Gute Nacht, Peggy Sue
sich zu ihm um, kuschelte sich an seine Brust.
Wie konnte er diese unbändige und verrückte Frau in seinem Leben halten? Er schlang die Arme um sie und zog sie fester an sich.
Möglicherweise überhaupt nicht.
Ratchet war aus dem Urlaub zurück. Er hatte einen Sonnenbrand und Mückenstiche. Während die Moskitos reichlich Beute gemacht hatten, war Ratchet offenbar leer ausgegangen.
»Einen lausigen Fisch«, sagte er. »Das jämmerlichste Exemplar von einer Forelle, das mir je untergekommen ist. Ich wußte nicht, ob ich sie kochen oder doch lieber für das Goldfischglas meiner Kinder aufbewahren sollte. Außerdem habe ich drei meiner besten Köder verloren. Ich sage dir, die Flüsse da oben sind überfischt. Total leer gefischt.«
»Und wie viele hat Beth gefangen?« wollte M. J. wissen. »Beth?«
»Du weißt schon, deine Frau.«
Ratchet hüstelte. »Vielleicht sieben.«
»Nur sieben?«
»Okay, es können auch acht gewesen sein. Ein statistischer Ausreißer.«
»Yeah. Sie versaut doch auch jede Statistik, stimmt’s?« Ratchet riß seinen Laborkittel vom Haken hinter der Tür und zog ihn an. »Und wie war’s hier? Was Aufregendes passiert?«
»Nicht die Bohne.«
»Hätte mir die Frage auch sparen können«, murmelte Ratchet.
Er ging zum Korb mit den Akteneingängen und fischte einen Stapel Papiere heraus. »Sieh dir bloß den ganzen Kram hier an!«
»Alles für dich«, sagte M. J. »Wir haben’s für dich aufgehoben.«
»Reizend. Danke.«
»Und zwei Dutzend Akten liegen auf deinem Schreibtisch und harren deiner Unterschrift.«
»Okay, okay Das ist allein schon Grund genug, nie wieder Urlaub zu machen.« Er seufzte und lief den Korridor entlang zu seinem Büro.
M. J. saß an ihrem Schreibtisch und horchte auf das vertraute Quietschen seiner Turnschuhsohlen auf dem Linoleum.
Back to Business as usual,
dachte sie.
Derselbe alte Trott, den sie seit Jahren erlebte. Warum also war sie so deprimiert?
Sie stand auf und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein … es war ihre dritte Tasse an diesem Morgen. Allmählich wurde sie zum Kaffee- und Zuckerjunkie. Und süchtig nach Liebe. Hoffnungslose Beziehungen … das war ihre Spezialität. Sie sank wieder auf ihren Stuhl. Wenn sie nur einen Tag, eine Stunde aufhören könnte, an Adam zu denken, vielleicht bekäme sie dann ihr Leben wieder in den Griff. Adam war so etwas wie eine Besessenheit geworden. Selbst jetzt fragte sie sich, was er wohl tat, ob er an seinem Schreibtisch saß und
sie
vermißte. Oder war er wie die meisten anderen Männer, die sie kannte, fähig, die einzelnen Bereiche seines Lebens sorgfältig zu trennen, sie nur zu den jeweils entsprechenden Zeiten zu aktivieren?
Den Trick muß ich unbedingt lernen,
überlegte sie. Aber jedesmal, wenn sie eine Akte aufschlug und ihre Unterschrift daruntersetzte, schossen ihr die Bilder der vergangenen Nacht durch den Kopf.
Sie hatten sich geliebt, ein paar Stunden geschlafen und sich dann erneut geliebt.
Sie war mit der deprimierenden Erkenntnis aufgewacht, daß ihr die Dinge längst aus den Händen geglitten waren. Sie würde aus dieser Affäre nicht ungeschoren davonkommen. Wenn man bedachte, daß die Sache wie ein Spaß, wie eine flüchtige Phantasievorstellung angefangen hatte! Jetzt war sie wütend auf sich, daß sie sich so in die Enge hatte treiben lassen. Sie sehnte sich nach seiner Berührung, seinem Anblick. Sie hing an ihm wie ein Junkie an der Nadel, sie hing an ihm, wie Nicos Biagi und Xenia Vargas an ihrer Droge gehangen hatten.
Sie liebte ihn.
Und das trieb sie zum Wahnsinn.
M. J. griff sich eine Akte vom Stapel auf ihrem Schreibtisch, setzte ihre Unterschrift unter das entsprechende Formular und klappte den Aktendeckel wieder zu. Sie stöhnte unwillkürlich, als sie das altvertraute Quietschen von Tennisschuhen im Gang näher kommen hörte.
Ratchet tauchte im Türrahmen auf. »Hey, M. J.«, sagte er.
»Was gibt’s?«
»Was zum Teufel soll das hier sein?« Er las laut von einem Kontrollabschnitt vor: »Ergebnisse der Massen- und UVSpektrometrie zeigen folgende, nicht quantitativ ausgewiesene Mengen: Festgestellte Narkotika: Laevo-N-Cyclobutylmethyl-6, der Klasse 10-Beta-Dehydroxyd. Umfassende Identifikation noch ausstehend.« Er sah sie an. »Was ist denn das für ein Kauderwelsch?«
»Da muß eines meiner Laborergebnisse zu dir geraten sein. Handelt sich um eine Droge namens Zestron-L.«
»Nie gehört.«
»Gib mir den Bericht. Ich kümmere mich darum.«
»Aber da steht
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