Guter Sex Trotz Liebe
beiläufig erwähnte. Wenn ihr Mann, der üblicherweise morgens duschte, ausnahmsweise abends unter die Dusche ging, ehe er zu ihr ins Schlafzimmer kam, wusste sie, dass das seine Vorbereitungwar, sich ihr sexuell zu nähern. Dieses Signal wirkte völlig antisexuell auf sie. Sie drehte sich auf die Seite und versuchte â natürlich erfolglos â möglichst schnell einzuschlafen. Bis zur Therapie wusste Rolf nichts von dieser Reaktion. Nach einigen Nachfragen rückte sie schlieÃlich damit heraus, dass sie die Sexualität ihres Mannes »so furchtbar hygienisch und unromantisch« fand. Auf Rolfs prompte Frage, was er denn anderes tun solle, reagierte sie verlegen, das wisse sie auch nicht. Erika blieb trotz der gekränkten Irritation ihres Mannes ihrer Position treu und lenkte nicht ein. Neu war jetzt, dass sie nicht mehr sagte: »Ich habe keine Lust«, sondern: »Ich weià noch nicht, wie ich mir guten Sex vorstelle â aber so wie bisher jedenfalls nicht.«
So nicht! Damit hatte Erika sich zum ersten Mal nicht als die Beeinträchtigte gezeigt, die nicht kann. Jetzt sagte sie: »Ich will so nicht!« Sie riskierte damit, ihren Mann zu kränken, der das als Zurückweisung erlebte. Aber sie nahm das in Kauf und gewann damit erst einmal Freiraum, um für sich weiter zu suchen, was denn genau eine ihr entsprechende Sexualität sein könnte.
Wir kommen später auf dieses Paar und den weiteren Verlauf zurück. Wie sieht das bei Ihnen aus? Lassen Sie es auf eine kurze Probe ankommen, wie leicht oder schwer Sie sich mit dem Nein zum Sex tun! Wie klar teilen Sie Ihr Nein mit?
Test 3: Das unklare Nein
Erinnern Sie sich möglichst genau an die letzte Situation, in der Ihr Partner etwas von Ihnen verlangt oder erwartet hat, das Sie nicht mochten â und Sie sich um ein klares »Nein« herumgemogelt haben.
Was wollte Ihr Partner von Ihnen?
Was haben Sie darauf gesagt oder getan?
Wie wäre die ehrliche Antwort gewesen?
Wie fühlt sich die ehrliche Antwort an?
Wahrscheinlich bemerken Sie, dass Ihnen das ehrliche »Nein, ich will das nicht« mehr Herzklopfen macht als das gemogelte »Nein, ich kann nicht«. In diesem Herzklopfen liegt der Schlüssel zur Entwicklung Ihrer erotischen Selbstbestimmung! Und das ist gut so. Erotik ist auch ein Feld für Mutproben. Es braucht diesen Ruck, in dem Sie sich trauen, Nein zu dem zu sagen, was Ihnen nicht gut tut und was für Sie nicht stimmig ist.
Das Nein ist oft der Anfang. Es schafft zunächst Luft zum Nachdenken. Luft auch für meinen Partner, der ebenfalls Zeit braucht, um sich auf die neue Situation einzustellen. Immerhin hatte er es bisher mit jemandem zu tun, der nicht konnte. Und jetzt plötzlich mit jemandem, der die bisherige sexuelle Routine kündigt.
Welches Ja zu welchem Sex?
Mit der Kündigung des unbefriedigenden Sex sind wir noch nicht beim guten Sex angekommen. Das macht nichts. Es ist angemessen, wenn Sie sich jetzt eine Phase des Suchens gestatten. Eine Phase, in der es zu Irritationen, Unsicherheiten bei beiden Partner kommen kann. Das kann ein paar Wochen dauern. Oder auch Monate. Vielleicht wissen Sie oder Ihr Partner â ähnlich wie Erikaâ zunächst nicht, was Sie stattdessen wollen.
Eine groÃe Behinderung auf dieser Suche ist die Befürchtung, wie Ihr Partner reagieren könnte. Angenommen, Ihnen wird eine bestimmte Vorliebe deutlicher, die Sie Ihrem Partner zuliebe nicht genannt haben oder sich selbst nicht mehr zugestanden haben, um ihm nicht wehzutun oder um es ihm recht zu machen. Aus Rücksicht haben Sie es mitgemacht, schlieÃlich geht befriedigender Sex nur dann, wenn beide dasselbe wollen â so haben Sie jedenfalls bisher gedacht. Und so sitzt Ihnen immer die Sorge im Nacken, wasIhr Partner denkt. Wenn ich einen neuen Wunsch äuÃere, was kannst du damit anfangen? Findest du mich dann noch liebenswert? Sinke ich in deiner Achtung? Oder steige ich in deiner Achtung, weil ich den Mut aufbringe, mich so zu zeigen? Wie viel Ãbereinstimmung kriegen wir dann noch hin?
Teilen Sie Ihrem Partner dann das Begehren mit, gehen Sie ein Risiko ein. Sie könnten zurückgewiesen, verlacht und abgelehnt werden. Zum Wollen gehört also Mut. Nicht-Wollen ist häufig ein Selbstverbot, das die erwartete Reaktion unseres Partners vorwegnimmt: »Das wird er sowieso nicht mögen.« Oder: »Das wird sie
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