Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund

und schrieb ihr, dass ihn nach all den Jahren die Reue gepackt habe. Nicht zuletzt, weil er damals ein so gutes Zeugnis bekommen hatte.
    25 Jahre! Das zeigt, mit welcher Beharrlichkeit der innere Schweinehund gegen das schlechte Gewissen ins Feld zieht. Er kann es nur sehr schwer ertragen, wenn sein Mensch sich selbst einen Fehler eingesteht, und noch weniger, wenn er diesen auch noch wiedergutmachen will. Das Beispiel – es geht zurück auf eine Meldung der Deutschen Presseagentur – zeigt aber auch, dass dies durchaus möglich ist, auch wenn es manchmal etwas länger dauert. Die Tochter des ehemaligen Chefs schrieb übrigens zurück: »Mein Vater würde Ihnen die Jugendsünden vergeben.«
     
    2. Auf den eigenen Vorteil verzichten. »Der Ehrliche ist der Dumme!«, sagt der innere Schweinehund. Und hat er nicht auch |108| Recht damit? Warum nicht eine ordentliche Summe Steuern sparen, wenn man hier und da nur ein wenig trickst? Warum nicht bei einer Prüfung nur ein wenig schummeln, wenn dies doch dem eigenen Berufserfolg nachhaltig nutzt? Die Liste ließe sich endlos verlängern. Im Einzelfall ist ein ordentliches Maß an Klugheit und Tapferkeit erforderlich, um herauszufinden, wo man wirklich ehrlich handeln kann und soll.
     
    3. Klartext sprechen. Der Schweinehund ist ein feiger Hund. Klartext spricht er nur ungern – das könnte ja unangenehm werden. Manchmal ist es jedoch notwendig, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Das kann ein ehrliches Feedback sein, das einem Schüler oder Mitarbeiter, einem Dienstleister oder Künstler sagt, dass seine Leistung miserabel war. Schwer genug! Noch schwieriger ist es, unangenehme Wahrheiten innerhalb der eigenen Familie auszusprechen. Im Einzelfall gilt es sehr genau abzuwägen, ob reden oder schweigen besser ist – denken Sie nur an die Themen Liebe, Vaterschaft, Adoption. Entscheiden Sie mithilfe von Gefühl und Verstand, der Schweinehund allein ist kein guter Ratgeber.

    Fragen an Sie und Ihren Schweinehund:
     
Wo nehmen Sie und Ihr Schweinehund es mit der Ehrlichkeit nicht so genau? Womit rechtfertigen Sie sich das innerlich?
Wo ist Ihnen dagegen Ehrlichkeit besonders wichtig? Und warum?
|109| In welchen Fällen würden Sie gerne in Zukunft noch ehrlicher agieren, und was könnte Sie dabei unterstützen?
    Humor
Verstand und Genie rufen
Achtung und Hochschätzung hervor;
Witz und Humor erwecken
Liebe und Zuneigung.
 
David Hume
    Wer Humor hat, blickt aus Entfernung auf die Welt und auf sich selbst – dadurch relativiert sich vieles. Es wird dadurch klein , aber nicht im Sinne von bedeutungslos , sondern eher komisch, kurios , skurril oder sogar grotesk . Wer Humor hat, erkennt zwar den Ernst der Lage und das Schwergewicht der Bedeutungen, lässt sich davon aber nicht einschüchtern. »Ich frage mich ständig«, sagt etwa Woody Allen, »ob es ein Leben im Jenseits gibt und ob man mir dort einen 20-Dollar-Schein wechseln kann.«
    Der Humor macht sich lustig. Er hält uns den Ernst des Lebens vom Leib, wie ein Regenmantel uns die Nässe vom Leibe hält, und macht sich, das ist entscheidend, schlussendlich auch noch über sich selbst lustig. Der große Humorist Heinz Erhardt hat dies in einem treffenden Vergleich dargestellt: »Glücklich ist der Mensch zu preisen, der – angetan mit einem Regenmantel – durch den strömenden Regen geht und das Gefühl hat, durch meinen Mantel geht nichts durch. Dieser Mensch hat Humor! Humor ist nichts anderes als ein undurchlässiger Regenmantel, und es ist nur bedauerlich, dass Regenmäntel immer so verregnet aussehen.« 13
    Der Humor sticht nicht mit spitzer Zunge, wie der Spott, der das verachtet, was er angreift. Der Humor entwaffnet mit einem Lächeln, weil er das hochschätzt, worüber er lacht. Der Spötter ist bitter, der humorvolle Mensch ist fröhlich. Er lacht über die eigenen |110| Sorgen, die eigene Angst, die eigene Eitelkeit und Endlichkeit. (»Langsam bekomme ich Angst vor dem Alter«, sagte kürzlich die 87-jährige Mutter einer Bekannten.) Und über die eigenen Gewohnheiten, die so wichtig scheinen wie etwa die Zubereitung eines feiertäglichen Festmahls. »Nilpferd in Burgunder« empfiehlt Vicco von Bülow zu derartigen Anlässen: »Nilpferd waschen und abtrocknen, in passendem Schmortopf mit 2 000 Litern Burgunder, 6 bis 8 Zwiebeln, 2 kleinen Mohrrüben und einigen Nelken 8 bis 14 Tage kochen, herausnehmen, abtropfen lassen und mit Petersilie servieren.« 14
    Warum ist Humor überhaupt eine Tugend,