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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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nichts mehr zu sehen. Die Sachsen mussten die Reste der Befestigungsanlage als Steinbruch benutzt haben, denn selbst die Grundmauern der Türme, die Gwydion in seinem Buch beschrieben hatte, waren nicht mehr da.
    Über sich hörte er ein Krächzen. Sieben Raben zogen ihre Kreise über den Hügel. Natürlich waren es nicht mehr dieselben, die zu Zeiten Arturs das Grab König Brans bewachten. Oder vielleicht doch? Immerhin war dieser Ort voller Magie. Als er schließlich oben bei der Linde angekommen war, ließ Guillaume den Blick über das Land, sein Land, schweifen. Fünfhundert Jahre hatte es gedauert, bis sein Geschlecht wieder zurückkehren konnte, doch nun würde keine Macht der Welt ihn mehr von dieser Insel vertreiben.
    Er zog sein Schwert aus der Scheide und begann, das Erdreich unter dem Baum umzupflügen, als er auf die Kiste stieß, die er suchte. Mit aller Kraft zog er sie aus dem Loch.
    „Was tut Ihr da?“, fragte ihn eine Stimme. Guillaume ergriff sein Schwert und wirbelte herum. Auf einem Stein saß ein Mann und futterte die Raben. Er war so alt, dass seine Haut fast wie Pergament schimmerte.
    „Wer seid Ihr?“, fragte Guillaume. „Habt Ihr keine Angst, Euch so an einen Fremden heranzuschleichen?“
    Der alte Mann kicherte und warf den Vögeln ein weiteres Stück Brot zu. „Wenn man so alt ist wie ich, ängstigt einen der Tod nicht. Ein schönes Medaillon habt Ihr da um Euren Hals hängen. Sieht ziemlich alt aus.“
    „Es ist römisch“, sagte Guillaume kurz angebunden und steckte es unter sein Hemd.
    „Ja, die Römer. Auch sie haben Britannien einst heimgesucht. Dann kamen die Pikten, die Jüten, die Angeln und zum Schluss die Sachsen. Und wer seid Ihr? Der Klang Eurer Stimme ist mir fremd.“
    „Mein Name ist Guillaume. Ich bin Normanne.“
    „Guillaume. Aha. Bei uns würde man William sagen.“ Der alte Mann nickte bedächtig. „Sieht so aus, als hätten die Knochen des alten Bran doch nicht geholfen. Britannien ist wieder überfallen worden.“
    „Was wisst Ihr von Bran Fendigaid?“, fragte Guillaume.
    „Nicht viel. Man sagt sich, wenn seine Knochen in britannischer Erde begraben sind, wird kein Fremder die Insel jemals erobern können. Ihr seid doch ein Fremder, oder?“
    Guillaume lächelte dünn und klopfte den Dreck von der Kiste.
    „Wusstet Ihr, dass König Bran der erste Gralshüter war?“, sagte der Alte kauend, nachdem er sich den letzten Rest des Brotes selbst in den Mund geschoben hatte.
    „Ich kenne die Legende.“
    „Dann gehört Ihr zu den wenigen, die sich noch an sie erinnern können. Hat das einen bestimmten Grund?“
    Guillaume schüttelte den Kopf.
    „Aha“, machte der alte Mann erneut. „Nun ja, dann wird es Euch vielleicht interessieren, dass der Gral hier in diesem Hügel verborgen sein soll.“
    „Ach wirklich?“
    Der Mann nickte. „Ein alter Tempel, noch aus römischen Zeiten, muss sich hier befinden. Hat aber keinen Zweck, danach zu suchen. Ist mittlerweile alles eingestürzt.“
    „Wie schade. Also ist der Gral für immer verloren.“
    Der alte Mann blinzelte in die Sonne. „Tragisch, nicht wahr?“
    Guillaume schob sein Schwert zurück in die Scheide.
    „Schon eine Idee, wo Ihr den alten Bran beerdigen wollt?“
    „Nein, noch nicht“, sagte Guillaume.
    „London wäre nicht schlecht. Dort, wo einst das Kastell der Römer stand, haben die Angelsachsen auf dem Hügel eine Festung errichtet, die sie Tower nennen. Ich glaube, das wäre der richtige Ort.“
    Guillaumes Augen verengten sich. „Wer seid Ihr?“
    „Ich? Ich bin nur ein alter Mann, der gerne hier auf den Hügel steigt, um die Raben zu füttern.“ Er schüttelte die Krümel von seinem Mantel. „Sieht so aus, als wäre ich heute zum letzten Mal gekommen. Wisst Ihr, der Weg wird mir langsam doch zu beschwerlich. Wie ist es, wollt Ihr Euch fortan um meine Raben kümmern?“
    „Das will ich gerne tun“, sagte Guillaume.
    Der alte Mann kniff ihm in die Wange. „Guter Junge. Viel Glück. Und vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“
    „Ja, vielleicht“, sagte Guillaume und bückte sich nach der Kiste. Als er sie geschultert hatte, war der Alte weg. Einen Moment blieb Guillaume wie vom Blitz getroffen stehen, dann lachte er, laut und aus vollem Herzen. Dies war in der Tat ein magischer Ort, an dem die Geister der Vergangenheit höchst lebendig waren.
    William, so hatte ihn der Alte genannt. Ein guter Name. So würde er sich fortan nennen: William, der Eroberer. Dabei, so dachte er,

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