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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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und Sodadosen. Im Gegenlicht sah der Inspektor kleine Gestalten, die auf dem gewaltigen Müllberg herumkrochen. Plötzlich wehte ein ekelerregender Gestank herüber. Sénéchal hielt sich die Nase zu.
    Lang, der nichts zu riechen schien, sprach einen Moment lang auf Indonesisch mit den beiden Kindern, die mit ihren schrillen Stimmen antworteten. Dann wandte er sich an Sénéchal:
    »Sie sagen, wir sollen ihnen nicht folgen. In den Säcken ist viel Haushaltsmüll. Es gibt Ratten. Und Schlangen, die die Ratten jagen ...«
    Er deutete auf die Vögel.
    »Und die dort jagen die Ratten und die Schlangen. Es gibt auch ...«, er suchte nach dem Wort, »giftige Skolopender. Die sind gefährlich.«
    »Aber diese Kinder dort haben nackte Beine und tragen nicht mal Handschuhe. Dort lauern nicht nur Ratten und Schlangen, sondern auch Tetanuserreger, ganz zu schweigen von ...«
    »Die Kleinen sind daran gewöhnt.« Lang schüttelte fatalistisch den Kopf. »Den ganzen Tag über sammeln sie Konservendosen und Flaschen, Sachen, die sie wiederverkaufen können ... Sie leben in den Hütten dort oben. Sie sind auch sehr aggressiv. Sie mögen es gar nicht, wenn die Erwachsenen ihnen stehlen, was sie gefunden haben. Und das umso mehr ...«
    Er stockte. Sénéchal vollendete seinen Satz:
    »... umso mehr, wenn es sich um Europäer handelt.« Er fühlte sich plötzlich sehr erschöpft. »Sie sammeln die Abfälle von den Abfällen ein. Das ist der zweite Kreis der Hölle, summa summarum ...«
    Lang deutete auf die Jungen. »Die beiden behaupten, dass sie alle Kinder kennen, die in den Hütten dort oben leben ... Sie wollen sie fragen. Wissen Sie, die Kinder hier bleiben trotzdem Kinder. Manchmal bewahren sie Dinge auf, die nicht den geringsten Wert haben.«
    »Wie einen Computer, dessen Farbe ihnen gefallen könnte. Noch dazu mit Tieren drauf. Hm ... Durchaus möglich ...«
    Sénéchal zog ein paar Scheine aus seiner Hemdtasche. Sie waren nass von Schweiß. Die Jungen rissen sie ihm aus der Hand und rannten zu der Müllkippe mit den Vögeln.
 
    »Ausgeweidet. Er wurde ausgeweidet wie ein Stück Wild. Das können wir vergessen!«
    Sénéchal wünschte, weit weg von diesem Ort zu sein. Schweiß rann ihm über den Körper, während er den roten iMac betrachtete, den die beiden Kinder, begleitet von einem
    Halbwüchsigen mit ängstlichen, stark geröteten Augen, hergeschafft hatten. Sie sagten, sie hätten ihn bei einem kleineren Jungen entdeckt, der ihn in seiner Hütte aufbewahrt hätte. Übrig geblieben waren nur der hintere Teil des Gehäuses mit den Tierbildern, die jetzt verdreckt und zerkratzt waren, und die Plastikumrahmung des Bildschirms. An der Seite klebte noch das halbe Logo des UNEP.
    »Sonst war nichts dabei?«, fragte Sénéchal wenig überzeugt.
    Lang dolmetschte, und die Jungen schüttelten den Kopf. Der Halbwüchsige kratzte sich am Knie, das mit Ekzemen übersät war.
    Sénéchal zog weitere Geldscheine hervor, verteilte sie und besah die Überreste des iMac von allen Seiten auf der Suche nach einer noch so kleinen Spur. Er wagte nicht, vor diesen armseligen Kindern sein brandneues Fotohandy zu zücken, um die Überreste des Computers festzuhalten. Vor Wut und Scham hätte er es am liebsten zertreten und zu dem restlichen Giftmüll geworfen.
    Lang sagte:
    »Wir müssen uns auf den Heimweg machen. Es wird schnell dunkel, und dann sind wir hier nicht mehr sicher. Abends kommen die Prostituierten, wegen der Lastwagenfahrer ...«
    »Ich verstehe.«
    »Wir nehmen wieder den Weg am Fluss, aber auf der anderen Seite. So entgehen wir dem Offizier, der Sie verfolgt. Falls er immer noch da ist.«
    Enttäuscht und erschöpft verharrte Sénéchal eine kurze Weile, dann gab er sich einen Ruck.
    »Gehen wir, ich folge dir.«
    Als sie eben den Fluss überqueren wollten, spürte Sénéchal, dass ihn jemand am Ärmel zog. Er wandte sich um - es war der Halbwüchsige mit den ängstlichen Augen. Er hielt etwas hinter dem Rücken versteckt und schrie ihm Worte auf Indonesisch zu. Er schien nicht gerade umgänglich. Lang trat zu ihm und wechselte ein paar Worte mit ihm. Dann drehte er sich zu dem Umweltinspektor um.
    »Er hat etwas, das uns interessieren könnte ... Etwas, das in dem Computer war. Er sagt, dafür müsste man noch mal zahlen ...«
    »Ich will erst sehen, was es ist.«
    Es war ein elfenbeinfarbener Plastikbehälter, undurchsichtig und zum Teil mit Schlamm verschmiert. Er war mit Klebeband umgeben, das an der Stelle, wo der Deckel

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