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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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den Indiern; ich wußte aber nicht, welche Richtung sie einschlugen, da ich als Gefangener in der Kajüte eingeschlossen war und stets ermordet zu werden befürchtete; eine Drohung, die mir häufig gemacht wurde.
    Am 9. Mai 1711 kam ein gewisser James Welch in meine Kajüte und sagte, er habe vom Kapitän Befehl, mich an's Ufer zu setzen. Ich machte ihm Vorstellungen, jedoch vergeblich. Er wollte mir nicht einmal sagen, wer denn der neue Kapitän sey. Man zwang mich, das lange Boot zu besteigen, erlaubte mir meinen besten Anzug anzulegen, der noch so gut als neu war, ein Bündel Wäsche, aber keine Waffen mitzunehmen, mit Ausnahme meines Hirschfängers. Auch erwiesen sie mir die Höflichkeit, meine Taschen nicht zu durchsuchen, worin ich mein Geld und kleine Bedürfnisse trug. Sie ruderten ungefähr eine Stunde und setzten mich dann auf einem Strande aus. Ich bat sie, mir zu sagen, in welchem Lande ich mich befände. Sie schwuren jedoch, dies eben so wenig, wie ich, zu wissen. Der Kapitän (wie sie ihn nannten) habe beschlossen, so bald die Ladung verkauft sey, sich meiner sogleich zu entledigen, wenn man Land entdecke. Sie stießen ab, riethen mir zu eilen, damit ich von der Fluth nicht überrascht würde und sagten mir Lebewohl. In diesem traurigen Zustande ging ich vorwärts und kam bald auf festen Boden, wo ich mich auf eine Erhöhung niedersetzte, um auszuruhen und zu überlegen, was ich am zweckmäßigsten beginnen könne. Als ich mich ein wenig erholt hatte, ging ich in das Innere des Landes und beschloß, mich den ersten Wilden zu überliefern, die ich anträfe, und mit Armbändern, Glasringen und anderem Spielzeug, womit sich die Seefahrer auf jenen Reisen zu versehen pflegen, und wovon ich einige bei mir trug, meine Sicherheit zu erkaufen. Das Land war durch lange Reihen von Bäumen, die jedoch nicht regelmäßig gepflanzt waren, sondern natürlich wuchsen, durchschnitten; auch befanden sich dort sehr viele Graswiesen und mehrere Haferfelder. Ich ging sehr vorsichtig, aus Furcht überrascht, oder von der Seite oder von hinten mit Pfeilen geschossen zu werden. Alsdann gelangte ich auf einen betretenen Pfad, wo ich viele Spuren von Menschenfüßen und auch von Kuhhufen sah, die meisten waren jedoch die von Pferdehufen. Zuletzt sah ich mehrere Thiere auf einem Felde, und eines oder zwei, von derselben Art, die auf Bäumen saßen. Ihre Form war sehr sonderbar und häßlich, so daß ich ein wenig aus der Fassung kam und mich hinter einen Busch legte, um sie besser zu beobachten. Einige kamen dem Platze näher, wo ich lag, und boten mir dadurch Gelegenheit ihre Form näher zu erkennen. Kopf und Brust war ihnen mit dickem Haar besetzt, einiges gelockt und anderes lang herabhängend. Sie hatten Bärte wie Ziegen, einen langen Haarstreifen auf dem Rücken und an den vorderen Theilen ihrer Beine; der übrige Theil ihres Körpers war entblößt, so daß ich die Haut erkennen konnte, welche von schmutzig dunklem Braun war. Sie waren nicht geschwänzt und hatten auch kein Haar an den hinteren Lenden, mit Ausnahme des Anus. Die Natur mußte diesen Körpertheil mit Haaren versehen haben, um sie zu schützen, denn ich sah, daß jene Geschöpfe sich in derselben Art setzten, wie auch niederlegten und auf den Hinterfüßen standen.

    Sie erklommen hohe Bäume so behend wie Eichhörnchen, denn sie besaßen starke und scharfe Klauen, welche in scharfen Haken endeten. Sie pflegten mit wunderbarer Behendigkeit zu hüpfen und zu springen. Die Weibchen waren nicht so groß wie die Männchen; sie hatten lang herabhängendes Haar auf ihren Köpfen, aber keines im Gesicht, so wie auf dem größeren Theile des übrigen Körpers. Ihre Brustspitzen hingen zwischen ihre Vorderpfoten und erreichten beinahe den Boden, wann sie gingen. Das Haar beider Geschlechter war von verschiedenen Farben, braun, roth, schwarz und gelb.

    Im Ganzen sah ich auf allen meinen Reisen niemals ein so unangenehmes Thier, welches mir eine ähnliche Abneigung erweckt hätte. Somit dachte ich, jetzt habe ich genug gesehen, stand voll Verachtung und Abscheu auf und folgte dem betretenen Weg, indem ich hoffte, er werde mich zu der Hütte eines Indiers führen. Ich war noch nicht weit gegangen, als ich einem jener Geschöpfe auf meinem Wege begegnete, welches geraden Weges auf mich zu kam. Als das häßliche Ungeheuer mich erblickte, verdrehte es alle Züge seines Gesichtes und starrte mich an, als habe es einen ähnlichen Gegenstand noch nie gesehen; alsdann kam es

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