Gwen (German Edition)
jemanden da mit hineinziehen wollte. Daher hatte Gwen ihrer Freundin lediglich mitgeteilt, dass sie schon früher losgehen würde, um noch etwas zu erledigen, und dass sie anschließend direkt zum Empfang des Bürgermeisters kommen würde. Für diesen hochoffziellen Anlass hatten Pat und Gwen sogar von Sam frei bekommen, wenn auch zähneknirschend und natürlich unbezahlt.
Ihre Kleidung hatte Gwen mit Bedacht gewählt. Schick genug für den Empfang im Nobelhotel und gleichzeitig praktisch genug für ihr anderes Vorhaben. Der schwarze Hosenanzug schien wie geschaffen dafür. Ja, Schwarz war sicher gut, um bei Bedarf in die Dunkelheit abtauchen zu können. Dazu schwarze Ballerinas und die dunkelgrüne Bluse, die sie von Pat ausgeliehen hatte.
So unverfänglich wie möglich schlenderte Gwen zum Royal , wo der Empfang später stattfinden würde. Erst heute früh hatte sie sich telefonisch bei Clarissa Steelridge für die Einladung bedankt und klar betont, dass sie und Pat auf alle Fälle kommen würden.
D amit auch jeder es mitkriegte, der ihr Telefon abhörte.
Zügig betrat Gwen das Hotel und s ah sich um. So viel Pracht hatte sie bisher nur in James-Bond-Filmen gesehen. Oder in der Villa dieses B . Die dicken Teppiche umschmiegten förmlich Gwens Schuhsohlen, und pseudobarocke Ölgemälde an den Wänden protzten in wohlhabender Hässlichkeit. Kaum zu glauben, dass in einer sonst so mittelmäßigen Stadt wie Catnecktown eine derartige Oase des Snobismus gedieh. Gwen schritt durch das weitläufige Foyer, an den Toiletten vorbei und wäre fast in der Küche gelandet, als sie eine Tür nach draußen fand, die so etwas wie der Lieferanteneingang sein musste.
A m Taxistand hinter dem Hotel stieg sie in eines der wartenden Taxis und ließ den Fahrer Gas geben. Einen Häuserblock vor der Health Company International stieg sie aus und ging das letzte Stück zu Fuß. Gwen hatte das Timing extra so gesetzt, dass sie gegen 17 Uhr dort eintraf. Denn dann begann der Feierabend für die dortigen Angestellten, wie Gwen durch eine behutsame Recherche in Sam’s Hams herausgefunden hatte.
Plangemäß kam ihr ein Strom von Menschen aus dem Firmeneingang entgegen, in den sie eintauchen und sich dank ihrer geringen Körpergröße durchschlängeln konnte wie eine Forelle, die sich in einem Wildbach gegen die Strömung bewegt. So gelangte Gwen am Pförtner vorbei und unerkannt in die Damentoilette, wo sie sich in bewährter Manier einschloss und abwartete, bis kein Laut mehr von draußen an ihr Ohr drang.
Dann die übliche halbe Stunde verstreichen lassen, tief durc hatmen und los!
Der Gang war leer und dennoch mit Kunstlicht erhellt. Entweder um Einbrecher abzuschrecken, was Gwen ein hämisches Lächeln abrang, oder für die Reinigungsleute, die eventuell gleich kommen würden. Ein zügiges Vorgehen war also unabdingbar.
Gwen eilte durch hallende Gänge und über ve rschwiegene Treppen. Warum mussten ihr denn jetzt unbedingt diese unseligen Alien -Filme in den Sinn kommen und eine zusätzliche Angst aufbauen, wo ihre eigene auch so schon gereicht hätte? Sie hangelte sich von Türschild zu Türschild. Ihr Herz schlug freudig höher, als sie die wissenschaftliche Abteilung fand, und obschon sie nicht erwartet hatte, in die Computerdateien des Chefchemikers zu kommen, packte sie herbe Enttäuschung, als sämtliche Türen zugesperrt waren und alle Türschlösser zudem nur mit einer Magnetkarte geöffnet werden konnten.
Was anzeigte, dass sich hier das Herz der Firma verbarg.
Konzentriert arbeitete sich Gwen weiter vorwärts und gelangte in die Büroetage, in der zum Glück nur eine Tür abgesperrt war. Ausgerechnet die, deren Türschild die Aufschrift „Dirk Statler“ trug mit dem Zusatz „Inhaber“. So musste sich Gwen mit dem benachbarten Großraumbüro begnügen, das genauso hell wie die Gänge beleuchtet war. Kein Wunder bei diesen Umweltverschmutzern!
Beim Durchblättern der Zettel auf den diversen Schreibtischen fand sie dann auch Auftragspapi ere und Kopien von Lieferscheinen diverser Chemikalien, doch alles normaler Laborbedarf. Zwar machte Gwen auch den Versuch, in einen der Computer zu kommen, doch wie erwartet war er passwortgeschützt. Also schaltete Gwen ihn wieder aus. Es musste hier doch irgendein Hinweis auf das zu finden sein, was in der Health Company International wirklich ablief. Sie wollte sich gerade den nächsten Schreibtisch vornehmen, als ein Geräusch gegen ihre Nerven brandete.
„ Hallo,
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