Guter Sex Trotz Liebe
in langjährigen Beziehungen eine Ansammlung von Vorwürfen und faulen Ausreden. Der Partner behindert mich. Er ist schuld. Daher soll auch die Veränderung beim anderen anfangen. Wenn das beide denken, bremsen sie sich gegenseitig. »Du zuerst!« heiÃt die Regel des Misslingens. Jeder wartet auf die Veränderung des anderen. So ist die Blockade perfekt. Die Blockade der hin und her geschobenen Verantwortung.
Fallbeispiel
Erika und Rolf blockierten sich zu Beginn der Therapie perfekt: Rolf erklärte Erika zur gestörten und beeinträchtigten Patientin, an der es lag, sich zu verändern. Er schlug mir deshalb sogar vor, zunächst mit ihr allein zu arbeiten, um eventuell gegen Ende der Therapie dazuzukommen. Seine Haltung: »Du bist krank, also ändere dich.«
Erika akzeptierte ihrerseits zunächst die Patientenrolle, ordnete sich damit aber seiner Vorstellung von richtiger Sexualität unter und spielte ihm damit indirekt den Ball der Verantwortung zu. Ihre Haltung: »Wenn du schon der Ãberlegene bist, dann tu etwas.«
Damit erwarteten beide die Veränderung vom anderen. Und jeder hatte aus seiner Sicht durchaus Recht. Perfekte Symmetrie â perfekte Blockade. Bei Erika und Rolf zeigt sich eine wichtige GesetzmäÃigkeit verfahrener Partnerkonflikte: Stagnation entsteht, wenn jeder die Verantwortung dem Partner zuspielt. So reden beide von Veränderung und jeder hofft, dass der andere damit anfängt. Du zuerst â ich warte!
Wie löst man die Blockade
Welche Auswege gibt es aus der Blockade? Im Prinzip zwei: einen partnerbestimmten und einen selbstbestimmten Ausweg.
Der partnerbestimmte Ausweg
Er setzt auf die Veränderung des anderen. Und damit der Partner auch genügend Druck bekommt, sich zu verändern, hilft man mit Vorwürfen nach: SchlieÃlich liegt alles an ihm. Er hat ja angefangen. Also sage ich ihm so lange dasselbe, bis er endlich nachgibt und einsichtig wird. Oder ich dränge ihn in eine Therapie und warte, bis er verändert herauskommt.
Erfolgschancen? Sie sind gering. Und das liegt daran, dass man Partner nicht ändern kann. Das ist ebenso unerfreulich wie wahr. Partner ändern sich vielleicht, aber nicht, weil wir es wollen. Höchstens, obwohl wir es wollen.
Der selbstbestimmte Ausweg
Und damit sind wir schon beim anderen Ausweg, der selbstbestimmten Veränderung. Sie fängt mit einer nahe liegenden Ãberlegung an. »Warte nicht auf deinen Partner! Wenn du etwas verändern willst, fange selbst damit an.«
Während die Regel der Stagnation lautet: »Beide warten, dass der andere sich verändert«, ist die Regel der Veränderung: »Einer fängt an. Einer! Nicht beide gleichzeitig.«
Und was heiÃt das für Sie? Wenn Sie wirklich an Veränderung interessiert sind, fangen Sie selbst an. Und lassen Sie Ihren Partner ruhig warten, so lange er will. Er wird es bemerken, wenn Sie anders mit ihm umgehen, wenn Sie sich anders verhalten, wenn Sie anders mit ihm reden und wenn Sie die sexuelle Routine verlassen. Und dass er nicht gleich heftig applaudiert, wenn Sie umsteuern, sondern dass er erst einmal irritiert ist â das ist verständlich und auch sein gutes Recht.
Daher: Kümmern Sie sich nicht gleich um Ihren Partner â er ist ein erwachsener Mensch (oder?) â, kümmern Sie sich erstmal um sich selbst!
Fallbeispiel
Erika kam nach einigen Therapiesitzungen auf eine Idee zu sprechen, die sie nur zögernd auszusprechen wagte. Als Liebhaberin und Kennerin klassischer Musik meinte sie, dieser Musik könne sie sich hingeben. Als wir über Hingabe bei Musik und beim Sex sprachen, kam sie auf den Gedanken, sie könne vielleicht Sex besser genieÃen, wenn sie dabei klassische Musik hören würde. Mit Blick auf Rolf wollte sie den Vorschlag fast wieder zurücknehmen: »Ob er das nicht gefühlsduselig findet?« Ich fragte sie, ob sie denn selbst den Vorschlag gefühlsduselig fände, was sie sofort zurückwies: »Gefühlvoll, aber nicht gefühlsduselig«. Ich ermunterte sie, sich ihrem Vorschlag zuzuwenden und ihn erst zu Ende zu denken, ehe sie sich um die Meinung ihres Mannes kümmere. Rolf schlug ich vor, zunächst zuzuhören und keinen Kommentar abzugeben. Erika beschrieb dann ihre Vorstellung, die darauf hinauslief, ein Stück eines bestimmten Komponisten im Schlafzimmer zu hören. Nachdem sie sich überwunden
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