Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gute Nacht Zuckerpüppchen

Gute Nacht Zuckerpüppchen

Titel: Gute Nacht Zuckerpüppchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Glade-Hassenmüller
Vom Netzwerk:
den Bombenangriffen das verbrannte Fleisch zwischen den Trümmern. Aber jetzt war es zu spät.
    Pappi hatte nichts mehr gesagt. An der Elbchaussee war er links abgebogen in den Rosengarten. Auf dem dunklen Seitenweg hielt er an.
    Pappi stieg aus, sah sich um und öffnete noch vor dem Einsteigen nach hinten seinen Hosenbund.
    Lieber Gott, heilige Mutter Gottes, hilf mir!
    »Na, Zuckerpüppchen, begreifst du jetzt, daß du nicht weglaufen kannst?« Pappi strich ihr mit einer Hand über die Wange, während seine andere Hand ihren Schlüpfer nach unten zog.
    Der Schlüpfer scheuerte hart über ihre Schenkel, und Gaby schrie auf. Die schwärenden Wunden auf den Beinen brachen auf, bluteten.
    »Mach sie breit, die Beine!«
    Pappi drückte sie hart nach hinten, so daß ihr Kopf seltsam angewinkelt zwischen Sitzbank und Seitenlehne zu liegen kam.
    Als er dann mit voller Kraft in sie eindrang, schrie Gaby nicht. Sie biß auf ihre Lippen, auf ihre Zunge, kein Laut brach aus ihr hervor.
    Er lag schwer atmend auf ihr und keuchte an ihrem Ohr: »Sag, daß du es schön findest, sag es, sag es...«
    Mit unendlich viel Mühe schlug Gaby ihre verschwollenen Augenlider auf, sah an ihm vorbei zum Sternenhimmel.
    Jeder Stern eine Hoffnung.
    Sie hätte gerne geweint.
    Pappi stöhnte und zog sich aus ihr zurück. Es war vorbei. Einen Moment blieb er noch mit seinem vollen Gewicht auf ihr liegen, dann brachte er seine Kleider in Ordnung. Vorsichtig drückte er Gabys Beine zusammen, die wie bei einer Gliederpuppe leblos auseinanderhingen.
    »Ich habe aufgepaßt«, sagte er. »Hier, ins Taschentuch. Hab keine Angst, ich bin vorsichtig.«
    Er zog Gaby an den Armen hoch. »Engelchen, hörst du mich?« Gabys Zähne schlugen aufeinander, sie fühlte Schweißbäche von der Stirn in ihre weit geöffneten Augen strömen.
    Pappi schüttelte sie. »Gaby, verdammt noch mal, hörst du mich? Gib Antwort!«
    Gaby wollte gerne: »Ja, Pappi, natürlich, Pappi«, sagen, aber ihre Zunge lag wie ein lebloser, dicker Klumpen Fleisch in ihrem Mund. Blutig gebissen.
    Sie spürte durch Nebelwände hindurch, daß Pappi sie schüttelte, sie auf einmal wie einen nassen Sack fallen ließ, so daß ihr Kopf gegen das Autofenster fiel. Der Schmerz schärfte ihr Bewußtsein, ließ Pappis Stimme wieder deutlicher werden.
    »Wie du willst. Es liegt nur an dir, ob es zwischen uns schön oder weniger schön wird. Ich bekomme immer, was ich will. Ich habe lange genug gewartet.
    Überlege dir gut, was du tust. Es liegt alles nur an dir.«
    Pappi stieg aus, warf sein Taschentuch ins Gebüsch und setzte sich dann wieder hinters Steuer. Er zündete eine neue Zigarette an, und Gaby sah den Zigarettenanzünder einen runden roten Lichtkreis auf sein Gesicht werfen.
    Während der Fahrt nach Hause sagte er nichts mehr.
    Vor der Tür hielt Pappi an, stieg aus und half Gaby aus dem Wagen. Er stützte sie unter den Achseln, während sie die Treppen hochgingen.
    Mutti öffnete die Wohnungstür.
    »Mein Gott, wie siehst du denn aus?« Sie sah an Gaby entlang, hinunter zu den Beinen. »Deine Beine, alles voll Blut!«
    »Ihr Ausschlag«, sagte Pappi und führte Gaby in ihr Zimmer. Mutti kam ihnen nach. »Und wo hast du dich herumgetrieben? Hat sie das gesagt? Keine Entschuldigung, nicht? Kommt hier herein wie abgestochen, sagt kein Wort!« Jetzt schrie Mutti fast. »Hast du ihr gesagt, was für Sorgen wir uns gemacht haben? Hast du ihr das gesagt?«
    Gaby war auf ihr Bett gesunken und zog mühsam die schmerzenden Beine hoch, erst das rechte, dann das linke. Dazwischen brannte ein Höllenfeuer.
    Papi schob Mutti zur Tür hinaus. »Nun laß das Kind in Ruhe. Sie ist nicht in Ordnung. Irgendein Nervenfieber. Morgen früh soll Dr. Rehbein kommen.«
    »Sie ist ganz schmutzig«, protestierte Mutti. »So kann sie doch nicht auf dem Bett liegen bleiben.«
    Pappi legte eine Wolldecke über Gaby. »Für eine Nacht geht es schon. Morgen früh kann sie sich waschen. Bevor der Arzt kommt.«
    Gaby glaubte sich auf dem Bett zu drehen wie ein Kreisel. Ein bunt bemalter Kreisel, bei dem die roten, gelben und grünen Kringel immer schneller ineinander verschmolzen. Nach dem Krieg hatte sie einen Kreisel gehabt. Achim hatte ihr gezeigt, wie man ihn richtig mit der Peitsche antrieb; dann drehte und drehte er sich, tanzte auf seinem spitzen Punkt, so daß die bunten Linien eins wurden.
    Sie war der Kreisel, drehte sich, rundherum, tanzte auf einer Spitze, die roten und gelben und grünen Ringe legten sich um sie

Weitere Kostenlose Bücher