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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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wie von einer Orgel ... Dahinter muss sich eine Höhle befinden.
    Er trat zurück, ließ den Blick über die Oberfläche aus ineinander verkeilten Schrottteilen und schwarzen Felsbrocken schweifen. Es wurde immer dunkler. Er ging zu der Lavawand, die sich inmitten des stählernen Gebildes erhob, und blieb direkt vor ihr stehen. Ein verrostetes Schienenstück ohne Schwellen ragte aus der Bimssteinmauer hervor.
    Sénéchal beugte sich herab. Die Schwellen sind offensichtlich verbrannt. Die Schienen gehen hinter dieser Mauer aus geschmolzenem Schotter weiter in diese große Kuppel. Aber wie weit?
    Wieder hörte er das Tosen, diesmal weiter entfernt und dumpfer. Es ist dicht bei der Lok. Und kommt von oben ... Man muss da doch irgendwie hineinkommen können. Doch wo? Schauen wir mal.
    Unverzüglich holte er die Eisenleiter, die er in der Nähe der Loren entdeckt hatte, und stellte sie an einen Felsvorsprung genau oberhalb der Maschine.
    »Aha, die Leiter hat genau die richtige Höhe! Sehen wir uns das Ganze doch mal aus der Nähe an.«
    Er erklomm die Leiter und kletterte auf die Lavakuppel. Dort sah er ein Stück Wellblech, das zwischen zwei Felsen etwa einen Meter über dem Boden eingeklemmt war. Behutsam kauerte er sich davor. Unter dem Blech entdeckte er in der Lava ein etwa mannsgroßes Loch. Eine verrostete Leiter führte nach unten. Aus der Tiefe schlug ihm ein übler Gestank entgegen.
    Der Umweltinspektor schaltete sein Handy aus, rollte seinen Mantel zusammen und stopfte ihn unter einen großen Stein. Dann glitt er unter das Blech, machte seine Stablampe an und zwängte sich durch die Öffnung. Zunächst konnte er in der Dunkelheit nur die Leiter ausmachen. Doch nach einer Weile nahm er unter sich etwas metallisch Glänzendes wahr. Er ließ den Lichtkegel wandern und entdeckte Steinmauern sowie verbogene Eisenträger.
    Er griff nach dem nächstbesten Stein und warf ihn hinunter. Gleich darauf ertönte ein heller Klang. Es war nicht tief.

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    Nachdem Sénéchal von der Leiter gestiegen war, drehte er sich langsam im Kreis und richtete dabei Gewehrlauf und Lichtstrahl in die Finsternis, die ihn umgab. Er befand sich im verschütteten Teil der Eisenbahnbrücke. Die oberen Metallträger waren durchgebogen, ihre gewaltigen Arme hatten sich unter dem Gewicht des geschmolzenen Gesteins verformt, ohne zu bersten. Sénéchal hatte den Eindruck, sich in einer Höhle aus Metall und Lava zu befinden.
    Zu seiner Überraschung entdeckte er wenige Schritte vor sich eine weitere Lokomotive. Unmittelbar vor ihrem verbeulten Schornstein war ein Stalaktit aus Lavagestein erstarrt. Die Lok besaß noch ihre Räder, und das Führerhaus war unversehrt. Unter einer dünnen Staubschicht waren noch Farbreste zu erkennen. Rost hatte sich tief in das Metall gefressen, aber die alte Maschine war im Schutz der Höhle von Witterungsschäden verschont geblieben. Auf einem mit Sulfatflecken übersäten Schild entzifferte er: »Schneider« und »Le Creusot 1912«. Der Geruch von Vetivergras umhüllte die in dem Gestein erstarrte Maschine, die an ein riesiges, mit Leim gefangenes Insekt erinnerte. Die geschlossene Feuertür im Führerhaus wies viele merkwürdige kreisrunde Löcher auf.
    Im Schein seiner Lampe sah der Inspektor, dass der Boden mit Gesteinstrümmern übersät war, die von der Decke gefallen waren. Langsam näherte er sich einem dunklen, nahezu rechteckigen Gebilde in etwa zehn Meter Entfernung, das teilweise von einem Felsvorsprung verdeckt wurde. Er erkannte die Metallpuffer und die gedrungene Form eines Eisenbahnwaggons. Der Wagen schien in gutem Zustand zu sein und stand noch gerade auf dem Gleis. Unter den Rädern befanden sich unversehrte Holzschwellen. Langsam ließ Sénéchal den Lichtkegel nach oben zur Decke über der Lokomotive schweifen. Dort erblickte er ein Gewölbe aus gleichmäßig geformten Steinen. Was ist denn das?
    Er trat ein Stück weiter vor, das Licht der Taschenlampe glitt über die Mauer.
    Der Eingang Zu einem Tunnel!
    Madame Hoareau hatte ihm erzählt, dass die Dampflokomotiven im Zweiten Weltkrieg mit Rizinusöl betrieben worden waren: »Das muss ganz schön gestunken haben, wenn sie durch einen Tunnel gefahren sind.«
    Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn zusammenzucken. Er schnellte herum, die Taschenlampe und die Waffe nach vorne gestreckt. Doch dort war nur die unbewegliche Lokomotive in ihrem Kokon aus schwarzem Stein. Er spitzte die Ohren, hörte aber nur das Heulen des Windes in der

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