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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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gebrauchen.«
 
    Während er sich seinen Morgenkaffee aufbrühte, fluchte er leise vor sich hin, während er über die Worte der Expertin für Stimmenanalyse nachdachte.
    Es ist ein für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbares Stocken, das beweist, dass er das Kreolische nicht spontan spricht ...
    »Was bin ich doch für ein Idiot ...«, rief er. »Natürlich, das ist es! Der Kerl spricht zwar Kreolisch, aber ... nicht das von der Insel Réunion!«

87
 
 
 
    Lucrèce schrieb:
 
    Hier eine Notiz, die ich in einem Wirtschaftsmagazin unter der Rubrik ›Vermischtes‹ entdeckt habe:
    Gerüchten zufolge werden die Schweizer Ziegler-Fuschmann-Laboratorien demnächst Impfstoffe und Antikörper zu einem deutlich niedrigeren Preis als die Konkurrenz anbieten. Die Proteine, die Ziegler-Fuschmann in Kürze auf den Markt bringen will, sind in der Herstellung aber sehr aufwendig und kostenintensiv. Laut zuverlässigen Quellen wäre es möglich, dass diese Preissenkung aus einem neuen, vielleicht genetischen Verfahren zur Gewinnung der Proteine resultiert. Ein Verfahren, das sich Ziegler-Fuschmann sicher patentieren lassen wird.
 
    Sénéchal trommelte auf der Tischkante herum. Die Ziegler-Laboratorien? Hans' Familie verarbeitet die Unterwasserflora und -fauna ja schon Zu neuen Medikamenten und Kosmetikprodukten. Sollte sie sich auch mit Genetik befassen?

88
 
 
 
    Die Arme über dem Bauch verschränkt, lauschte Madame Hoareau Sénéchals Worten. Nachdem er das Küchenfenster wieder eingesetzt hatte, berichtete er ihr von den Untersuchungsergebnissen des Universitätslabors in Saint-Paul. Das Gespräch mit der Toulouser Expertin für Stimmenanalysen dagegen erwähnte er mit keinem Wort.
    Natürlich war er gespannt auf ihre Reaktion, doch die ließ auf sich warten. Nachdem die füllige Frau ihn eine Weile durchdringend gemustert hatte, meinte sie schließlich:
    »Ich nehme mal an, dass Sie auch noch anderes zu tun haben ... Vielleicht war es ja doch nur ein Streich, den mir ein paar Kinder oder irgendein Säufer spielen wollten.«
    »Nun, es gibt da Informationen ...«
    Er verstummte abrupt. Sie sah ihn kopfschüttelnd an.
    »Und natürlich werden Sie mir nicht mehr verraten, nicht wahr, großer Meisterdetektiv? Lassen Sie mich nachdenken: Mineralfette, Ruß, der von der Verbrennung pflanzlicher Öle herrührt, diverse Pflanzenpartikel, Holzkohle, Stahl- und Rostpartikel. Kupfersulfat sowie etwas weißer Ton, Akazien- und Rizinuspollen, Vetiver- und Geraniumöl. Nun, wo liegt Ihr Problem?«
    Sie legte eine bühnenreife Pause ein und erklärte dann:
    »Früher hat man in Stahlöfen Akazienholz verbrannt, um Vetiver- und Geraniumessenzen zu destillieren. So einfach ist das!«
    Als sie Sénéchals verdutztes Gesicht sah, brach sie in schallendes Gelächter aus.
    »Und? Was sagen Sie jetzt, großer Meisterdetektiv?«
    »Sie machen sich über mich lustig, Madame Hoareau!«
    »Wie kommen Sie nur darauf? Hätten Sie hier als Tourist Ihre Zeit verbracht, dann hätten Sie etwas über die Geschichte der Insel erfahren und wüssten, dass die Gewinnung von Vetiver- und Geraniumessenzen im neunzehnten Jahrhundert ein blühendes Gewerbe auf Réunion war und auch heute noch ist! Nicht von ungefähr benutzt die junge Dame an der Universität Vetiveröl ... Es gab Zeiten, in denen man für die Destillation Akazien im großen Stil anpflanzte. Unmengen davon gingen in Rauch auf! Was mich allerdings stutzig macht, ist der weiße Ton, das Kupfer ... und das Schmieröl. Solche Öle oder Mineralfette benutzt man doch, um Maschinen zu schmieren, nicht wahr? Ein Destillierapparat muss aber nicht gefettet werden ... Lassen Sie mich überlegen ...«
    Die Arme noch immer über dem Bauch verschränkt, hüllte sie sich abermals in Schweigen. Sénéchal malte sich aus, wie das Räderwerk in ihrem Kopf arbeitete.
    Schließlich meinte sie unvermittelt:
    »Sicher wissen Sie nicht, dass es hier früher eine Eisenbahn gegeben hat.«
    »Ich habe davon gehört, aber ...«
    »Das Schmieröl stammt von einer alten Lok.«
    »Wie? Ich verstehe nicht ...«
    »Manchmal sind Sie wirklich schwer von Begriff! Ich rede nicht von irgendeiner Lok. Sondern von einer Parfum-Lokomotive!«
    Lebhaft fuhr sie fort:
    »Im neunzehnten Jahrhundert gab es die ersten Dampflokomotiven auf Réunion. Als der Schienenverkehr eingestellt wurde, kauften die Hersteller ätherischer Öle die Maschinen auf und retteten sie so vor den Schneidbrennern der Schrotthändler. Die früheren

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