Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund
Probleme, wenn Sie humorvoll reagieren? Und woran könnte das liegen?
Was können Sie dafür tun, die Welt öfter auch von ihrer komischen Seite zu sehen?
Dankbarkeit
Die Dankbarkeit ist von allen Tugenden
am meisten zu loben.
Giovanni Boccaccio
»Danke!« – dieses kleine Wort kommt Kindern oft schwer über die Lippen. Auch Erwachsene tun sich häufig sehr schwer damit. Warum? Wer dankbar ist, der teilt. Und teilen ist schwer, auch wenn es sich nicht um materielle Güter handelt, sondern »nur« um ein Gefühl. Es ist das Gefühl der Freude. »Ja, ich habe etwas bekommen, über das ich mich sehr gefreut habe. Ich teile diese Freude mit dir.«
Der Schweinehund behält manchmal die Freude lieber für sich. Er hütet sie sogar eifersüchtig. Es könnte ja jemand kommen und sie ihm streitig machen! Damit bringt er sich selbst um etwas – geteilte Freude ist doppelte Freude –, und er beleidigt überdies auch noch den, der es gut mit ihm gemeint hatte.
Wenn es um Dankbarkeit geht, ist der Schweinehund überaus skeptisch. Er verwechselt Dankbarkeit nämlich allzu oft mit einer Verpflichtung. Doch dies ist ein Fehlschluss! Versucht jemand, Sie mit üppigen Geschenken oder aufdringlichen Hilfeleistungen günstig zu stimmen, dann geht es nicht um Dankbarkeit, vielmehr handelt es sich um Berechnung, und dann haben Sie jede Berechtigung, sich vor derartigen Übergriffen zu schützen, statt dankbar sein zu müssen.
Zwiespältige Gefühle bereitet die Dankbarkeit außerdem, weil viele Schweinehunde nur deshalb »Danke!« sagen, um noch mehr |114| zu bekommen. Doch auch das ist hier nicht gemeint, dies ist keine echte Dankbarkeit, sondern wiederum nur Berechnung; eine kalkulierte, gekünstelte Höflichkeit.
Dankbarkeit ist eine ganz große Tugend – und eine wertvolle obendrein. Stefan Zweig hat sie einmal als Kunst bezeichnet. Er schrieb: »Dankbar sein ist leicht. Aber danken ist eine große Kunst und schwer, wie jede Kunst, zu meistern.«
Das liegt daran, dass sie alle Kardinaltugenden erfordert: das Maß und die Klugheit, um für die Dankbarkeit die richtige Form zu finden (ein zu üppiges Gegengeschenk beschämt denjenigen, der zuerst geschenkt hat.) Den Mut, um aus dem eigenen Stolz und der Selbstverliebtheit herauszutreten. Und einen Sinn für Gerechtigkeit, damit Dankbarkeit nicht mit Gefälligkeit verwechselt wird.
Aus folgenden Gründen fällt dem Schweinehund die Dankbarkeit so schwer:
1. Er mag sich nicht erniedrigen. Wer Dankbarkeit zeigt, der sagt: »Ja, ich habe das, was du mir aus reinem Wohlwollen gegeben hast, sehr gut gebrauchen können. Es hat mir gutgetan. Es hat mir geholfen. Es hat mir Freude gemacht.« Er macht also, gewissermaßen, einen Knicks oder einen Diener gegenüber demjenigen, dem er dankbar ist.
Der Schweinehund kann dabei aber das Gefühl haben, sich zu erniedrigen und gegenüber dem Gebenden in einer schwächeren Position zu sein. Daher scheut er sich von Herzen, Danke zu sagen.
2. Er hat Angst vor Verpflichtungen. Wer sich bedankt, erkennt damit an, etwas bekommen zu haben, und häufig entsteht damit eine innere Verpflichtung, dies in gleicher Münze zurückzuzahlen, sprich: ebenfalls etwas für den anderen zu tun. Das mag sogar berechtigt und tugendhaft sein, doch der Schweinehund in uns scheut Verpflichtungen, und so meint er manchmal irrigerweise, ohne Dankesbekundung entfalle auch die gebotene Gegenleistung.
|115| 3. Er ist oft zu faul. Zum Telefon zu greifen, um »Danke!« zu sagen, das ist dem Schweinehund schon zu anstrengend. Um einen schönen Dankesbrief zu schreiben, muss man sich sogar richtig Zeit nehmen. Das Gleiche gilt für das Aussuchen und Überbringen eines Blumenstraußes. Nein, so etwas schiebt der Schweinehund so weit auf die lange Bank, bis es hinten hinunterkippt und in Vergessenheit gerät.
Fragen an Sie und Ihren Schweinehund:
Wem gegenüber fällt es Ihnen besonders schwer, dankbar zu sein? Was sind dabei die Einwände Ihres Schweinehundes?
Wo fällt es Ihnen dagegen leicht, Ihre Dankbarkeit zu zeigen? Zu welcher Gelegenheit?
Mit welchen Mitteln könnten Sie Ihren Schweinehund überzeugen, häufiger mitzumachen, wenn es darum geht, Ihre Dankbarkeit zu zeigen?
|116| Zum Abschluss dieses Kapitels haben Sie nun noch die Gelegenheit zu einem persönlichen Tugendcheck aller vorher genannten Tugenden. Erlauben Sie sich, spontan und ohne Anspruch auf endgültige Richtigkeit, Ihre Einschätzung anzukreuzen. Das Ergebnis wird weder
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