Gymnasium - Ein Ratgeber fuer Eltern
schließlich das Gymnasium gefunden haben, an dem sich Ihr Kind aller Wahrscheinlichkeit nach die nächsten acht Jahre wohlfühlen wird, Ihr Kind sich aber ein anderes Gymnasium in den Kopf gesetzt hat? Es soll ja vorkommen, dass sich Kindern zum Beispiel die Schönheit alter Sprachen nicht unbedingt sofort erschließt und sie deshalb»null Bock darauf haben«, Vokabeln einer Sprache zu lernen, die sowieso niemand mehr spricht.
Natürlich können Sie sich in diesem Fall durchsetzen; Sie sind schließlich erziehungsberechtigt. Allerdings sollten Sie sich auch fragen, ob Sie sich dann vielleicht mit schöner Regelmäßigkeit anhören wollen: »Wenn ich auf die andere Schule gegangen wäre, dann hätte ich bestimmt mehr Freude am Lernen/bessere Noten/wäre nicht versetzungsgefährdet … und hätte keine Pickel auf der Stirn!«
Um solchen Vorwürfen vorzubeugen, ist ein ausführliches Gespräch unabdingbar. Erklären Sie Ihrem Kind, warum Sie gerade diese Schule bevorzugen, und hören Sie sich seine Argumente für eine andere Schule an. Sollte Ihr Kind nach einer angemessenen »Bedenkzeit« immer noch überzeugt davon sein, nur auf dieses eine Gymnasium und ganz bestimmt auf kein anderes gehen zu wollen, dann sollten Sie das akzeptieren – es sei denn, es sprächen sehr schwerwiegende Kriterien dagegen. Es ist nämlich nicht einzusehen, dass Sie zum Beispiel Taxidienst machen sollen, nur damit Ihr Kind die Schule seiner Wahl besuchen kann.
Bis zum Schuljahresbeginn sind glücklicherweise auch diese Probleme gelöst. Das Kind ist angemeldet, es kennt seinen Schulweg, hat vielleicht auch schon einige Schulbücher für das neue Schuljahr, in denen es herumschmökern kann – aber zu dem Stolz, jetzt endlich die Grundschule hinter sich zu lassen (»Ist doch nur was für die Vorgartenzwerge«, so die neunjährige Roberta), gesellen sich vielleicht manchmal auch noch andere Gefühle. Wundern Sie sich nicht, denn auf Ihr Kind stürmt jetzt so einiges ein.
■ Erste Erfahrungen im Gymnasium
Vieles hat sich seit der Grundschule geändert: neuer Schulweg, neue Räumlichkeiten, neue Klassenkameraden, neue Lehrer, neue Fächer, neue Unterrichtsstile – und das alles aufeinen Schlag. Und in vielen Fällen auch das Bewusstsein: Jetzt muss ich besonders gute Leistungen zeigen, denn ich bin im Gymnasium!
Kein Wunder, dass Ihr Kind verstört oder aggressiv reagiert, wenn sich erste Schwierigkeiten zeigen. Jetzt können Sie ihm mit Ihrer Erfahrung helfen, denn Sie erinnern sich noch gut an Ihre erste Arbeitsstelle: Die Aufgaben, die Kollegen, der Chef, alles war neu für Sie. Und garantiert lief auch bei Ihnen in den ersten Tagen nicht alles rund. Aber Sie erinnern sich ebenfalls daran, dass sich viele Dinge doch nach kurzer Zeit einspielten. Folglich reagieren Sie nicht gleich panisch (»Ich bin mir nicht sicher, ob mein Kind wirklich aufs Gymnasium gehört …«), sondern geben Ihrem Kind die Chance, sich einzuleben – und vor allem: Machen Sie ihm Mut.
► Schrauben Sie Ihre Erwartungen, was Noten angeht, nicht allzu hoch. Sollte Ihr Kind gleichbleibende oder vielleicht sogar bessere Leistungen als in der Grundschule zeigen, so freuen Sie sich. In allen anderen Fällen gilt: Eine vorübergehende Verschlechterung nach dem Übertritt ist völlig normal und muss auf keinen Fall gleich eine große Sinnkrise auslösen.
Allerdings sollte sich Ihr Kind bis nach den Weihnachtsferien so weit stabilisiert haben, dass seine Leistungen angemessen sind. Und dabei helfen Sie ihm am ehesten durch eine ruhige, besonnene Art. Auch wenn Ihnen vielleicht manchmal die Haare zu Berge stehen: Bleiben Sie möglichst gelassen; durch Aufgeregtheit wird garantiert nichts besser! Atmen Sie lieber tief durch und verschieben Sie Ihren Kommentar auf später. Machen Sie es vielleicht wie dieser Vater: »Meine Frau konnte mich gerade noch zurückhalten, als ich beim Abendessen losschimpfen wollte. Die Arbeitshaltung unserer Tochter ist nämlich ziemlich am Minimum, sie hat immer noch nicht verstanden, dass jetzt der Ernst des Lebens begonnen hat. Für mich war dann erst mal Joggen angesagt, und nachdem ich auf diese Weise Dampf abgelassen hatte, konnte ich dann auch ganz ruhig mit meiner Tochter reden. Mir ist klar, dass einGespräch in aufgebrachtem Zustand nur zu Tränen und Türenknallen geführt hätte.«
Was aber, wenn die schulische Situation tatsächlich ernsthaft Sorgen bereitet – und das auch über einen längeren
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