Gwen (German Edition)
sie an sich. Er rieb sein Kinn an ihrem Haar und streichelte ihren Rücken. Dass sie das zuließ, zeigte, wie beschissen es ihr gehen musste. Dirk sagte mitfühlend: „Was ist los, Gwennie? Hat wieder einer Ihrer IRA-Typen ins Gras gebissen?“
Sie schüttelte weinend den Kopf.
Dirk schaute über sie hinweg in die Scheune. Der helle freundl iche Hund der O’Connors lag an der Stelle, an der Dirk immer die Panhead abstellte und sah ziemlich fertig aus. Die Zunge hing raus, der Körper war unnatürlich krumm und ziemlich tot.
Draußen brach ein Gewitter los. Es goss mächtig runter, es do nnerte und blitzte. Zum Glück war Dirk nicht mehr mit dem Bike unterwegs.
Er führte Gwen rein ins Haus, was sie widerstandslos zuließ. Schon das kurze Stück Weg genügte, dass sie klitschnass wurden. Im Hausflur kamen sie an einem Mann im grauen Kittel vorbei, der von O’Connor gerade zur Tür gebracht wurde. Als Dirk ihn durch ein Nicken grüßte und Gwen an ihm vorbei schob, drehte der Typ sich nach ihr um und sagte: „Es tut mir Leid, Gwen, aber ich konnte nichts mehr für ihn tun.“
Sie nickte nur.
In der Küche stand Mrs. O’Connor und schniefte in ein Taschentuch. Da Gwen im Moment nicht besonders gesprächig war, fragte Dirk ihre Mom: „Was ist mit dem Hund passiert?“
Mrs. O’Connor sagte: „Das war eben Dr. McGuigan, unser Tierarzt.“ Sie trocknete sich die Augen. „Er kam zu spät. Barry war schon tot. Er wurde von Ronnie Coulters Auto überfahren.“
„Ronnie hat aber keine Schuld , Gwen“, sagte O’Connor, der jetzt in der Küchentür auftauchte. „Barry hat nicht nach links und nicht nach rechts geschaut, sagt Ronnie. Ist direkt ins Auto gelaufen. Ronnie hat ihn hergebracht, aber da war er schon tot.“
Dirks Arm lag noch immer tröstend um Gwen. Sie befreite sich davon und stürzte auf ihren Vater zu. Aber anstatt sich ihm in die Arme zu werfen, wie Dirk erwartete, schoss sie an ihm vorbei. Dirk konnte hören, wie die Haustür ins Schloss fiel, und sah durch das Küchenfenster, wie Gwen raus in den Regen rannte und in der Dunkelheit verschwand.
„Ich hol’ sie zurück .“, sagte Dirk beruhigend zu O’Connor und ging zur Tür, doch der Alte hielt ihn am Arm fest und meinte: „Gwen hing sehr an Barry, Mr. Statler. Sie will jetzt allein sein, glauben Sie mir! Sie geht ans Meer zu einem ihrer Verstecke und kommt wieder, wenn sie sich beruhigt hat. In dieser Hinsicht ist sie etwas eigen.“
Nicht nur in dieser Hinsicht, lag Dirk auf der Zunge, aber er verkniff es sich und sagte nur: „Sie will bei diesem Wetter allein zu den Klippen? Das ist Irrsinn. Ich werde sie holen.“
Gwens Dad: „Das ist zwecklos. Wenn sie nicht will, dass man sie findet, findet sie auch ni emand. Ich weiß, wovon ich rede. Gute Nacht!“ Er ging die Treppe hoch.
Gwens Mom: „Das hat sie schon als Mädchen getan, wenn sie traurig war. Ich habe mich schon so oft wegen ihr zu Tode geängstigt. Sie verschwindet immer spurlos. Wir haben oft stundenlang nach ihr gesucht, ohne Erfolg. Und wenn sie dann zurückkommt, ist sie wieder ganz die Alte, als wäre nichts geschehen. Gute Nacht, Mr. Statler!“
Dirk ging raus in den Scheiß-Regen. Und suchte Gwen. Oben an den Klippen und unten am Meer. Und er fand sie nicht.
Es musste so gegen drei/vier gewesen sein, als er durchnässt, durchgefroren und frustriert zum Haus zurückging. Im Licht eines Blitzes sah er eine Bewegung am Geräteschuppen. Dirk ging näher und erkannte eine kleine Gestalt. Dirk griff zu und zog Gwen aus dem Schuppen raus.
Sie kreischte vor Schreck auf. „Lassen Sie mich los! Was haben Sie überhaupt hier zu s uchen?“
„Das Gleiche wollte ich Sie fragen “, knurrte Dirk und zerrte sie zum Haus. Eine Stinkwut kochte in ihm. Weil er wegen ihr die ganze Scheiß-Nacht lang in diesem Pisswetter die ganze verdammte Küste durchkämmt hatte. Und wegen der Scheiß-Angst, die er um sie gehabt hatte. Dirk öffnete die Haustür, stieß Gwen in den Flur, macht das Licht an und kickte die Tür mit dem Fuß zu. „Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht, bei dem Scheiß-Gewitter zu den Klippen zu rennen?“
Sie sch oss zurück: „Warum brüllen Sie nicht noch lauter, damit das ganze Haus aufwacht? Und wer gibt Ihnen das Recht, sich so aufzuführen und mir nachts aufzulauern? Außerdem war ich nicht bei den Klippen.“
„Nicht? Wo dann?“
„Ich wüsste nicht, was Sie das anginge!“ Sie wollte die Treppe rauf, aber Dirk versperrte ihr den Weg.
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