Gute Nacht, Peggy Sue
exponierten Stellen.
»Wenn Sie bitte hier warten wollen«, sagte der Butler.
Er verschwand durch eine Seitentür. Sie hörte entfernt das Lachen einer Frau und klassische Musik.
Na großartig. Ich platze mitten in eine Party,
dachte sie.
Klassisch gutes Timing, Novak.
Beim Klang von Schritten drehte sie sich um. Adam Quantrell trat aus einem Seitenzimmer und machte die Tür leise hinter sich zu. Er trug einen Smoking mit dunkler Krawatte und ein weißes Hemd. Seine Begeisterung schien sich bei ihrem Anblick in Grenzen zu halten.
»Dr. Novak?« begann er. »Ist es dringend? Oder hat es Zeit bis morgen?«
»Ich glaube, es ist dringend.«
»Noch mehr Fragen?« wollte er wissen.
»Und noch eine Leiche«, erwiderte sie.
Sie beobachtete seine Reaktion. Es überraschte sie kaum, daß er blaß wurde. Nach einer Pause sagte er: »Wessen Leiche?«
»Die einer Frau. Man hat sie unweit der Stelle gefunden, wo schon die erste Leiche gelegen hatte. In einem Treppenschacht an der South Lexington. Sieht nach einem weiteren Drogenopfer aus.«
Er reagierte ganz verwirrt. »Möchten Sie … daß ich mitkomme … sie mir ansehe?«
»Nicht unbedingt. Aber vielleicht sagt Ihnen der Name etwas. Sie hatte eine Handtasche bei sich. Der Führerschein ist auf den Namen Xenia Vargas ausgestellt. Ich nehme an, er gehört ihr. Jedenfalls stimmte das Foto mit ihrem Äußeren überein. Kommt Ihnen der Name bekannt vor?«
Er atmete hörbar aus. Sie fragte sich, ob es ein Seufzer der Erleichterung war.
»Nein«, erwiderte er. »Den Namen kenne ich nicht.«
»Was ist mit dem Namen Nicos Biagi?«
»Den kenne ich auch nicht. Warum?«
»Reine Neugier.«
Adam schnaubte ungläubig. »Sie tauchen hier aus heiterem Himmel auf und bombardieren mich mit den Namen von Leichen, nur um zu sehen, wie ich reagiere? Und alles nur aus purer Neugier?«
»Wer hat gesagt, daß Nicos eine Leiche ist?«
»Ich habe keine Ahnung, wer das ist, verdammt! War nur eine Vermutung. Wovon reden Sie denn schon … wenn nicht von Leichen?« Seine Stimme hallte vom Terrazzoboden wider und sprang wie ein Pingpongball in den entfernten Weiten der Eingangshalle von Wand zu Wand, bis sie verstummte. Quantrell hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. Seine Züge wurden erneut zu einer Maske kühler Undurchdringlichkeit.
»Also«, meinte er. »Wer ist Nicos Biagi? Eine Leiche oder keine Leiche?«
»Nicos Biagi lebt … rein zufällig … und gerade noch«, antwortete sie. »Er ist Patient im Hancock General. Ein Drogenopfer. Überdosis. Wir machen uns Sorgen wegen dieser Droge. Scheint ein neuer Stoff zu sein. Er hat bereits die weibliche Unbekannte und Xenia Vargas umgebracht. Nicos Biagi hat die Droge an den Rand des Todes geführt. Ich dachte, Sie wüßten vielleicht mehr darüber.«
»Weshalb sollte ich?«
»War nur so ein Gefühl.«
»Ein Gefühl?«
Zu ihrem Ärger begann er zu lachen. »Ich kann nur hoffen, daß das nicht die üblichen Arbeitsmethoden unserer Gerichtsmedizin sind. Sonst wäre es um unseren Rechtsstaat verdammt schlecht bestellt.«
Die Seitentür ging erneut auf. Eine wunderschöne Frau erschien im Türrahmen. Sie sah M. J. fragend an. Ihr Abendkleid, mit Goldfäden durchwirkt, sandte im Schein des Lüsters blitzende Lichtreflexe nach allen Seiten. Das Haar, von einem ähnlich gleißenden Goldton, fiel in weichen Wellen auf ihre Schultern. M. J. kannte den weiblichen Blick, mit dem sie abschätzend gemustert wurde. »Adam?« fragte die Schönheit. »Gibt es Probleme?«
»Nein«, sagte er, ohne den Blick von M. J. zu wenden. »Es ist nur … geschäftlich.«
»Oh!« Die Frau lächelte betörend. »Pearl hat gerade die Suppe serviert. Wir wollten nicht ohne dich anfangen.«
»Tut mir leid, Isabel. Laßt euch bitte nicht stören, ja? Dr. Novak und ich haben noch etwas zu besprechen.«
»Wie du meinst.« Erneut schweifte ihr Blick zu M. J. »Wir könnten noch ein Gedeck auflegen, wenn du willst. Für deinen Besuch.«
Es entstand eine peinliche Stille, in der Adam Quantrell krampfhaft nach einer eleganten Möglichkeit zu suchen schien, seinen ungebetenen Gast nicht einladen zu müssen.
»Das ist nicht nötig«, sagte M. J. und glaubte, Erleichterung in Adams Miene zu erkennen. »Ich muß gehen … sobald wir unsere … geschäftliche Unterredung beendet haben.«
Isabel lächelte erneut. Sie schien nichts dagegen zu haben.
»Komm wieder zu uns, sobald du kannst, Adam«, sagte sie und zog sich in das Seitenzimmer zurück.
Adam und M. J.
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