Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
H2O

H2O

Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
Vom Netzwerk:
Augenlider ab.
    »Und Südostasien holzt bedenkenlos seine Wälder ab. In den kommenden Jahren wird die Bevölkerungszahl drastisch ansteigen, und Wasser beginnt schon jetzt knapp zu werden. Verstehen Sie nun, welches Interesse Akira Takenushi an dieser Region der Erde hat?«
    Sénéchal fühlte sich völlig erschlagen. In seinen Gedanken entfernte sich der Quastenflosser mit seinen eigentümlichen Schwimmbewegungen. Wasser. Takenushi interessiert sich nur für Wasser!
    Takenushis Teich in Form des japanischen Schriftzeichens für Wasser. Takenushis Ahorn-Bonsai. »Betrachten Sie diesen Wassertropfen, Monsieur Sénéchal ... Die Träne einer Wolke, eine Notration, ein reiner Diamant. In einem Wassertropfen sieht man die Welt wie in einer Kristallkugel ... Der Tau, den Sie dort sehen, ist das Gold des frühen Morgens.«
    Der Umweltinspektor zog eine kleine viereckige Schachtel hervor, die er mit dem Zeigefinger über die Tischplatte zu Rhaddiaunir schob.
    »Wissen Sie, was das ist?«
    Der Indonesier runzelte die Stirn und griff mit seinen kleinen fleischigen Händen nach dem Kästchen. Er öffnete es und zuckte zusammen, als er den länglichen, in Plastikharz eingeschlossenen Skarabäus erblickte.
    »Das hat Shafik gehört ... Die Luftblase zwischen den Fühlern! Wo haben Sie das her?«
    »Madame Mahakam hatte es weggeworfen.«
    Von Trauer überwältigt, presste der Indonesier die Lippen zusammen. Plötzlich öffnete er seinen Hemdkragen, holte seine goldene Halskette heraus, zog sie über den Kopf und reichte sie Sénéchal. Am Ende der Kette hing ein tropfenförmiger Gegenstand aus Plastik. Sénéchal hielt ihn gegen das Licht, das durchs Fenster hereinfiel. Im Innern befand sich ebenfalls ein Insekt, quasi das Gegenstück zu dem anderen. Doch dieses hier hatte lang ausgestreckte Hinterbeine, als wäre es im Sprung eingefangen worden.
    Er legte es vor dem Indonesier auf den Tisch und fragte:
    »Welches Geheimnis verbirgt sich hinter diesem Tierchen, Monsieur Rhaddiaunir?«

104
 
 
 
    Der Physiker holte tief Luft.
    »Nun, bisher haben sich nur wenige Leute eingehend mit dem Phänomen der Rekondensation des in der Luft enthaltenen Wassers beschäftigt.«
    »Anders ausgedrückt: Wie gewinne ich Wasserdampf aus Wolken, Nebel und so weiter?«
    »Exakt. Im Laufe unserer Arbeit sind wir mit vielen Verfahren gescheitert. Doch die Lösung war da, lag direkt vor unseren Augen. Beziehungsweise im glühend heißen Wüstensand. Bei MIND haben wir entdeckt, dass sich jemand schon intensiv mit der Frage der Rekondensation von Wasser befasst hatte, und zwar schon vor sehr, sehr langer Zeit.«
    »Und wer?«
    »Die Natur, Monsieur Sénéchal. Die Natur ...«
    Mit dem Zeigefinger stupste er die beiden kleinen Skarabäen in ihren durchsichtigen Plastikharzblöcken an. Sénéchal fragte sich, ob Rhaddiaunir wohl zu der Sorte Wissenschaftler gehörte, die mit den Jahren von einer geradezu mystischen Schwärmerei für die Wunder der Schöpfung ergriffen werden.
    »Und was hat sich die Natur nun für die Kondensation von Wasser ausgedacht, Monsieur Rhaddiaunir?«
    »Sie hat vor Jahrmillionen ein kleines, hoch spezialisiertes Lebewesen erschaffen. Dieses Insekt, das Sie hier sehen, ein sogenannter ...«
    »Stenocara-Käfer. Er lebt in der Kalahari-Wüste.«
    »Das wissen Sie?«
    »Ein Bekannter von mir, der in seiner Freizeit die Sprache der dortigen Buschleute zu erlernen versucht, sagte mir, der liebe Gott müsse eine besondere Vorliebe für Skarabäen gehegt haben, denn er hat Tausende von Arten erschaffen.«
    »Schön gesagt. Darunter den Stenocara-Käfer und sein verkanntes Potenzial.«
    »Monsieur Rhaddiaunir, könnten Sie aufhören, in Rätseln zu sprechen?«, entgegnete Sénéchal gereizt.
    »Ahm ... Natürlich. Wissen Sie, von Zeit zu Zeit geschehen seltsame Dinge. Der Zufall in der Forschung ... Eines Tages zeigte man einem britischen Biologen ein in der Kalahari-Wüste aufgenommenes Foto mit Stenocara-Käfern, die eine tote Eidechse verspeisen.«
    »Ja, ich kenne die Geschichte«, unterbrach ihn Sénéchal. »Die Deflektoren und das alles ... Was hat MIND damit zu tun?«
    »Wie ich schon sagte, Monsieur Sénéchal, im MIND-Institut sichten wir sämtliche aktuellen Veröffentlichungen zum Thema Wasser. Der Wärmeaustausch gehört ebenfalls zu unseren Interessensgebieten. Deflektoren und alles, was die Verdunstung von Wasser verhindert, sind für uns interessante Vorgänge. Denn es reicht nicht aus, Wasser zu sammeln oder zu

Weitere Kostenlose Bücher