapie Wunder gewirkt haben, habe ich noch immer Angst vor
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