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Guten Abend, Gute Nacht

Guten Abend, Gute Nacht

Titel: Guten Abend, Gute Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeremiah Healy
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Magen befunden hatte.
    Ein anderer Portier pfiff mir ein Taxi ran, und fünfzehn Minuten später hielten wir vor dem Chicago Memorial. Das Gebäude war alt und erinnerte eher an ein verfallendes Bürohaus als an ein Krankenhaus.
    Auf dem Schild rechts neben Dr. Gemelmans Tür stand VERWALTUNGSCHEF. Ich trat ein, nannte der Sekretärin meinen Namen und wurde sofort in sein Büro geführt.
    Sie sagte: »Dr. Gemelman? Mr. Cuddy«, und schloß hinter sich die Tür.
    Gemelman erhob sich, schüttelte mir die Hand und deutete auf einen Stuhl. Er war etwa einsfünfundachtzig groß, mager, hatte eine hohe Stirn, buschige Augenbrauen und sehr stark behaarte Hände. Während er sprach, verriet sein Gesichtsausdruck eine Persönlichkeit wie ein verregneter Dienstagabend. »Eine gewisse Dr. Karen Barzlay hat mich gebeten, Sie zu empfangen, allerdings hat sie sich nur vage über den Grund geäußert.«
    Ich lächelte so honigsüß wie möglich. »Ich bin Privatdetektiv aus Boston. Ich helfe dort einem Anwalt bei der Verteidigung eines College-Studenten, der des Mordes an seiner Freundin angeklagt ist. Der Student und die Freundin waren in einer Therapiegruppe, die von einem Psychiater geleitet wurde, der früher hier bei Ihnen gearbeitet hat. Ich habe mich nun gefragt, ob Sie mir vielleicht ein paar Informationen über ihn geben könnten.«
    Gemelman runzelte die Stirn. »Sie meinen, Informationen über den Psychiater?«
    »Ja.«
    »Wenn ich gewußt hätte, daß Sie mich deswegen sprechen wollten, hätte ich Ihnen die Reise ersparen können. Ich fürchte, Informationen dieser Art geben wir nicht heraus.«
    »Ich würde nicht unbedingt seine Akte benötigen, Doktor. Nur ein paar Informationen über ihn, falls Sie sich erinnern.«
    »Tut mir leid. Das ist völlig unmöglich.«
    Ich schwieg einen Augenblick, beobachtete ihn.
    »Mr. Cuddy, wenn es nichts weiter gibt...«
    »Warum die geschlossene Tür, Doktor?«
    »Das ist eine Vertrauenssache, verstehen Sie.«
    »Nein, verstehe ich nicht. Ich bitte nicht darum, die Unterlagen seiner Patienten einsehen zu dürfen. Ich erkundige mich nach ihm in seiner Funktion als ehemaliger Angestellter Ihres Hauses. Was ist daran so vertraulich?«
    »Wir sprechen grundsätzlich nicht über die Personalakten unserer Ärzte.«
    »Doktor, verzeihen Sie, aber das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein. Ich meine, Sie werden doch sicher Anfragen über Kreditwürdigkeit erhalten, Kontrollfragen über den beruflichen Werdegang durch andere lizenzerteilende Staaten oder Organisationen...«
    »Bei denen wir zuvor eine schriftliche Genehmigung des betreffenden Arztes verlangen. Ich kann Ihnen versichern, daß uns von Dr. Marek nichts dergleichen vorliegt.«
    »Doktor, hier geht es um Mord.«
    »Wobei ich mich auf Ihre Behauptung verlassen muß.«
    »Es gibt gewisse Hinweise darauf, daß die Tote möglicherweise eine nicht beruflich bedingte Beziehung zu Marek gesucht hat.«
    »Mr. Cuddy, ich habe Ihnen bereits unsere Haltung dargelegt. Es tut mir sehr leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Wollen Sie mich wirklich zwingen, durch den Anwalt in Boston die Eröffnung eines gerichtlichen Verfahrens zu erwirken?«
    Gemelman wurde frostig. »Wir reagieren nicht sonderlich erfreut auf Drohungen, Sir. Allerdings reagieren wir auf gerichtliche Anordnungen, die korrekt zugestellt werden. Es bleibt Ihnen unbenommen, diesen Kurs einzuschlagen, wenn Sie mögen. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich es jetzt vorziehen...«
    Ich erhob mich. »Vielen Dank für Ihre Zeit, Doktor.«
    Ich verließ sein Büro und blieb in der Nähe des Schreibtisches seiner Sekretärin stehen, um meinen Schnürsenkel zu binden. Ihr Hausanschluß summte. Sie nahm den Hörer ab, schien den Anrufer zu unterbrechen, indem sie sagte: »Oh, aber er ist noch...«, dann sagte sie einfach mehrere Male »Ja, ja«, während sie meinem Blick auswich. Ich war ziemlich sicher, daß Gemelman gerade über sämtliche Angehörige des Personals Schweigepflicht verhängte, was meine Person betraf. Meine Vermieterin Karen mußte ich unbedingt fragen, ob sie Gemelman gegenüber Mareks Namen fallengelassen hatte. Ich war ziemlich sicher, daß ich ihr den Namen nicht genannt hatte, und ich war verdammt sicher, daß ich ihn bei Gemelman nicht erwähnt hatte, bevor er ihn selbst benutzte.
    Von einem Münzfernsprecher in der Eingangshalle rief ich Jim an. Er sagte, daß die meisten Krankenhäuser der Stadt nur äußerst ungern Informationen herausrückten,

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