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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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durch bürgerliche Unruhen zerstört wurden. Die gewöhnliche Art ihr Alter zu berechnen aber besteht darin, daß man sie frägt, an welche Könige oder große Personen sie sich erinnern können, und daß man alsdann die Geschichte nachschlägt. Dies Verfahren ist untrüglich, denn der letzte Fürst, an den sie sich erinnern, hat seine Regierung vor ihrem achtzigsten Lebensjahre nicht begonnen.
    Sie boten mir den scheußlichsten Anblick, der mir jemals vorgekommen ist; die Frauen waren aber noch furchtbarer anzusehen, wie die Männer. Neben den Entstellungen des Alters zeigten sie im Verhältniß zu ihren Jahren eine furchtbare Todtenfarbe, die ich nicht beschreiben kann, und unter einem halben Dutzend erkannte ich bald die ältesten, obgleich nicht mehr wie ein oder zwei Jahrhunderte den Unterschied ihres Alters abgaben.

    Der Leser wird mir sehr leicht glauben, daß mein Wunsch, eines fortwährenden Lebens auf Erden, sehr herabgestimmt wurde. Ich schämte mich herzlich der angenehmen Visionen, die ich mir gebildet hatte, und dachte mir, kein Tyrann könne einen so schmerzhaften Tod erfinden, daß ich denselben einem solchen Leben nicht vorziehen möchte.Der König hörte Alles, was zwischen mir und meinen Freunden bei dieser Gelegenheit vorgegangen war, und hatte die Güte, mich hierüber zu necken. Er wünschte, ich könnte ein paar Struldbruggs in mein Vaterland senden, um unser Volk gegen die Todesfurcht zu schützen; dies war aber, wie es schien, durch die Grundgesetze des Königreichs verboten, sonst hätte ich gerne die Last und die Kosten des Transports auf mich genommen.
    Ich mußte zugestehen, daß die Gesetze des Königreichs, in Betreff der Struldbruggs, auf Vernunftgründen beruhten, und daß jedes Land, unter ähnlichen Umständen, zu demselben Verfahren würde gezwungen werden. Da nämlich Geiz die nothwendige Folge des Greisenalters ist, so müßten diese Unsterbliche zuletzt die Eigenthümer des Vermögens der ganzen Nation werden und sich dadurch die Regierungsgewalt verschaffen, die sie aus Mangel an Fähigkeiten nicht ausüben könnten, so daß der Untergang des Staates die Folge seyn müßte.

Elftes Kapitel.

    Der Verfasser verläßt Luggnag und segelt nach Japan. Von dort kehrt er auf einem holländischen Schiffe nach Amsterdam und von dort nach England zurück.
    Ich habe geglaubt, mein Bericht über die Struldbruggs könne dem Leser einige Unterhaltung gewähren, weil er etwas Ungewöhnliches enthält. Ich erinnere mich wenigstens niemals etwas Aehnliches in irgend einer Reisebeschreibung, die mir in die Hände gekommen ist, gelesen zu haben. Habe ich mich getäuscht, so muß es zu meiner Entschuldigung gereichen, daß Reisende, welche dasselbe Land beschreiben, häufig bei denselben Umständen verweilen müssen, ohne den Tadel zu verdienen, sie hätten von ihren Vorgängern abgeschrieben.
    Es herrscht ein fortwährender Handelsverkehr zwischen diesem Königreich und dem Kaiserthum Japan. Somit ist es wahrscheinlich, daß die japanesischen Schriftsteller von den Struldbruggs etwas berichtet haben. Mein Aufenthalt in Japan aber war so kurz und ich war mit der Sprache so gänzlich unbekannt, daß ich nicht im Stande war, mich darnach zu erkundigen. Ich hoffe jedoch, die Holländer werden nach dieser von mir gegebenen Notiz neugierig und fähig seyn, meinen unvollkommenen Bericht zu erweitern.
    Seine Majestät hatte mich oft gebeten, eine Stelle an seinem Hofe anzunehmen, erkannte aber bei mir den festen Entschluß, in mein Vaterland zurückzukehren, und hatte darauf die Gnade, mir die Erlaubniß zur Abreise zu ertheilen, und mich mit einem eigenhändig geschriebenen Empfehlungsbrief an den Kaiser von Japan zu beehren. Seine Majestät schenkte mir ferner vierhundertvierundvierzig große Goldstücke (die ganze Nation findet viel Vergnügen an gleichen Zahlen) und einen rothen Diamant, den ich in England für elfhundert Pfund Sterling verkaufte.

    Am 6. Mai 1709 nahm ich von Seiner Majestät und allen meinen Freunden einen feierlichen Abschied. Der König war so gnädig, mir eine Garde bis nach Glanguenstala, dem königlichen Hafen an dem südwestlichen Theile der Insel, zu ertheilen. Nach sechs Tagen war ein Schiff nach Japan segelfertig, worauf ich fünfzehn Tage auf dieser Reise zubrachte. Wir landeten in einer kleinen Hafenstadt mit Namen Xamoschi, welche am südwestlichen Theile von Japan liegt; die Stadt ist auf der westlichen Spitze erbaut, wo eine schmale Meerenge nordwärts in eine Bucht

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