Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund
mögen Sie einwenden? Nun, er ist so etwas wie ein komischer Verwandter der Kardinaltugenden. Weil Humor von der eigenen vermeintlichen Wichtigkeit Abstand verschafft, hat er etwas mit besonnenem Maßhalten zu tun. Er ist nicht denkbar ohne Klugheit, weil er der Wahrheit mit klarem Blick ins Gesicht sieht und nichts zu beschönigen oder zu verharmlosen versucht. Humor ist auch eine Variante der Tapferkeit, weil er sich vom Ernst der Lage nicht unterkriegen lässt. Er verzweifelt nicht. Er basiert auf Liebe und Respekt, weil er das achtet, worüber er lacht (anstatt zu verachten und zu verlachen, wie der Spott oder der Sarkasmus).
Vielleicht ist der eine oder andere damit nicht einverstanden und muss bei »Humor« zu sehr an Witze denken, die eigentlich gar nicht so komisch sind. Dann können Sie möglicherweise mehr mit dem Begriff der »Heiterkeit« anfangen. Sie meint Freiheit von Trübsinn und Sorgen, ein fröhliches Herz. Nicht aus Einfältigkeit, sondern aus einer heiteren Grundstimmung heraus.
Der innere Schweinehund, so wie er in diesem Buch skizziert wird, ist als heitere und humorvolle Figur für Sie gedacht. Ihm selbst geht freilich der Humor häufig ab, weil er vieles viel zu ernst und wichtig nimmt. Insbesondere:
1. Sich selbst. Der Schweinehund schlägt laut an, wenn seinem Herrchen vermeintlich Unrecht getan wird. Schließlich ist es seine |111| Hauptaufgabe, für dessen Wohlergehen zu sorgen! Deshalb nimmt er sich selbst und seinen Menschen außerordentlich wichtig und ist oft nicht in der Lage, die komische Seite einer Situation zu erkennen – dabei kann man vielen ärgerlichen oder peinlichen Geschehnissen eine durchaus komische Komponente abgewinnen.
Zwei Privatpatientinnen teilen sich ein Zimmer im Krankenhaus. Beide haben eigentlich Anspruch auf ein Einzelzimmer, die Abteilung ist aber derzeit so überfüllt, dass keine Einzelzimmer zur Verfügung stehen. In der Nacht vor der Entlassung der beiden stürmt eine Krankenschwester ins Zimmer, rückt mit lautem Getöse Koffer und Stühle und schiebt eine dritte Privatpatientin samt Bett in den engen Raum, die ebenfalls mit einem Einzelzimmer gerechnet hatte. »Eine Unverschämtheit!«, lässt ihr Schweinehund die eine Patientin rufen. »Ich werde mich beschweren!« Als sie sich in ihren Ärger so richtig hineinsteigert, nimmt die andere Patientin ihr den Wind aus den Segeln: »Willkommen! Hier ist das Gedränge zwar groß, aber erstklassig.«
Wenn es einem gelingt, in schwierigen oder ärgerlichen Situationen Humor zu entwickeln, verändert man zwar nicht die Tatsachen, aber die emotionale Wahrnehmung und kann so psychologische Ressourcen aktivieren, um sogar mit Krisen anders umzugehen. Der innere Schweinehund ist dabei allerdings keine große Hilfe, im Gegenteil: Humor ist etwas, was er wahrlich noch lernen muss.
2. Den Ernst der Lage. Der Schweinehund lässt sich vom Ernst einer Lage tendenziell niederdrücken. Er jault, jammert und bemitleidet sich selbst, während der humorvolle Mensch den Ernst der Lage zwar erfasst, aber darüber scherzt und beherzt zur Tat schreitet.
Irene gönnt sich einen Theaterbesuch. Aufgrund des herrlichen Sommerwetters legt sie den Weg dorthin in ihrem neu gekauften Abendkleid zu Fuß zurück. Auf dem Heimweg wird sie jedoch von |112| einem plötzlichen Gewitterguss überrascht, der sie bis auf die Haut durchnässt. Ihre Freundin schreit entsetzt: »Mein Gott, dein neues Kleid!« – »Ach was«, erwidert Irene«, »irgendwann muss ich es sowieso waschen, und duschen wollte ich vor dem Schlafengehen sowieso noch.«
3. Den Geist der Zeit. Über den Zeitgeist lässt sich trefflich schimpfen, klagen und sogar weinen. Man kann Pamphlete darüber schreiben und moralinsaure Reden schwingen. Dem inneren Schweinehund gefällt so etwas sehr gut. Man kann es aber auch wie die großen Humoristen seit der Antike halten, die die Probleme ihrer Zeit jeweils mit Scharfsinn analysierten und aufs Korn nahmen. In diesem Sinne noch ein Zitat von Heinz Erhardt:
»Seit frühester Kindheit, wo man froh lacht,
verfolgt mich dieser Ausspruch magisch:
Man nehme ernst nur das, was froh macht,
das Ernste aber niemals tragisch.«
Fragen an Sie und Ihren Schweinehund:
Bei welchen Gelegenheiten fällt Ihrem Schweinehund Humor am schwersten? Warum lässt er in diesen Fällen nicht zu, dass Sie auf die Ressource Ihrer inneren Heiterkeit zurückgreifen?
|113| Bei welchen Situationen hat er dagegen keinerlei
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