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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Longinus! Agrippina hatte Gwyn einst von ihr erzählt. Sie hatte jenem römischen Hauptmann gehört, der Jesus mit ihr die Seite öffnete, um sich von seinem Tod zu überzeugen. Es hieß, sie machte ihren Träger unbesiegbar!
    Ein Raunen ging durch die Menge. Ängstlich wichen die feindlichen Heere zurück, als Agrippina sich mit den römischen Soldaten der Brücke näherte. Einen Herzschlag lang schien es, als würde die Geschichte ohne Blutvergießen enden. Doch dann lief Mordred rasend vor Wut auf Gwyn zu und die Zeit gerann. In erschreckender Klarheit sah Gwyn Arturs Sohn, der das Schwert in beide Hände genommen hatte und im Laufen zu einem tödlichen Schlag ausholte. Artur stieß einen gellenden Schrei aus und bückte sich nach Excalibur, doch Gwyn erkannte kühl, dass der König es nicht rechtzeitig schaffen würde, ihm zu Hilfe zu eilen. Gwyn wirbelte zu Agrippina herum, die ihm die Lanze zuwarf. Sie segelte wie ein Vogel auf ihn zu, sodass er sie nur aus der Luft zu pflücken brauchte.
    Mordred war nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Gwyn musterte seinen Angreifer mit gefühlloser Neugierde. Schließlich trat er einen Schritt zurück und Mordred wurde von der Wucht seines eigenen Schlages nach vorne gerissen. Wie ein Tänzer drehte sich Gwyn einmal im Kreis, wobei er die Lanze mit beiden Händen packte und zustieß. Er spürte keinen Widerstand.
    Gwyn ließ los. Dann brach Mordred zusammen. Artur stieß einen Schmerzensschrei aus, als hätte man ihm die Brust durchbohrt und nicht seinem Sohn.
    „Mordred!“, rief er. „Oh mein Gott!“
    Er stürzte auf den Mann zu, der noch immer nicht zu begreifen schien, was gerade geschehen war. Er murmelte unverständliche Worte, als spräche er mit sich selbst. Aus seiner Brust ragte glänzend die Spitze der Lanze.
    „Was ist das?“, keuchte er. „Nimm es weg, Vater. Es tut weh!“ Seine Stimme klang wie die eines kleinen verängstigten Kindes.
    „Gib mir den Gral!“, rief Artur. „Gib mir den Gral, damit mein Sohn daraus trinken kann. Mordred darf nicht sterben, hörst du? Er darf nicht sterben.“ Artur packte Gwyn beim Hemd und schüttelte ihn. „Er ist doch mein einziger Sohn!“
    Einen kurzen Moment überlegte Gwyn tatsächlich, ob er Mordred aus dem Kelch trinken lassen sollte, doch dann fiel ihm wieder ein, welches Leid er anderen Menschen zugefügt hatte. Er hatte wieder all die Toten auf den Schlachtfeldern vor Augen und er schüttelte den Kopf.
    Artur ließ ab und beugte sich zu Mordred hinab. „Bitte verzeih mir“, schluchzte er. „Ich weiß, dass ich nicht gut zu dir war. Wenn ich wüsste, wie ich alles wiedergutmachen könnte, was ich dir angetan habe, würde ich es tun.“
    „Umarme mich, Vater“, flüsterte Mordred und streckte seine Hände aus. „Umarme mich und bleibe bei mir.“
    „Ja, das will ich tun. Nichts wird uns mehr trennen“, sagte Artur. „Du bist mein Sohn.“
    Er nahm Mordreds Kopf zwischen seine Hände und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Mordred umklammerte Artur und zog ihn an sich heran. Artur schrie auf, als die Spitze der Lanze sich in seine Brust bohrte.
    „Wir werden auf ewig zusammenbleiben, denn wir beide sind eins“, keuchte Mordred. Er drückte noch einmal mit aller Kraft zu. Dann waren beide tot.

 
    Arturs letzter Weg
     
     
     
    Ein Beben ging durch beide Heere. Vereinzelte Rufe waren zu hören. Schwerter und Schilde fielen klirrend zu Boden. Die Krieger flohen, egal, ob sie den roten oder den grünen Drachen auf ihrem Rock trugen. Der Krieg war zu Ende und es hatte keinen Sieger gegeben. Mit schweren Schritten ging Gwydion zu Excalibur und hob das Schwert auf.
    „Gwyn“, sagte eine Stimme hinter ihm. „Gwyn, es ist vorbei. Die Prophezeiung hat sich erfüllt.“
    Er drehte sich zu Agrippina um.
    „Das habe ich so nicht gewollt“, stammelte er. „Ich habe Guinevra versprochen, dass Artur leben wird!“
    Sie nahm ihn in den Arm und versuchte ihn zu trösten, aber er schob sie von sich fort. Wie sehr hatte er sich vor dieser Schlacht gefürchtet. Und wie sehr hatte er gehofft, dass die Vision, die er vom Ende der beiden Drachen gehabt hatte, nur ein bedrückender Albtraum gewesen war. Doch die Wirklichkeit war noch viel schlimmer als jeder Albtraum.
    Gwyn ging vor Mordred und Artur auf die Knie, legte Excalibur neben sich und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Er hörte nicht, wie sich durch den Nebel eine Gruppe von Reitern der Brücke näherte. Er sah nicht, wie Rowan vom Pferd sprang

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