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Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund

Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund

Titel: Gut und richtig leben mit dem inneren Schweinehund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco von Muenchhausen
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    Zwei konkurrierende Wissenschaftler müssen jeweils in kurzer Zeit eine erhebliche Menge Daten auswerten. Würden sie ihre Ressourcen |135| vereinen und sich gegenseitig helfen, dann verkürzte sich die Rechenzeit auf jeweils eine Woche. Rechnet jeder für sich, braucht jeder drei Wochen. Effektiv sparen also beide jeweils eine Woche Arbeit, wenn sie ihr eigenes Projekt in einer Woche berechnen und den Kollegen eine weitere Woche lang unterstützen. Doch derjenige, der zuerst bei der Datenauswertung hilft, kann nicht sicher sein, ob der Kollege nach Abschluss der eigenen Arbeit seine Unterstützung der anderen Arbeit nicht doch noch zurückzieht. Also verzichten beide auf die Kooperation.
     
    Das gleiche Ergebnis: Kluges Handeln führt nicht zum optimalen Ergebnis, besser wäre es gewesen, wenn sich beide an die Tugend der Hilfsbereitschaft gehalten hätten. Tugendhaftes Handeln ist tatsächlich also klüger als ein kühl kalkulierendes Handeln. Anders gesagt: Wer gut und richtig handelt, handelt nicht gegen, sondern oft sogar im Sinne seines Interesses.
    Dass es trotzdem nicht dazu kommt, liegt im großen Misstrauen der Schweinehunde begründet. Wenn es um viel geht, reden sie ihrem Menschen die Hilfsbereitschaft lieber aus, um ihn vor der Gerissenheit ihrer Schweinehund-Kollegen zu schützen.
Logisch ist Tugend klug. Faktisch sieht die Sache leider manchmal anders aus.
    4. Argument: Tugend verbindet
    Der Mensch braucht Gemeinschaft – und Gemeinschaft braucht Tugend.
    Denken Sie nur an eine Familie, in der eins der Geschwister nicht bereit ist, sich an den gemeinsamen Arbeiten zu beteiligen, und sei es nur so etwas Einfaches wie Geschirr abtrocknen. Der kleine  |136| Schweinehund lacht sich vielleicht ins Pfötchen, wenn er sich mit einer Ausrede einmal wieder aus der Affäre gezogen hat, aber die Gemeinschaft leidet letztendlich unter diesem Verhalten. Und besonders beliebt wird der Drückeberger wohl auch nicht sein.
    Oder denken Sie an ein Unternehmen, in dem eine Mitarbeiterin regelmäßig kleinere Beträge aus der Kasse »mitgehen« lässt. Während ihr habgieriger und unehrlicher Schweinehund Freudentänze aufführt, leidet der Betriebsfrieden. Misstrauen untergräbt das gesamte Team.
    Stellen Sie sich nun eine größere Gemeinschaft vor, etwa ein Dorf oder einen Stadtteil. Je mehr Toleranz, Hilfsbereitschaft und auch Höflichkeit gelebt wird, desto besser funktioniert die Gemeinschaft. Aus der eigenen, kleinen Welt heraustreten – diese Motivation treibt Menschen vom Sofa herunter und hinein in ehrenamtliches Engagement. »Ich will durch mein Engagement vor allem mit anderen Menschen zusammenkommen« – 60 Prozent aller Befragten im Freiwilligen-Survey stimmten diesem Punkt »voll und ganz« zu, weitere 35 Prozent »teilweise«. Auch Hans-Werner Bierhoff, Professor für Sozialpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, bestätigt diesen Befund: »Ein Motiv, das wir sehr häufig gefunden haben, ist die soziale Bindung: Leute treffen, die nett sind. Freundschaften entwickeln.«
    Tugend kann sogar weltweite Gemeinschaften schaffen. Dies zeigt sich immer wieder, wenn große Katastrophen die gesamte Menschheit erschüttern. Zumindest den Teil der Menschheit, der durch Fernsehen, Radio und Internet mit den entsprechenden Informationen versorgt wird.
     
    Nach dem großen Seebeben in Ostasien verzeichnete Deutschland Spendenrekorde. Innerhalb kürzester Zeit flossen mehrere Hundert Millionen Euro. Private Großverdiener, normale Bürger, Unternehmen, Rockbands und Fernsehsender – alle beteiligten sich weit über die übliche Spendenbereitschaft hinaus, die mit 2,3 bis 2,4 Milliarden Euro jährlich in Deutschland ohnehin recht ausgeprägt ist.
     
    |137| Julius Kuhl, Professor für Persönlichkeitspsychologie an der Universität Osnabrück, erklärt das Phänomen so: »Der Mensch will etwas, was ihn mit anderen vernetzt.« Im Anschluss an die Katastrophe habe sich so etwas wie eine weltweite Gemeinschaft der Mitfühlenden gebildet, eine globale Hilfsgemeinschaft, eine globale Wertegemeinschaft. Da wollten alle dabei sein. Sie wollten teilhaben an etwas Großem. 20
Gemeinschaft macht den Menschen glücklich. Tugend macht Gemeinschaft möglich.
    Daneben spiele der Aspekt der Selbsterfahrung eine große Rolle: »Wer sich in einem Projekt engagiert, lernt sich außerdem selbst besser kennen«, so Bierhoff. Er kann Neues erproben, seine Grenzen ausloten, Ängste anschauen, Mitgefühl aktivieren,

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