Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
wirklich gut als Gassigänger. Obwohl ich erst seit ein paar Wochen dabei bin, vertraut Katie mir bereits die schwierigeren Kategorie-zwei-Hunde an. Was eine große Ehre ist, denn normalerweise muss man mindestens sechs bis acht Wochen dabei sein, ehe man als ehrenamtlicher Gassigänger was anderes in die Hand gedrückt bekommt als die ruhigen, sanftmütigen, leichtführigen Hunde aus der ersten Kategorie. Ich habe mich schwer ins Zeug gelegt, weil mir viel daran gelegen ist, meine Sache gut zu machen, auch wenn ich nicht dafür bezahlt werde. Außerdem macht es einen Heidenspaß, Web-Girlie und Hippiemann alt aussehen zu lassen, die noch immer bei den handzahmen Schoßhündchen rumdümpeln.
Jetzt, wo ich die freie Auswahl unter den Hunden habe, zieht es mich magisch zu den Pitbulls. Früher habe ich die Medienhetze für bare Münze genommen und gedacht, alle Pitbulls seien von Natur aus unberechenbare Killermaschinen, aber das stimmt überhaupt nicht. Sie sind UNGLAUBLICH menschenbezogen und freuen sich über alles und jeden, sogar die, deren süße Hundegesichter voller Narben sind von Hunderten von grauenhaften Hundekämpfen. Sie sind nicht böse; sie haben bloß einen schlechten Ruf.
Florence habe ich mir heute bis zuletzt aufgehoben, um noch ein bisschen mehr Zeit mit ihr verbringen zu können. Sie ist ein bildhübscher grauer Pitbull mit einem breiten Honigkuchenpferd-Grinsen und kajalschwarz umrandeten Augen. Sie ist mein erklärter Liebling. Ich hatte mich in mein hübsches Kaschmir-Twinset geworfen, und für Florence hatte ich ein rosa Strasshalsband gekauft. Wir sehen also beide sehr stylish aus, wie wir bei unserem Spaziergang so die Gold Coast entlangschlendern.
Auf der Straße begegnen wir einem alten asiatischen Mann, der mit einem entsetzten Blick auf den gigantischen Kiefer und den kräftigen, muskulösen Körper des Hundes keucht: »Oh! Pitbull! Gefährlich!«, wobei er ängstlich vor uns zurückweicht.
»Nein, nein! Sie ist ganz lieb! Sehen Sie?« Zum Beweis beuge ich mich hinunter und drücke ihr einen dicken Schmatz auf die Schnauze. Der Mann lächelt und verbeugt sich höflich vor uns. Eine Straße weiter versucht sie dann zwar, einen Norwich Terrier zu zerfleischen, aber wer kann ihr das verübeln? Ich kann diese kleinen Kampfhamster auch nicht ausstehen. 73
Als meine Schicht zu Ende ist und Florence ungefähr ihr eigenes Körpergewicht an Hundekuchen aus der Gourmet-Hundebäckerei gefressen hat, gehe ich ins Büro, um meine Tasche zu holen. Der Raum ist derart vollgestopft mit Transportboxen, Futtersäcken, Decken und Spielzeug, dass ich Katie beinahe über-sehe, die mit gesenktem Kopf an ihrem winzig kleinen Schreibtisch sitzt.
»Katie, was ist los?«
»Ich habe gerade zugesagt, noch mehr Hunde aufzunehmen, doch wir haben überhaupt keinen Platz mehr. Keine unserer Pflegestellen kann einspringen, weil alle in den Osterferien wegfahren wollen. Ich habe die ganze Liste abtelefoniert, aber niemand kann mir helfen. Was soll ich bloß machen?«, fragt Katie den Tränen nahe. Ihre anfängliche Grobheit habe ich ihr längst verziehen. Sie ist bloß manchmal so unfreundlich, da sie alle herrenlosen Hunde retten will, und das geht eben nicht immer.
Aber heute vielleicht schon.
Ehe mir der Gedanke an meinen traumhaft schönen handgewebten neuen Teppich in zartem Creme und Beige kommt, bin ich schon damit herausgeplatzt. »Soll ich vielleicht welche mitnehmen? Ich meine, bloß bis ein Platz frei wird oder sie ein neues Zuhause finden?«
Katies Stuhl kippt krachend um, als sie auf mich zustürzt und mir heftig um den Hals fällt. Wir verabreden, dass ich später mit dem Auto wiederkomme, um einen Schäferhundwelpen und einen winzig kleinen Pitbull abzuholen. Mit dem Schäferhund war ich an dem Tag schon ein kleines Stück spazieren, und er war einfach zuckersüß! Er sah aus wie ein kleines Bärenkind, pechschwarz am ganzen Körper, bis auf ein paar kleine weiße Flecken an der Brust und am Po. Während ich im Taxi nach Hause fahre, überlege ich, dass es ja nur für ein paar Tage ist, und so klein, wie die sind, können sie bestimmt nicht allzu viel Schaden anrichten.
Stimmt’s?
Kosten für eine Teppichtiefenreinigung: 200 Dollar.
Kosten für den Ersatz beinahe brandneuer hochmoderner Lackleder-Stiefelchen mit Blockabsatz und Silberschnalle: 185 Dollar.
Kosten für die Reparatur sämtlicher offensichtlich köstlicher Tisch- und Stuhlbeine in der ganzen Wohnung: 490 Dollar.
Das Leben
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