Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund
auch nur annähernd in Ordnung zu halten. In beiden Fällen liegt meist eine ernst zu nehmende Störung vor, und in solchen Fällen kann professionelle Hilfe ratsam sein.
Fragen an Sie und Ihren Schweinehund:
In welchen Lebensbereichen hindert Sie Ihr Schweinehund, Ordnung zu halten und für Sauberkeit zu sorgen? Und wieso gerade in diesen Fällen?
Wo hat er dagegen keinerlei Probleme mit Ihrer Sauberkeit und Ordnung? Und warum?
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Ihr Schweinehund Sie auch in Zukunft in Ruhe aufräumen und putzen lässt – oder es zumindest erlaubt, dass jemand für Sie aufräumt und putzt?
|90| Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit
Wage es, weise zu sein: beginne! Wer die
Stunde, richtig zu leben, aufschiebt, gleicht
dem Bauern, der darauf wartet, dass der Fluss austrocknet, bevor er ihn überquert. Doch er
fließt weiter und wird es ewig tun.
Horaz
Es ist wie verhext. Sobald Vorstandsassistentin Cornelia einen Abgabetermin bekommt, verspürt sie einen unwiderstehlichen Drang, diesen nicht einzuhalten. Wenn es um faule Ausreden geht, wird sie richtig kreativ: Einmal muss sie dringende andere Dinge erledigen, das nächste Mal bereitet der Computer Probleme, dann sind Unterlagen nicht auffindbar. »Wenn ich das nicht in den Griff bekomme, bin ich meinen Job bald los«, fürchtet sie.
Bei vielen Menschen mag der innere Schweinehund Abgabetermine nicht, insbesondere dann nicht, wenn sie seinem Herrchen oder Frauchen ohne Absprache vorgesetzt werden. So etwas kränkt seinen Stolz, und deshalb stellt er sich quer. Er möchte seine Autonomie zeigen – und manchmal möchte er dem anderen auch einfach eins auswischen.
Mit der Zuverlässigkeit hat der Schweinehund auch deshalb Probleme, weil er lieber der Lust folgt als der Pflicht. Die momentane Befindlichkeit ist immer wichtiger als die Vereinbarung. Manchmal ist er auch zu feige, einen vereinbarten Termin rechtzeitig abzusagen. Dies alles hindert ihn aber nicht daran, gekränkt zu sein, wenn sich ein anderer nicht an eine gemeinsame Vereinbarung hält.
Mit der Tugend der Pünktlichkeit steht der Schweinehund ebenfalls auf Kriegsfuß. Denn dazu ist vorausschauendes Handeln notwendig: rechtzeitig Vorbereitungen treffen, rechtzeitig das Haus verlassen, eventuelle Verzögerungen von vornherein einplanen. Der Schweinehund aber lebt nur im Augenblick. Deshalb sind Vorhaben |91| wie »an jedem Abend den nächsten Tag planen« an sich eine prima Idee – für den Schweinehund aber eher eine Zwangsjacke.
Der Hang zur Unpünktlichkeit ist jedoch nicht nur ein Zeichen von Gedankenlosigkeit des Schweinehundes – er ist auch ziemlich rücksichtslos. Denn wer seine Zeit bis zur letzten Sekunde für sich selbst nutzt (und sei es zum Herumwursteln) und dabei in Kauf nimmt, dass ein anderer warten muss, der hält unbewusst seine eigene Zeit für wertvoller als die des anderen. Hier zeigt sich, wie egozentrisch und respektlos manche Schweinehunde eingestellt sein können.
In Sachen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit fallen dem Schweinehund regelmäßig folgende Ausreden ein:
»Ich konnte doch nichts dafür, die Umstände waren so schwierig.«
»Andere halten sich auch nicht an Termine.«
»Ein paar Minuten Verspätung machen doch niemandem etwas aus.«
»Was kümmern mich heute meine Zusagen von gestern?«
»Ich lasse mich von niemandem hetzen.«
Fragen an Sie und Ihren Schweinehund:
Wann lässt Sie Ihr Schweinehund typischerweise zu spät kommen? Wofür könnte das aus seiner Sicht gut sein?
In welchen Fällen hat er dagegen keinerlei Probleme mit Ihrer Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit? Warum gerade bei diesen Angelegenheiten?
Wie können Sie Ihren Schweinehund dazu bringen, dass er Sie häufiger pünktlich und zuverlässig handeln lässt?
|92| Disziplin und Pflichtbewusstsein
Das Muss ist hart – aber beim Muss kann der Mensch allein zeigen, wie’s
inwendig mit ihm steht.
Willkürlich leben kann jeder.
Johann Wolfgang von Goethe
»Brrrrrr!«, schüttelt sich der Schweinehund und möchte am liebsten, dass Sie gleich weiterblättern. Disziplin! Pflicht! Etwas Furchtbareres kann sich Ihr kleiner Begleiter überhaupt nicht vorstellen. Beide Begriffe klingen nach Zwang, nach Fremdbestimmung – und das mag der Schweinehund nun schon gar nicht. Der abstrakten Idee der »Pflicht« ist der Schweinehund ohnehin nicht zugänglich. Er denkt an militärischen Drill, an Lehrer mit Rohrstock, und würde er den großen Denker
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