Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
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Danny schüttelte energisch den Kopf, und kleine Wassertropfen stoben aus seinen Haaren in alle Himmelrichtungen und hinterließen ein Tupfenmuster auf meiner Leinenshorts. Er quiekte und kreischte, während ich mit zusammengebissenen Zähnen tapfer weiterlächelte. (Jens Babysittergrundregel Nummer 421: Stets ein Lächeln im Gesicht, Zorn und Wut stehen dir nicht.) Entschlossen stellte ich die Kragen meiner im Lagenlook übereinandergezogenen Polohemden auf und legte kokett den Kopf schief – mein Markenzeichen, das Britney Spears später von mir geklaut hat.
Und ich sagte: »Bestimmt hast du gerade so viel Spaß, dass du gar nicht aufhören willst.« Woraufhin er noch ein bisschen mehr lachte und planschte, wobei er diesmal meine schicke Ray-Ban-Sonnenbrille vollspritzte, die ich zuhause von Todds Kommode gemopst hatte.
Mein Blick wanderte zu meiner billigen Timex-Uhr mit dem Ripsband. Ich musste dieses Balg aus dem Wasser bekommen, und zwar tout de suite, wenn ich den Abwasch, der sich im Spülbecken stapelte, noch in Angriff nehmen wollte. Mrs Bedlamskis Trinkgeld hatte ich schon fest eingeplant. Der Golflehrer unseres örtlichen Golfclubs hatte mir versprochen, ein ganz spezielles Polohemd von Izod für mich zurückzulegen, allerdings nur bis heute Abend.
Und das war kein gewöhnliches Polohemd. Es war bonbonrosa mit pastellgrünen Streifen, und statt eines öden ollen Strickkragens hatte es einen gestärkten blütenweißen Blusenkragen aus makellos gestärkter Baumwolle. Dieses Hemd war der Inbegriff von teuren Privatschulen und altem Geld und Sommerferien auf Martha’s Vineyard und Männerbünden, wie es sie in den weiten Ebenen im Nordwesten Indianas überhaupt nicht gab. Ich war mir ganz sicher, sobald ich dieses Shirt überzog, würde ich von meinen schmählichen Mittelklassewurzeln hinwegkatapultiert werden in ein anderes Universum. Bis zum heutigen Tag ist es das mit Abstand tollste Hemd, das ich je in meinem Leben gesehen habe. Und was das Beste war? Ich wusste, Shelly Decker würde grün und gelb werden vor Neid, wenn sie mich in dem Sahneteilchen sah.
»Danny, Herzchen« – womit ich eigentlich Schwachmat meinte -, »ich muss jetzt leider reingehen und du darfst nicht alleine schwimmen. Komm jetzt bitte sofort aus dem Wasser.« Er kicherte und kreischte und tauchte mit dem Kopf unter Wasser. Diesmal trafen die Tropfen mein Buch.
OH. NEIN. HAT. ER. NICHT.
Als er wieder auftauchte, um Luft zu holen, strich ich mir die Ponyfransen meines Pagenkopfs aus den Augen und band die karierte Schleife in meinen Haaren neu, damit meine Hände etwas zu tun hatten und nicht anfingen, den Hals dieser kleinen Teufelsbrut zu würgen. Zeit, schweres Geschütz aufzufahren … Jens Babysittergrundregel Nummer 578: Nicht aufregen, hart durchgreifen.
Also beugte ich mich zu ihm vor und flüsterte: »Danny, mein Junge, du kommst jetzt auf der Stelle da raus. Sonst nehme ich das Radio vom Tisch, werfe es ins Schwimmbecken und töte dich mit einem Stromschlag.«
Und wie dieser kleine Dreckskerl aus dem Wasser gehechtet ist.
Krass? Womöglich. Aber ich hatte den Abwasch erledigt, ein Extratrinkgeld bekommen, mir das Polohemd gekauft und es am ersten Schultag des elften Schuljahrs getragen. Und Shelly war tatsächlich außer sich, als sie mich sah. Dazu kam, dass – köstliche Ironie des Schicksals – meine beste Freundin Carol zur Chefredakteurin der Schülerzeitung ernannt worden war und mich zur neuen Chefin des Feuilletons machte. Meine erste Amtshandlung? Natürlich den Muffy-Comic einzustampfen.
Was Danny angeht, der ist inzwischen erwachsen, allerdings frage ich mich manchmal, ob es ihm nicht jedes Mal ganz anders wird, wenn er Schottenkaros sieht.
In einem großen Unternehmen geht es auch nicht viel anders zu als beim Babysitten. Alles eine Frage des Fingerspitzengefühls, wann es Zeit ist, die Schuhe auszuziehen und die Sache in die Hand zu nehmen. 27 Außerdem führen die meisten Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, sich auf wie ungezogene Kinder, weshalb der Übergang ins Berufsleben für mich quasi nahtlos vonstattenging. Kein Wunder, dass ich so einen durchschlagenden Erfolg habe.
Wobei ich zugeben muss, wenn man für ein nettes Unternehmen arbeitet, macht das die ganze Sache gleich wesentlich erquicklicher. Ich bin so viel glücklicher bei Corp. Com., als ich es bei Midwest IR je war. Die Arbeitsatmosphäre ist richtig angenehm und der Druck nicht annähernd so heftig, auch wenn ich
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