H2O
Whisky vielleicht ...«
Sénéchal brachte ihm eine Flasche von Madame Hoareaus selbst gebranntem Rum. Der Indonesier genehmigte sich einen kräftigen Schluck.
»Vor nunmehr fast zwölf Jahren rief Akira Takenushi eine konspirative Ideenschmiede ins Leben. Eine Art Entwicklungsbüro, in dem er mir eine Abteilung anvertraute. In seinem blumigen Stil nannte er es ›Wasser des Lebens‹.«
»Wirklich sehr poetisch! Und womit befasste sich dieses Entwicklungsbüro?«
»Im Großen und Ganzen war es ein technologisches Institut, das weltweit alle Forschungsaktivitäten im Zusammenhang mit Wasser beobachtete. Es trägt den Namen MIND, ›Malaysian Irrigation for Nature Developments zu Beginn waren wir eine Handvoll Experten. Nach und nach hat Akira weitere, überaus kompetente Spezialisten angeheuert und mehrere Forschungsgruppen gebildet, die sich unablässig mit dem Wasserproblem befassten.«
»Wasser? Nur Wasser?«
»Wasser, nichts als Wasser. In all seinen Formen. Akira finanzierte das gesamte Projekt selbst. MIND war juristisch und finanziell nur sehr locker mit der Takenushi Corporation verbunden. Offiziell ging es um schwammig formulierte soziale Anliegen wie Erforschung und Perspektiven zukunftsorientierter Klimasysteme‹. Wir mussten lediglich Akira Rechenschaft ablegen. Er wusste sehr geschickt mit den malaiischen Behörden umzugehen und kaschierte, was MIND tatsächlich machte.«
»Als ich Monsieur Takenushi in Malaysia traf, in diesem riesigen Gewächshaus, das einen ganzen Wald beherbergt, befand ich mich in der Zentrale des Instituts, nicht wahr?«
»Ja, aber Sie haben sicher nur einen Teil der Anlagen zu Gesicht bekommen. Sie sind über verschiedene Orte in Malaysia verstreut.«
»Warum hat Takenushi sein Institut nicht in Japan angesiedelt, wo sich die meisten seiner Firmen befinden?«
»In Malaysia war mehr Diskretion gewährleistet. Zudem gibt es auch wirtschaftliche Gründe.«
»Welche? «
»Er wollte sich einen Standort sichern, von dem aus er die Entwicklung Südostasiens verfolgen konnte, um dort mit Wasserprojekten Geschäfte zu machen.«
»Warum hier und nicht anderswo? Wäre die Sahelzone nicht lukrativer gewesen?«
»Der Sahel ist arm. Vergessen Sie nicht, dass bei Akira der kommerzielle Aspekt immer eine wesentliche Rolle spielt. In den nächsten Jahrzehnten wird der Wasserverbrauch im südostasiatischen Raum erheblich ansteigen. Man hat nämlich festgestellt, dass wirtschaftlicher Aufschwung stets einen Anstieg des Wasserverbrauchs nach sich zieht. Außerdem ergeben die Berechnungen dieses Erdsimulationsprogramms, dass die meisten Staaten Südostasiens in rund dreißig Jahren kein Fleckchen Wald mehr besitzen werden. Wir haben bereits ein Drittel des weltweiten Waldbestands vernichtet.«
Nach einem kurzen Schweigen fragte Sénéchal:
»Das Gewächshaus, das ich besichtigt habe, dieser regenerierte Wald, in dem ich mit Takenushi spazieren gegangen bin, ist wohl auch ein Forschungsobjekt des Instituts?«
»Ja.«
»Ich dachte, sein Privatwald sei eine Art Genbank? Das hat er mir zumindest gesagt.«
»Das ist vollkommen richtig. Allerdings existieren bei Akira stets mehrere Wahrheiten gleichberechtigt nebeneinander. Er hat Ihnen eine Variante präsentiert, das ist alles. Dieser regenerierte Wald dient aber in erster Linie dazu, gewisse klimatische Phänomene zu untersuchen.«
»Und daran arbeiten die kleinen Roboter, die ich dort gesehen habe?«
»Unter anderem. Sie messen regelmäßig bestimmte Werte wie Temperatur, Luft- und Bodenfeuchtigkeit und so weiter. Sie kommunizieren über Kurzwellen miteinander sowie mit einem unterirdischen Rechner, der ihre Daten sammelt und auswertet. Darüber hinaus ist das riesige Gewächshaus mit Nebel-, Warm- und Kaltluftgeneratoren ausgerüstet, die von winzigen Sensoren kontrolliert werden. Das künstliche Klima wird natürlich auch vom Computer gesteuert.«
»Der Wald ist also eigentlich ein Labor.«
»Akira nennt ihn sein persönliches Phytotron‹ ... Wasser und Bäume, Sie verstehen? In dem Maße, in dem die weltweite Abholzung voranschreitet, wird das, was man zu Unrecht ›grüne Hölle‹ nennt, zur ›roten Wüste‹ werden.«
»Wüste?«
»Innerhalb der letzten fünfzig Jahre haben wir bereits zwanzig Prozent der globalen Nutzflächen ausgebeutet oder zerstört. Heute ist mehr als ein Fünftel des Festlandes Wüste, in China bereits ein Drittel.«
Rhaddiaunir zog sein blaues Taschentuch aus dem Ärmel und tupfte sich damit die
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