Gute Nacht, Peggy Sue
Mann, hatte der eine Angst. Er wollte auf keinen Fall, daß die in Miami dahinterkamen. Und er wollte seinen Job behalten. Er hat dieses Labor geliebt! Ich hab’s gehaßt. Nach einer Weile konnte ich ihn ebenfalls nicht mehr ertragen.«
»Also haben Sie ihn verlassen.«
»Ich war nicht wütend auf ihn oder so. Er hat mich nur gelangweilt.«
»Für die Polizei sind Sie des Mordes an Esterhaus verdächtig.«
»Die gehen den Weg des geringsten Widerstands.«
»Haben Sie einen besseren Verdacht?«
Maeve begann auf und ab zu gehen, verschwand im Schatten und tauchte wieder ins Licht. »Herb war einfach ein Durchschnittstyp, der Geld machen wollte – und versucht hat, sauber zu bleiben.«
»Warum hat er dann das Zestron-L gestohlen? Es zum Verkauf auf der Straße weitergegeben?«
»Weil man ihn dazu gezwungen hat.«
»Wer?«
Maeve drehte sich um und sah sie an. »Die Leute von ganz oben. Die, die South Lexington auf dem Stadtplan am liebsten ausradieren würden.«
»Wer? Die im Rathaus? Die Bullen?«
»Die Liste ist endlos lang. Die Leute da oben schauen auf uns herunter, als wären wir Ratten, die aus der Gosse kriechen. Und was machen diese Leute mit Ratten? Sie rotten sie aus.«
M. J. schüttelte den Kopf. »Wilde Anschuldigungen bringen euch nicht weiter, Maeve.«
»Das Problem liegt woanders. Leute wie Sie hören nie auf Leute wie uns.«
»Bleiben Sie auf dem Teppich, Maeve. Seit wann kommen Sie aus der Gosse? Sie sind eine Quantrell!«
»Erinnern Sie mich nicht daran!« fuhr Maeve sie an. Sie wandte sich zum Gehen.
»Ihr Vater wartet draußen auf der Straße!« rief M. J. hinter ihr her. »Er möchte mit Ihnen reden!«
Maeve drehte sich um. »Warum? Hat doch sonst auch nicht mit mir geredet. Er war immer gegen … nie für mich. Hat mich rumkommandiert. Mir gesagt, ich soll aufräumen, meine Zigaretten wegwerfen. Mann, dabei ist er nicht mal mein richtiger Vater!«
»Er wollte es sein.«
»Aber er ist es nicht, kapiert?«
»Wo ist dann Ihr richtiger Vater? Verraten Sie mir das mal!«
Maeve starrte sie wutentbrannt an, sagte jedoch nichts.
»Er ist nicht da, oder?« sagte M. J.
»Er lebt in Italien.«
»Richtig. In Italien. Aber Adam ist hier!«
»Er ist
nicht
mein Vater!«
»Nein, er benimmt sich nur wie einer. Und er ist verwundbar, wie ein Vater nur verwundbar sein kann.«
Maeve trat mit dem Fuß so heftig gegen eine Kiste, daß sie umfiel.
»Großartig«, seufzte M. J. »Jetzt kriegen wir noch einen kindischen Wutanfall!«
»Sie sind zum Kotzen!«
»Vielleicht. Aber wissen Sie, was ich nicht bin? Ihre Mutter. Ich muß mir diesen Mist nicht anhören.« Damit drehte sich M. J. um und ging davon. Sie hörte, wie schnelle Schritte aus der Dunkelheit näher kamen, dann ertönte Maeves schneidende Stimme: »Vergiß es. Laß sie gehen!«
M. J. gelang es, allein den Weg ins Freie zu finden. Sie bog zwar ein paarmal in die falsche Richtung ab und mußte gut ein halbes Dutzend einsturzgefährdeter Treppen überwinden, aber schließlich hatte sie es geschafft. Als sie sich umsah, entdeckte sie, daß sie in der alten Mühle gewesen war. Mit Holzbrettern vernagelte Fenster und mit Graffiti bedeckte Backsteinmauern waren alles, was man von der Straße aus sehen konnte. Sie fragte sich, wie viele Augenpaare hinter diesen Mauern sie jetzt wohl beobachteten.
M. J. ging weiter, machte sich hastig auf den Weg in Richtung South Lexington Avenue und zurück zu Adam.
Sie sah ihn neben dem Wagen auf und ab gehen, das Haar vom Wind zerzaust, die Hände tief in den Taschen vergraben. In dem Moment, da er sie sah, sprintete er auf sie zu.
»Ich wollte schon die Polizei verständigen«, erklärte er. »Was ist passiert?«
»Ich erzähl’s dir gleich.« Sie öffnete die Autotür und stieg ein. »Nur weg hier!«
Er setzte sich ans Steuer. »Hast du Jonah gesprochen?«
»Ja.«
»Und?«
»War ein unvergeßliches Erlebnis.«
Er ließ den Motor an. »Wie das Warten auf dich«, murmelte er. Sie fuhren auf der South Lexington in Richtung Norden. »Ich habe mit Maeve gesprochen«, sagte M. J.
Adam trat auf die Bremse. »Sie war
dabei?
«
»Celeste hatte recht. Sie ist Jonahs Geliebte.« M. J. warf einen Blick zurück. Hinter ihnen stauten sich die Autos und veranstalteten ein wütendes Hupkonzert. »Fahr bitte weiter. Du hältst den ganzen Verkehr auf.«
Adam konzentrierte sich augenblicklich wieder auf die Straße. Er war durcheinander. »Machte sie einen … einen glücklichen Eindruck?« wollte er
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