Gute Nacht, Peggy Sue
der Leidenschaft.
M. J. haßte Rosen.
Ed hatte ihr ein einziges Mal Rosen in dieser Farbe geschickt. Kurz bevor er um die Scheidung gebeten hatte.
Sie ließ den Kopf in die Hände sinken und fragte sich trostlos, welche Sorte Blumen Adam Quantrell wohl zu ihrer Beerdigung schicken würde.
Ihre schlechte Laune hielt den ganzen Nachmittag an. Sie begleitete sie während der Obduktion einer alten Dame, die auf dem Zebrastreifen überfahren worden war, und während der Aufarbeitung liegengebliebener Korrespondenz und Gerichtsakten. Als sie an diesem Abend endlich Adams Toreinfahrt passierte, war sie am Ende ihrer Kräfte und überaus empfänglich für liebevolle Zuwendungen … oder zumindest für einen starken Drink.
Was sie statt dessen zum Empfang bekam, war der Anblick von Isabels Mercedes vor dem Haus.
M. J. stieg aus dem Wagen. Sie blieb einen Moment neben dem Mercedes stehen und betrachtete die Lederpolster und die Ziegenlederhandschuhe auf dem Vordersitz. Ihre schlechte Laune hatte den Höhepunkt erreicht. Sie ging zur Haustür und klingelte.
Thomas öffnete und sah sie verdutzt an. »Du liebe Zeit! Hat Mr. Q. denn vergessen, Ihnen einen Schlüssel zu geben, Dr. Novak?«
M. J. räusperte sich. Es wäre ihr nie eingefallen, einfach so ins Haus zu gehen. Schließlich war sie nur ein Gast und würde sich immer wie ein Gast fühlen. »Hm, doch …«, erwiderte sie. »Schätze, einen Schlüssel hat er mir gegeben.«
Thomas trat zurück, um sie hereinzulassen.
»Trotzdem klingle ich vorher lieber«, fügte sie hinzu, als er ihr die Jacke abnahm.
»Natürlich«, sagte er. Er griff nach einem Kleiderbügel. »Mr. Q. ist noch nicht da. Aber Miss Calderwood ist auf einen Sprung vorbeigekommen. Sie sitzt im Salon. Wenn Sie ihr bei einer Tasse Tee Gesellschaft leisten möchten?«
Isabel Calderwood Gesellschaft zu leisten war so ziemlich das letzte, wonach M. J. der Sinn stand. Leider fiel ihr keine elegante Ausrede ein, ihr aus dem Weg zu gehen. Sie setzte ein gesellschaftlich akzeptables Lächeln auf und betrat den Salon.
Isabel saß auf der gestreiften Couch, ihren flauschig weichen Kaschmirpullover lässig um die Schultern gehängt. Sie schien keineswegs überrascht, M. J. zu sehen; im Gegenteil, sie hatte sie offenbar erwartet.
»Hoffentlich warten Sie nicht schon lange«, meinte M. J. »Ich weiß nicht, wann Adam zurückerwartet wird.«
»Er kommt um sechs«, sagte Isabel.
»Ah. Hat er angerufen?«
»Nein. Er kommt immer um diese Zeit.«
»Oh.« M. J. setzte sich in den antiken Sessel und fragte sich, was Isabel wohl sonst noch über Adams Gewohnheiten wußte.
Vermutlich mehr, als ich je wissen werde,
dachte sie. Sie warf einen Blick zum Beistelltisch hinüber und sah die leere Teetasse, den Teller mit Keksen, die Marmelade. Das Buch, das Isabel gelesen hatte, lag neben ihr auf der Couch … der Titel war französisch. In der Luft hing ihr Parfüm … ein vornehmer, eleganter Duft. Nichts Billiges aus der Drogerie.
»Sechs Uhr ist seine übliche Zeit«, fuhr Isabel fort und schenkte sich Tee nach. »Bis auf mittwochs. Da macht er früher Schluß und kommt um fünf. Gelegentlich nimmt er vor dem Abendessen einen Drink … Scotch, mit viel Soda … und vielleicht ein Glas Wein zum Essen, aber nur ein Glas. Nach dem Abendessen liest er. Wissenschaftsmagazine, die neuesten pharmazeutischen Entwicklungen … Er nimmt seine Arbeit sehr ernst, müssen Sie wissen.« Sie stellte die Teekanne ab. »Danach hält er sich den Abend frei fürs Vergnügen. Was normalerweise mich einschließt.« Sie sah M. J. an und lächelte.
»Und warum erzählen Sie mir das alles?«
»Weil es so viele Dinge gibt, die Sie von ihm nicht wissen.«
M. J. seufzte hörbar. »Das stimmt. Aber was macht das schon für einen Unterschied?«
Isabel neigte den Kopf leicht zur Seite. »Macht es das wirklich nicht?«
»Falls Sie mir das alles erzählen, weil Sie sich bedroht fühlen … machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin keine Mogelpackung. Kein blaues Blut, kein Stammbaum.« Sie lachte. »Und definitiv keine Klasse.«
»Ich wollte Sie nicht beleidigen«, sagte Isabel hastig. »Ich dachte einfach nur, ich sollte ein paar Dinge klären … was Adam betrifft.«
»Zum Beispiel?«
»Oh, ich weiß nicht …« Isabel zuckte mit ihren wohlgeformten weißen Schultern. »Es gibt da Seiten seines Lebens, mit denen Sie nicht vertraut sind. Muß ziemlich verwirrend sein, von heute auf morgen in diesem riesigen alten Haus zu stranden. Mit den
Weitere Kostenlose Bücher