Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
Vom Netzwerk:
anzuvertrauen! Sie hatten behauptet, den Wolf vertreiben zu können. Für immer und ewig. Ohne Schüsse. Nicht wie in Sachsen, wo vor einiger Zeit eine der Lausitzer Wölfinnen illegal erschossen wurde.
    Korbinian Nagel hoffte, dass man den Täter bald schnappen würde. Immerhin waren für solch einen Mord fünf Jahre Haft drin. Die würde er dem Kerl ohne Weiteres gönnen.
    Er sah wieder auf die gerissenen Schafe hinunter. Und nun das! Mit Licht und Lärm wollten sie dem Wolf, für den Fall, dass er sich tatsächlich auf Korbinians Weide wagen würde, den Appetit gründlich verderben. Wache wollten sie halten, hatten sie ihm angeboten, nachdem beim Nachbarn mehrere Tiere gerissen worden waren, in Schichten, seine Herde wäre nie auch nur eine Sekunde unbeaufsichtigt. Ha!
    Wütend tippte er die Handynummer ein. Das Mobiltelefon klingelte nicht weit von ihm entfernt.
    »Jetzt ist der faule Hund einfach eingeschlafen! Ich fasse es nicht. Der Typ verpennt das Massaker auf meiner Weide!«
    Korbinian stapfte los, um den jungen Mann zur Rechenschaft zu ziehen.
    »Wie kann einer nur bei dem nervtötenden Gebimmel weiterschlafen? Die heutige Jugend!«, empörte er sich.
    Es dauerte nicht lang und er stieß auf den glücklosen ›Wächter‹. Auch ein Unkundiger konnte ohne jeden Zweifel erkennen: Wolfgang Maul war weder eingeschlafen noch Opfer eines Amok laufenden Wolfes geworden.
    Korbinian Nagel ächzte. Jemand hatte Wolfgang kraftvoll den Schädel eingeschlagen. Während der Bauer, an eine Birke gelehnt, mit schwankender Stimme die Polizei verständigte, erkannte er Buchstaben an der Rinde der umstehenden Bäume. Blutige Lettern. Auch an der Birke, die ihn stützte.
    Er tippte vorsichtig mit dem Finger auf einen der Tropfen, die am Stamm hinuntergelaufen waren. Er war noch feucht.
    »DRRÖME? RÖMERD? Quatsch!«, murmelte er vor sich hin. Dann wurden seine Knie weich. In der richtigen Reihenfolge gelesen, ergaben die Buchstaben das Wort ›MÖRDER‹.

23
    Als Peter Nachtigall auf dem Weg ins Büro war, fiel ihm plötzlich ein, dass sie bei ihren Ermittlungen einen wichtigen Aspekt übersehen hatten.
    Er tippte auf die Kurzwahltaste für Albrecht Skorubski und schob das Handy in die Freisprecheinrichtung.
    »Guten Morgen! Wenn du so früh anrufst, hat das meist keinen erfreulichen Hintergrund. Gibt es etwa schon wieder einen Toten?«
    »Nein, da kann ich dich beruhigen. Aber wir müssen noch mal zu den Großeltern fahren. Mir ist noch was eingefallen.«
    »Aha. Und was?«
    »Wir wissen gar nicht, wie weit das Zimmer der Geschwister vom Arbeitszimmer des Großvaters entfernt ist. Konnte die Schwester die Schüsse hören? War das der Grund dafür, nach dem Bruder zu suchen?«
    »Es ist wirklich schade, dass die Kleine nicht spricht. Wie viel leichter wäre alles, wenn wir sie nur fragen könnten!«, murrte Skorubski.
    »Wir kriegen es auch so raus. Wir sind bei der Kriminalpolizei«, erinnerte ihn Nachtigall und lachte leise. »Lass uns hinfahren und nachsehen, welche der vielen ungeklärten Fragen wir dadurch beantworten können«, setzte er dann wieder ernst hinzu.

24
    Olaf Gieselke starrte die beiden frühen Besucher übellaunig an. »Sie? Wollen Sie uns nun ständig aufs Neue belästigen?«, fauchte er und riss die Tür so schwungvoll auf, dass sie krachend gegen einen Regenschirmständer stieß, der laut scheppernd umstürzte.
    »Wir würden uns gerne das Zimmer ansehen, in dem Ihre Enkel während der Ferien gewohnt haben.« Nachtigall bemühte sich um einen ruhigen, sachlichen Ton. Es war nicht notwendig, den Hausherrn auch noch zu provozieren.
    Der Großvater drehte sich kommentarlos um und stapfte davon, ohne zu kontrollieren, ob die ungebetenen Besucher ihm tatsächlich folgten. Er führte sie die Treppe hinauf über einen langen Flur, bog zweimal um rechtwinklige Ecken, erklomm weitere Stufen und blieb endlich abrupt vor einer weiß gestrichenen Holztür stehen.
    »Da!« Gieselke stieß die Tür weit auf, ohne hinzusehen. Der Raum war unerwartet groß und hell. Freundliches Orange reflektierte von den Wänden und nahm dem kalten Morgenlicht etwas von seiner Schärfe. An den gegenüberliegenden Stirnseiten standen die Betten, die Decken und Kissen unordentlich zerwühlt. Zwei Kommoden und Regale trennten den Raum optisch in zwei gleich große Bereiche.
    »Wir waren …« Der Großvater stockte, schluckte hart und begann erneut. »Wir waren seit Maurice’ Tod nicht mehr hier drin. Sie finden es also so vor, wie

Weitere Kostenlose Bücher