Gute Nacht, Peggy Sue
sich schon in die Dunkelheit zurückziehen.
»Aber ich kenne Ihren Vater«, erwiderte M. J.
»Gratuliere«, sagte Maeve über die Schulter.
»Und ich habe Herb Esterhaus gekannt. Bevor man ihn erschossen hat.«
Maeve erstarrte. Sie drehte sich zu M. J. um.
»Für die Polizei gehören Sie zu den Mordverdächtigen«, fuhr M. J. fort. »Sie werden herkommen … und Fragen stellen.«
»Nein, werden sie nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil sie die Antworten längst kennen.«
M. J. runzelte die Stirn. »Wie meinen Sie das?«
Maeve warf Jonah einen Blick zu. »Das geht jetzt nur sie und mich was an.«
Nach einem kurzen Moment nickte Jonah und schnippte mit den Fingern. »Raus!« sagte er.
Wie von Zauberhand verschwand der Rest der Leute in der Dunkelheit. Maeve wartete, bis die letzten Schritte verhallt waren, dann griff sie nach einer Kiste und schob sie zu M. J.
»Setzen Sie sich!«
»Danke, ich stehe lieber«, wehrte M. J. ab, die den Vorteil, auf Augenhöhe mit Maeve zu bleiben, nicht aufgeben wollte.
Maeve stellte ungerührt einen schwarzen Stiefel auf die Kiste und betrachtete ihr Gegenüber mit neuem Interesse.
»Woher kennen Sie meinen Vater?«
»Aus dem Leichenschauhaus.«
Maeve lachte. »Das ist ja mal was Neues.«
»Er kam, um sich eine Leiche anzusehen. Wir dachten, es wären Sie.«
»Da muß er aber enttäuscht gewesen sein, als sich das als Irrtum herausstellte.«
»Im Gegenteil. Er war halb wahnsinnig vor Angst, Sie könnten die Tote sein. Wie sich herausstellte, war es vermutlich eine Bekannte von Ihnen.«
»Eliza?« Maeve zuckte mit den Schultern. »Die kannte jeder. War kaum zu vermeiden. Sie luchste jedem den letzten Penny aus der Tasche.«
»Auch Ihre letzten Streichhölzer?«
»Was?«
»Sie hatte ein Streichholzheftchen bei sich. Vom Restaurant L’Etolie. Auf der Innenseite stand die Telefonnummer Ihres Vaters.«
Maeve zuckte erneut mit den Schultern. »Sie hat die Streichhölzer gebraucht. Ich nicht.«
»Was ist mit Nicos und Xenia? Haben Sie die auch gekannt?«
»Jetzt mal halblang«, sagte Maeve. »Die waren dämlich, das ist alles. Haben schlechte Medizin genommen.«
»Wer hat sie ihnen verabreicht?«
Maeve antwortete nicht.
»Sie wissen es, stimmt’s?«
»Hören Sie, es war ein Irrtum …«
»Wessen Irrtum?«
»Von allen. Von Nicos. Von Xenia …«
»Auch Ihrer?«
Maeve zögerte. »Ich wußte es nicht. Der Arsch hat mir ja nichts gesagt. Er hat nur gemeint, daß er eine Lieferung machen wolle und einen Laufburschen nach Bellemeade brauche.«
»Und Sie haben ihm gesagt, daß Nicos verfügbar sei?«
»Ich hatte keine Ahnung, daß Nicos so dämlich sein würde, eine Probe für sich abzuzweigen. Und sie dann auch noch an seine Freundinnen weiterzugeben.«
»Sie haben das also alles arrangiert«, sagte M. J. mit unverhohlener Verachtung in der Stimme. »Machen Sie so was öfter?«
»Nein! Ich habe einem Freund einen Gefallen getan. Mehr nicht. Um alter Zeiten willen. Ich habe nicht gewußt …«
»Daß es sich um das reinste Gift handelte?«
»Er hat gesagt, es sei eine einmalige Sache. Er brauche nur einen Lieferjungen.«
»Wer?«
Maeve holte tief Luft und sah weg. »Herb Esterhaus. Er und ich … wir hatten mal …«
»Ich weiß, Maeve. Wir haben die Fotos gesehen.«
»Fotos?«
»Sie wissen schon. All die künstlerisch wertvollen Fotos, wo Sie für Ihren Freund Herb posiert haben.«
So etwas wie Reue flackerte in Maeves Augen auf. »Hat Dad die auch gesehen?«
»Ja. Er war nicht gerade begeistert. Hätte Esterhaus vermutlich eigenhändig den Hals umgedreht, wenn er nicht längst tot gewesen wäre.«
Maeve schnaubte verächtlich. »Ich hätte ihn auch gern erwürgt. Dafür, daß er mich so schamlos benutzt hat.«
»Hat er Sie oft benutzt? Für diese Lieferungen?«
»Sagte doch schon, daß das eine einmalige Sache war.« Sie schüttelte den Kopf. »Und ich dachte, er sei sauber. Nachdem sie ihn letztes Jahr kassiert hatten, war er immer verdammt vorsichtig gewesen, wenn …«
»Moment mal! Esterhaus ist verhaftet worden? Wann?«
»Ungefähr vor einem Jahr. War eine Lappalie. Wegen ein paar Töpfen Cannabis hinter seinem Haus. Keine Ahnung, wie er sich da rausgepaukt hat; jedenfalls ist er ungeschoren davongekommen. Schätze, das FBI hat eingegriffen und ihm rausgeholfen. Die passen gut auf … auf ihre Zeugen.«
»Sie wußten, daß er im Kronzeugenschutzprogramm der Regierung war?«
»Er hat mir von Miami erzählt. Als sie ihn geschnappt hatten …
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