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gute freunde - boese freunde

gute freunde - boese freunde

Titel: gute freunde - boese freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Reichart
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Schnee. Das Wichtigste für uns war damals der Community-Faktor: Der Reiz, allein am PC zu spielen, ging in Richtung Null. Es ging vielmehr darum, die anderen zu besuchen, zu reden, ein bisschen Computer und dann hinaus zum Spielen.«
    Auf dem Land wurde alles kompliziert und wesentlich einsamer. Waren die Zwillinge wirklich so arrogant, dass niemand mit ihnen Kontakt haben wollte? »Wir waren die Isar-Preußen, sprachen hochdeutsch statt Dialekt, traten immer zu zweit auf. Wir waren nicht einfach.«
    Aus einem Zeitabstand von über zehn Jahren sehen sich die Bennis heute durchaus differenziert. »Wir hatten natürlich drei oder vier Kontakte in der Klasse. Aber eigentlich wollten wir in Ruhe gelassen werden und nur noch Computer spielen.«

    Zunächst am PC der Familie, im Arbeitszimmer der Mutter. Ein Rechner mit ISDN, quälend langsam. Dann – nach eindringlicher Überzeugungsarbeit am Vater mit dem Hinweis auf beträchtliche Kostenersparnisse – Einführung von DSL mit Flatrate. Schließlich allmählicher Rückzug der Zwillinge in die eigenen Zimmer mit eigenen Computern. »Wir wurden Meister im Zusammenbauen von Einzelteilen aus Geräten, die bei irgendwelchen Firmen aussortiert worden waren. Gelernt haben wir durch ›Trial und Error‹, durch viele, viele Fehler. Irgendwann aber konnten wir jeden PC reparieren.«
    Eltern und Geschwister beobachteten die Entwicklung mit Sorge, Rat- und Hilflosigkeit. »Langsam, aber sicher rutschten wir in die Nerd-Ecke ab. Zwar nahmen wir noch an den Familienfesten teil, kamen sonntags auch mit in die Kirche oder zum gemeinsamen Essen. Aber schon nach fünf Minuten waren wir fertig mit den Mahlzeiten und wieder vor unseren Computern.«

    Programm
    »Im Münchner Elternschlafzimmer stand der Familien-PC, und hier fanden unsere ersten Schritte in die Computerwelt statt. Im Grunde ein bemerkenswerter Kontrast: Mit fünf oder sechs Jahren hatten wir hier noch bei Albträumen Unterschlupf gefunden – ein paar Jahre später spielten wir an gleicher Stelle so brutale Ego-Shooter wie:
    Wolfenstein 3D (der erste 3 D-Egoshooter überhaupt)
    Duke Nukem 3D
    Doom 1 (unter Shooterspielern immer noch eine Legende)
    und Quake 2 (oder die Modifikation Quake 2 Action), ein Meilenstein in der Entwicklung des Genres.
    Unsere Eltern kannten sich überhaupt nicht aus und erlaubten uns, das wegweisende Strategiespiel Civilisation 1 zu spielen, was wir denn auch mit viel Hingabe taten ... Oder auch Half-Life, ebenfalls ein Meilenstein, auf dessen Basis damals auch die bekannte Modifikation Counter-Strike lief (CS; reiner Multiplayer-Mod – wie Quake 2 Action, aber viel berühmter), heute ein eigenständiges Programm.
    Es war uns nie wichtig, wie viel Blut in diesen Spielen floss oder wie detailliert die Tötungen dargestellt wurden – das alles |127| war uns egal. Wir glauben auch, dass es 80 Prozent der Spieler genauso geht. Für echte Spieler haben Gewalt oder Gemetzel höchst untergeordnete Bedeutungen, bei ihnen sagen martialische Ausdrücke wie ›Abschlachten‹ gar nichts aus. Die Psychologen, die bei jedem Amoklauf an einer Schule sofort die Computerspiele als Ursache des Übels identifizieren, liegen unseres Erachtens falsch. Sie sollten sich auch die anderen Hintergründe im Leben des Täters anschauen.
    Für uns war immer der Wettkampf das Wichtigste: Taktik!! Schneller werden!! Besser sein!! Mehr Glück!! Wie beim Schach. Stunden-, tagelang haben wir daran herumgetüftelt, wie unsere Figuren im Spiel noch geschickter eine tödliche Falle vermeiden, noch gezielter unsere Gegner provozieren könnten. Wir waren unglaublich ehrgeizig – so wie früher auf dem Fußballplatz.
    Die Kosten wären für uns Schüler utopisch gewesen. Aber es war für uns kinderleicht, die Spiele aus dem Internet herunterzuladen. Alle Freunde machten das so, auch mit Musik, wir hatten überhaupt kein Unrechtsbewusstsein. Das Thema war damals auch nicht so präsent in den Medien wie heute. Das Wort ›illegale Downloads‹ gab es für uns gar nicht.«
    Familie
    Benedikt und Benjamin stellten ihre Rechner nebeneinander in ein Zimmer und verschwanden gemeinsam im Netz. Alle paar Stunden ging die Tür auf und irgendein Familienmitglied versuchte, Kontakt aufzunehmen: »Lernt doch endlich mal was!« oder »Geht doch mal raus – ihr könnt doch nicht immer nur im Zimmer hocken.« Doch allein die Vorstellung, sich die Schuhe anzuziehen und einfach so an die Luft zu gehen, wurde als absurd verworfen. »Wir verhielten

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