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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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anstrengenden nicht freien Samstag?«
    »Willst du das vielleicht selbst überprüfen?«
    Casanova und Domino sahen sich lange an. Wie auf ein geheimes Zeichen hin drehten sich beide um und trotteten ins Wohnzimmer, als sei ihnen die Unterhaltung ihrer Menschen nicht spannend genug. Doch das Manöver war ein taktischer Rückzug. Casanova rechnete nach diesem Geplänkel mit einer Fortsetzung des Begrüßungsrituals im Schlafzimmer. Wenn die Katzen nicht mehr zu sehen waren, würde bestimmt auch niemand mehr an den Schinken und die Salami denken, die in einer flachen Schale auf der Arbeitsfläche lagen.
    Es schlug die Stunde der Katzen!
     
    Mitten in der Nacht schreckte Nachtigall aus einem wirren Traum auf. Affen, groß und stark, hatten beschlossen, die Lausitz aus den Händen der Menschen zu befreien. Ihr Plan bestand darin, sich mit menschlichen Weibchen zu verpaaren und so eine fruchtbare und ausgesprochen widerstandsfähige Art entstehen zu lassen. Selbst in den 20-Uhr-Nachrichten wurde von übergriffigen Affen berichtet, die auch Schafe rissen, um sich ausreichend Eiweiß zuzuführen. Dabei gingen sie außerordentlich geschickt und trickreich zu Werke, ließen ihre Überfälle aussehen wie Wolfsangriffe.
    Gebannt starrte Nachtigall in die weit aufgerissenen Münder der Affen, sah deren furchterregende Zähne, die sie den Schafen in die Hälse schlugen, während sie die bedauernswerten Tiere mit ihren Pranken erwürgten. Das Gemetzel dauerte nicht lange. Blutverschmierte, zufriedene Primaten nahmen einige der Beutetiere mit sich und ließen den Rest der Herde auf der Weide zurück. Entstellte, dampfende, zerrissene Kadaver.
    Jules Baby! Er sah sein erstes Enkelchen in den Armen der überglücklichen Mutter, die es völlig verzückt anlächelte. Sie schien überhaupt nicht zu bemerken, dass mit ihrem Baby etwas nicht stimmte. Nachtigalls Entsetzen kannte keine Grenzen: Die Kleine trug einen rosafarbenen Strampler, sah ihren erschütterten Großvater aus blauen Augen voller Interesse an – und strich mit ihren haarigen Händchen über seine ausgestreckten Finger, krallte sich fest …
    »Peter!«
    Jemand rief seinen Namen aus weiter Ferne. Das hatte im Moment keinerlei Bedeutung. Das Atmen fiel ihm schwer. Er konnte sich von dem Anblick der winzigen Finger mit langen, dunklen Nägeln nicht losreißen. Jules Zeigefinger streichelte zärtlich das Gesichtchen und die Kleine grinste unwillkürlich. Sie entblößte spitze, kleine Zähne.
    Unruhig begann Nachtigall mit sich zu ringen. Er keuchte vor Anstrengung, sich zu einer Entscheidung durchringen zu müssen. Erkannte Jule denn nicht, dass dies unmöglich ihr Kind sein konnte? Als er in ihr glückliches Gesicht sah, kam er sich vor wie ein Verräter.
    »Peter!«
    Aber einer musste ihr doch die Wahrheit sagen, ihr die Augen öffnen! Endlich gelang es ihm, den Kopf zu heben. Über der Schulter seiner Tochter trafen seine Augen auf die Emiles. Der Profiler stierte voller Abscheu auf das behaarte Wesen in den Armen seiner Frau, auf sein Kind.
    Plötzlich geschah etwas Merkwürdiges. Nachtigall, der bis gerade eben auch noch von der Kleinen angewidert war, fürchtete plötzlich um das Leben seiner Enkelin. Sollte Emile etwa die Absicht haben …
    »Peter!« Conny hatte beide Schultern ihres Mannes gepackt und schüttelte ihn heftig. »Peter! Du träumst! Komm endlich zu dir!«
    Als er die Augen aufschlug, spürte er gleichzeitig eine unglaubliche Erleichterung und tiefe Angst.
    »Das muss ja ein toller Traum gewesen sein. Ich dachte schon, wir brauchen den Notarzt!« Er konnte hören, wie besorgt sie war.
    »Arzt bist du selbst«, gab er ächzend zurück.
    »Hautarzt«, erinnerte sie ihn und küsste ihn auf die Stirn. »Und nach einem Hautproblem sah es mir eher nicht aus.« Er bekam noch einen Kuss, diesmal auf die Nasenspitze.
    »Ich möchte bloß wissen, was meinem Hirn einfällt, so einen unglaublichen Mist zu generieren! Ich habe geträumt, Jules Baby wäre ein gesundes Schimpansenmädchen. Mit kleinen, spitzen Zähnen. Sie sah richtig gefährlich aus, wenn sie lächelte!«
    Dass Emile Mordabsichten hatte, ließ er besser unerwähnt, beschloss er. Seine Frauen waren von diesem geschniegelten Kerl so beeindruckt, dass jedwede Kritik an ihm als Sakrileg empfunden wurde.
    Conny lachte leise. »Kannst du weiterschlafen? Es ist – wenn dich das beruhigt – nicht zu erwarten, dass in der nächsten Zeit in dieser Familie ein Affe geboren wird, dem man das auch

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