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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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einzusetzen, während hier ...«
    Sénéchal fuhr sich mit seiner Pranke über die Lider. Der Rauch ließ seine Augen tränen.
    »Verstehe.«
    Der Junge beruhigte sich wieder.
    »Ich spreche mit dem Mann. Sollte der Computer meines Vaters noch nicht zerlegt sein, wird er Geld verlangen. Haben Sie welches dabei?«
    »Reichlich. Sag mir, wie viel er will.«
    Entschlossen stapfte der Junge durch den Rauch auf den Teetrinker zu.
    Sénéchal beobachtete das fieberhafte Treiben der Kinder. Zwei stritten sich um einen offenbar neuen Computer. Plötzlich wurden sie handgreiflich, wälzten sich inmitten des elektronischen Gerümpels und prügelten sich mit einer Heftigkeit, wie Sénéchal sie bei Kindern dieses Alters noch nie beobachtet hatte. Ein Erwachsener mit nacktem Oberkörper brüllte etwas, eilte herbei, sah den Computer, lud ihn auf seine Schulter und ließ die beiden Streithähne zurück. Der Kampf endete so rasch, wie er begonnen hatte. Der Mann stellte seine Beute ab und verschränkte herausfordernd die Arme. Mit ihren schrillen Stimmen riefen ihm die Kleinen ein paar Beschimpfungen nach und hockten sich dann, als wäre nichts gewesen, auf die Fersen, um wieder ihrer Arbeit nachzugehen. Ein paar Meter weiter standen Lang und sein Gesprächspartner im beißenden Rauch und plauderten so gelassen, als säßen sie auf der Terrasse eines Cafés unter einem Sonnenschirm. Der Chef, der sich eine Zigarette angezündet hatte, schüttelte den Kopf.
    Der Junge kam enttäuscht zurück.
    »Er sagt, der Computer sei zerlegt worden und verschwunden. Kann sein, dass er lügt. Es gibt keine Bücher, kein Lager. Der Kerl behauptet, er würde alles en gros kaufen, volle Lastwagen kämen an und würden leer wieder abfahren ... Tut mir wirklich leid für Sie.«
    Dann fügte er verlegen hinzu:
    »Darf ich Ihnen einen Rat geben, Monsieur?«
    »Ja?«
    »Stemmen Sie bitte nicht die Hände in die Hüften. Bei uns gilt das als sehr unhöflich. Es könnte missverstanden werden.«
    Sénéchal wies auf die Jungen, die sich eben noch geprügelt hatten.
    »Vielleicht könnten die beiden uns weiterhelfen, was meinst du?«
    Lang strich sich nachdenklich übers Kinn.
    »Hm. Vielleicht. Auf der anderen Seite der Straße gibt es noch eine Deponie. Auch dort arbeiten Kinder. Alle Kinder kennen sich hier, deshalb ...«
    Er sah Sénéchal fragend an. Der Ermittler erriet, was er sagen wollte.
    »Keine Sorge, ich habe genug Geld. Lang, siehst du den Typen dort neben der Eingangstür?«
    Durch den Rauch hindurch musterte der Junge den Mann, der sie, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, beobachtete.
    »Wer ist das? Sieht aus wie ein Offizier.«
    »Ist auch einer. Ein Oberleutnant. Er hat mich zu deiner Mutter gebracht.«
    Der Junge betrachtete ihn argwöhnisch.
    »Sie arbeiten mit den Leuten von der Armee zusammen?«, fragte er mit verächtlicher Stimme.
    »Nein. Ganz im Gegenteil, ich glaube eher, dass die Leute von der Armee mich überwachen. Dieser Typ wurde mir aufgedrängt. Glaubst du, wir können ihn abhängen, um unbemerkt zur anderen Deponie zu gehen?«
    Die Augen halb geschlossen, den Kopf leicht vorgeneigt, die Hände tief in den Taschen vergraben, tänzelte der junge Indonesier von einem Fuß auf den anderen. Er wog die Worte des Europäers ab. Schließlich sagte er:
    »Ich spreche mit den beiden Kindern hier. Direkt hinter der Hütte mit dem Schild ›PVC‹ ist ein Loch im Zaun. Bleiben Sie hinter den Rauchschwaden und senken Sie den Kopf beim Hindurchkriechen.«

25
 
 
 
    Sie überquerten eine holprige Piste. Lastwagen, beladen mit Computern und elektronischen Abfällen, rollten an ihnen vorbei. Bei jedem Schlagloch fielen Teile von den Ladeflächen und landeten am Boden, wo schon viele andere lagen. Die Fahrer ließen ihre Dieselmotoren aufheulen, und der von der Deponie aufsteigende schwarze Rauch vermischte sich mit dem bläulichen aus ihren Auspuffrohren.
    Auf der anderen Seite angelangt, bemerkte Sénéchal einen Berg von Abfällen, bei dem dieses Mal blaue und schwarze Plastiksäcke dominierten. Vögel kreisten zu Hunderten darüber. Manche ließen sich darauf nieder, helle Flecken auf dem dunklen Untergrund, um dann wieder aufzufliegen und sich erneut dem Rundflug ihrer Artgenossen anzuschließen. Hütten, errichtet aus recycelbarem Material - Holzpaletten, Bleche mit greller Werbung -, säumten die Deponie, ein buntes Mosaik vor den Reisfeldern im Hintergrund. Eine der Hütten wirkte wie eine Art Bunker, erbaut aus Bier-

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