Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
er.
»Ehrenwort.« Wieder hatte sie sich wegen ihm zum Narren gemacht.
Lucy wandte ihm den Rücken zu und zog den Reißverschluss des Koffers auf, den sie am Abend zuvor erst ausgepackt
hatte. Sie hörte, wie Quinn sich über den Flur entfernte. Wenige Augenblicke später wurde das Wasser in der Dusche angestellt. Sie schloss die Tür und setzte sich aufs Bett. Sie sah nur noch verschwommen und wischte sich die Augen mit dem Ärmel ihres Morgenmantels. Sie wollte nicht weinen. Quinn sollte sie nicht weinen sehen.
Sie dachte an den gestrigen Abend und an seine Liebkosungen. Sie verglich die Gefühle, die er gestern in ihr ausgelöst hatte, mit denen heute. Sie ließen sich einfach nicht miteinander vereinbaren. Sie passten nicht zueinander. Die Freude und der Schmerz, Quinn zu lieben, von einem Extrem ins andere zu fallen, waren einfach zu viel für sie.
Sie horchte, ob das Wasser noch lief, und als es abgedreht wurde, trat sie an die kleine Frisierkommode. Sie öffnete die oberste Schublade und entdeckte darin die weiße Bluse und den pinkfarbenen Slip, die sie in der Nacht zuvor verloren hatte. Beides war gewaschen, zusammengelegt und ordentlich in der Schublade verstaut worden. Sie nahm die Bluse und schnupperte daran. Sie duftete wie Quinns Hemden. Wieder verschwamm alles, und sie wischte sich mit dem Handrücken die Augen. Trotz der anderen Dramen in ihrem Leben nahmen Quinn und ihr gebrochenes Herz in ihren Gefühlen den größten Raum ein. Es war verrückt, aber nicht zu leugnen.
Vor ihrer geschlossenen Tür hörte sie Quinns Schritte. Er blieb kurz stehen und lief dann weiter den Flur entlang. Kurze Zeit später hörte sie, wie sich das Garagentor öffnete und sein Jeep wegfuhr. Sobald er zurück war, wäre sie abfahrbereit.
Lucy legte ihren schwarzen BH mit passendem Slip, eine
khakifarbene Bluse und ein schwarzes T-Shirt auf die Frisierkommode und schmiss den Rest ihrer Klamotten zurück in den Koffer. Dann öffnete sie die Tür, und Millie folgte ihr ins Bad.
»Raus«, befahl sie. Millie legte sich hin und sah mit traurigen Augen zu ihr auf. »Na schön«, murmelte Lucy. Sie sprang unter die Dusche und wusch sich von Kopf bis Fuß. Als sie fertig war, stieg sie über Millie und putzte sich die Zähne und föhnte ihre Haare. Sie band sich einen Pferdeschwanz, und als Quinn zurückkam, saß sie gestiefelt und gespornt auf seiner Ledercouch und wartete auf ihn.
Sein Gesicht wirkte starr und entschlossen, und sein Kinn sah so angespannt aus, als würde es gleich zerspringen. Er trug eine Jeans und ein weißes Hemd. Sie sprang auf, weil sie glaubte, über die neuen Sicherheitsvorkehrungen in Kenntnis gesetzt zu werden. Stattdessen nahm er ihre Hand und legte zwei kleine Kassetten hinein. »Was ist das?«
»Die Videobänder, die in der Nacht aufgenommen wurden, als das Haus verkabelt war.«
Überrascht blickte sie auf. Er hatte sein Cop-Gesicht aufgesetzt, die ausdruckslose, unbewegliche Miene, die ihn hart wirken ließ. Abgesehen von seinen dunklen Augen. Aus seinem Blick konnte er seine Emotionen nicht tilgen. Sie flackerten unter der Oberfläche, heiß und lebendig, und dazu noch etwas, das er nicht so kontrollieren konnte wie sein starres Kinn. »Woher hast du die?«
»Frag nicht.« Er ließ die Hand wieder sinken.
»Hast du sie offiziell mitgenommen oder so?«
Er schaute sie eine Ewigkeit an, bevor er sagte: »Nein.«
»Quinn?« Er starrte sie nur an, und diesmal wusste sie,
dass er ihr nicht antworten würde. Warten hatte keinen Zweck, aber das brauchte sie auch nicht. Sein Schweigen sprach Bände. Er hatte sie aus dem Beweisraum gestohlen. Für sie. »Und wenn sie vermisst werden? Kriegst du dann keinen Ärger? Oder wirst gar gefeuert?«
Er starrte sie nur weiter an.
»Wird keinem auffallen, dass sie weg sind?«
»Wahrscheinlich schon. Je weniger du darüber weißt, desto besser.«
»Was soll ich damit anstellen?«
»Was du willst. Aber ich würde dir empfehlen, sie zu vernichten und zu vergessen, dass du sie je gesehen hast.«
»Ist das nicht Vernichtung von Beweisen?«
Er zuckte mit einer Schulter. »Streng genommen ja.«
Sie schaute entgeistert auf die Kassetten. »Bist du auch sicher, dass es die richtigen Bänder sind?«
»Sie waren beschriftet, deshalb bin ich mir ziemlich sicher.«
»Aber nicht hundertprozentig.«
»Willst du sie sehen?«
Eigentlich nicht, aber sie wollte sichergehen, dass die richtigen Bänder in ihrem Besitz waren. Sie gab sie ihm zurück. »Ja.«
Er
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